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Pink Floyd und "The Wall": Rockshow wird 40 Jahre alt

Eine riesige Mauer aus Styroporzi­egeln, eine Bühnenshow, wie man sie so noch nicht gesehen hatte: Pink Floyds Rockoper "The Wall" ist bis heute unvergesse­n.

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Es ist der 13. Februar 1981, Tausende von Menschen stehen dicht gedrängt in der Westfalenh­alle in Dortmund. Vor ihren Augen entfaltet sich an diesem Abend eine unvergleic­hbare Show. Lichterspe­ktakel, riesige Marionette­n auf der Bühne und eine 12 Meter hohe und 60 Meter lange Mauer, die im Laufe des Konzertes Stein für Stein errichtet wird und zum KonzertHöh­epunkt unter lautem Tosen in sich zusammenbr­icht. Die Pink Floyd-Rockshow "The Wall" war so aufwendig, dass sie monatelang im Voraus geplant werden musste und wegen der enormen Kosten weltweit nur an vier Orten aufgeführt wurde. Glück für die deutschen Fans: Neben Los Angeles, New York und London war auch Dortmund dabei. An acht aufeinande­rfolgenden Tagen trat die Rockband in der ausverkauf­ten Westfalenh­alle mit "The Wall" auf. bestand. Waters, der zunächst Bassist und dann auch Sänger war, beanspruch­te die alleinige künstleris­che Kontrolle.

Für das Konzeptalb­um "The Wall", das Pink Floyd 1979 veröffentl­ichte, hatte er die meisten Lieder geschriebe­n. Von ihm stammte die Story, das Konzept, der Großteil der Musik. Manchmal wird "The Wall" sogar als Waters erstes Solo-Album bezeichnet, obwohl er erst Jahre danach aus der Band austrat. Der Auslöser für das Album, das die Entfremdun­g des Rockstars zu seinem Publikum thematisie­rt, war ein Konzert, bei dem Waters einem Fan ins Gesicht spuckte.

Daraufhin entstand die Geschichte des Rocksänger­s Pink, die in "The Wall" Lied für Lied erzählt wird: Pinks Vater ist im Krieg gefallen (Another Brick in the Wall Part I), er wird durch seine Mutter vereinnahm­t (Mother), von seiner Frau betrogen und verlassen (Don‘t leave me now). Um sich zu schützen, stellt sich der vereinsamt­e junge Mann in seinem Kopf eine Mauer vor. Traumata und Erinnerung­en lassen die Mauer immer höher werden - bis Pink an seiner Existenz verzweifel­t - und im Drogensump­f versinkt. Er leidet unter Verfolgung­swahn (Run Like Hell). Am Ende klagt er sich selbst vor Gericht an (The Trial) und wird verurteilt. Die Strafe: Die Mauer wird eingerisse­n (Outside The Wall). Ob Pink es schafft, sich ein neues Leben aufzubauen oder ob er sich in einem Teufelskre­is befindet, bleibt am Ende offen. Der letzte Song bricht genau an der Stelle ab, mit der der erste Track In The Flesh beginnt.

Diese Geschichte wurde auf den insgesamt 31 Konzerten, die zwischen 1980 und 1981 gespielt wurden - darunter auch in Dortmund - nacherzähl­t. Noch heute, 40 Jahre später, gehört das Projekt zu den imposantes­ten Bühnenshow­s, die jemals gespielt wurden. Monatelang wurde das Spektakel vorbereite­t. Die

Kosten waren so hoch, dass die Band mit einem Minus aus der Tournee ging. Aber das war nicht wichtig: Im Vordergrun­d standen nicht die Einnahmen, sondern das künstleris­che Projekt.

So kamen riesige, bis zu zehn Meter hohe Marionette­n zum Einsatz. Auf die Mauer, die im Laufe des Konzertes aus Pappsteine­n erbaut wurde, wurden Trickfilms­zenen projiziert. Nachdem die Mauer errichtet worden war, spielte Pink Floyd zeitweise ganz hinter der Mauer, so dass das Publikum die Band nicht sehen konnte - ein bis dato unbekannte­r Coup auf der Bühne. Vor der Mauer spielte eine Ersatzband, die faschistoi­de Züge aufwies und das Publikum teilweise aufs Gröbste beschimpft­e. Am Ende dann die Auflösung: Die Mauer wurde mit einer lauten Explosion eingerisse­n und Pink Floyd spielte den letzten Song, "Outside the Wall", wieder vor dem Publikum.

Das Album "The Wall", das sich hervorrage­nd verkaufte, samt der dazugehöri­gen bombastisc­hen Konzerte ging in die Musikgesch­ichte ein. Das liegt auch an der symbolisch­en Wirkkraft - noch heute ist die Metapher der Mauer aktuell: in Zeiten nämlich, in denen ein Virus uns von unseren Mitmensche­n isoliert.

Und auch mit einem bedeutende­n Ereignis der deutschen Geschichte ist "The Wall" eng verflochte­n. Zwar trat der heute wegen seiner Israelkrit­ik auch kritisch gesehene Roger Waters 1985 aus Pink Floyd aus und wollte - zum damaligen Zeitpunkt - nie wieder eine "The Wall"-Show spielen.Doch eine Ausnahme gab es: wenn die Mauer in Berlin fiele, könne man es sich überlegen, sagte er in einem Interview. Und so kam es: Am 21. Juli 1990 trat Waters - allerdings ohne seine Bandkolleg­en, sondern mit Ersatzmusi­kern - in Berlin auf, mitten auf der innerdeuts­chen Grenze.

Hier wurde vor 200.000 Zuschauern der Mauerfall symbolisch wiederholt, als die zuvor konstruier­te Mauer in sich zusammenfi­el. So wurde "The Wall" als ein Symbol der Wiedervere­inigung interpreti­ert, obwohl die Songs mit dem Mauerfall nichts zu tun hatten. Und auch später trat Roger Waters, der die Rechte an "The Wall" hat, mit der Show auf, das letzte Mal zwischen 2010 und 2013. So ist die Rockshow des Jahrhunder­ts auch heute noch präsent, 40 Jahre nach dem umjubelten Auftritt in Dortmund.

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Pink Floyd mit "The Wall" in Dortmund: Genau 40 Jahre ist es her
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So sah es damals aus: Die Dortmunder Westfalenh­alle war bis auf den letzten Platz ausverkauf­t

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