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Olympia-OK-Chef Yoshiro Mori tritt zurück
Nach seinen frauenfeindlichen Äußerungen hat der Organisationschef der Olympischen Spiele in Tokio seinen Hut genommen. Eine Arbeitsgruppe soll den Nachfolger bestimmen. IOC-Präsident Bach glaubt an erfolgreiche Spiele.
Nun hat er die Konsequenzen gezogen. Der Chef des Organisationskomitees der Olympischen Spiele in Tokio, Yoshiro Mori, ist offiziell zurückgetreten. Hintergrund waren frauenfeindliche Äußerungen, die ihn massiv in die Kritik gebracht hatten. In einer Pressekonferenz in Tokio entschuldigte sich Mori erneut wegen seiner "unangemessenen Äußerungen, die Verwirrung stifteten".
Schon in Kürze soll durch eine Arbeitsgruppe ein Nachfolger für den 83-Jährigen bestimmt werden, deren Gründung am Freitag in einer Sondersitzung des Organisationskomitees in Tokio beschlossen wurde. Die Gruppe soll von OK-Ehrenpräsident Fujio Mitarai geleitet und je zur Hälfte mit Frauen und Männern besetzt werden. Auch Athletenvertreter sollen eine zentrale Rolle spielen. Als Favoritin auf Moris Nachfolge gilt Olympia-Ministerin Seiko Hashimoto. Zuvor war der 84 Jahre alte Saburo Kawabuchi favorisiert worden, einst Chef der japanischen Fußball-Liga und während der kommenden Spiele Bürgermeister des Olympischen Dorfes. Doch dieser winkte ab.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) sieht die Spiele in Tokio durch Moris Rücktritt nicht beeinträchtigt. "Das IOC wird mit seinem Nachfolger weiterhin Hand in Hand zusammenarbeiten, um sichere und gefahrlose Olympische Spiele in 2021 in Tokio auszurichten", sagte IOC-Präsident Thomas Bach laut einer Mitteilung vom Freitag. Das IOC bleibe "so überzeugt wie zuvor von der sicheren und erfolgreichen Ausrichtung" Olympischer Spiele im Sommer in Tokio.
Außerdem dankte Bach Mori für seinen "bedeutenden Beitrag zur Organisation der verschobenen Olympischen und Paralympischen Spiele Tokio 2020 in den vergangenen Jahren". Der 83-Jährige habe entscheidend dazu beigetragen, "Tokio zur bestvorbereiteten Olympiastadt aller Zeiten zu machen".
Mori hatte sich in einer Videokonferenz des Japanischen Olympischen Komitees gegen dessen Plan ausgesprochen, den Anteil der Frauen im Vorstand von 20 auf 40 Prozent zu verdoppeln. Frauen tendierten dazu, zu viel zu reden, sagte Mori. Obwohl sich der 83 Jahre alte frühere japanische Ministerpräsident später für seine, wie er es nannte, "unangemessenen Worte" entschuldigte, löste er einen Sturm der Entrüstung aus, der auch eine Woche später noch nicht abgeebbt ist. Das OK zählte mehr als 1000 Anrufe und EMails erboster Japanerinnen und Japaner.
Mit Verweis auf Mori sagten 400 "Volunteers" ab, die sich zuvor als freiwillige Helfer für das Mega-Event gemeldet hatten. Auch aus dem Kreis der olympischen Fackelträger gab es eine erste Absage: Shinji Tsubokura aus Fukushima nannte Moris Äußerungen "unakzeptabel". Nach eigenen Worten hatte er zuvor einen Brief erhalten, in dem sich das OK für Moris Worte entschuldigte.
Auch das IOC hatte sich von Mori distanziert. "Die jüngsten Äußerungen von Tokio-2020Präsident Mori waren absolut unangemessen und standen im Widerspruch zu den Verpflichtungen des IOC und den Reformen seiner Olympischen Agenda 2020", erklärte das Internationale Olympische Komitee und verwies auf die eigenen Bemühungen um GeschlechterGerechtigkeit: Mit einer Frauenquote von 49 Prozent unter den Olympia-Startenden würden die wegen der Corona-Pandemie auf den kommenden Sommer verschobenen Spiele in Tokio die "ersten geschlechtergerechten Olympischen Spiele" sein.
fab/sn/ml (rtre, dpa)