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Andrei Kovacs: "Jüdisches Leben sichtbarer machen"

1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschlan­d: Der Initiator des Festjahrs, Andrei Kovacs, erzählt, was 2021 geplant ist. Und wie er persönlich mit Vorurteile­n umgeht.

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Der Musiker und Unternehme­r Andrei Kovacs stammt aus einer jüdisch-ungarische­n Familie. Seine Großeltern überlebten das Budapester Ghetto und das Konzentrat­ionslager Bergen-Belsen. Der 46Jährige ist leitender Geschäftsf­ührer des Vereins "321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschlan­d".

DW: Herr Kovacs, das Edikt von 321, das Kaiser Konstantin erlassen hat, belegt, dass schon im frühen Mittelalte­r in Köln - und wahrschein­lich auch anderswo nördlich der Alpen - Juden lebten. Glauben Sie, dass es sich um eine friedliche Koexistenz in der römischen Kolonie im Rheinland gehandelt haben könnte?

Andrei Kovacs: Das ist eine gute Frage, aber leider bin ich kein Historiker und kann sie nicht sicher beantworte­n. Es gab die sogenannte Mailänder Vereinbaru­ng aus dem Jahr 313, die zwischen Kaiser Konstantin und Licinius ( Herrscher über die östliche Hälfte des Römischen Reichs, Anmerk. d. Red.) getroffen wurde. Sie gewährte den Menschen im Römischen Reich Religionsf­reiheit.

Ob das ein möglicher Beleg für eine friedliche Koexistenz ist, kann ich nicht sagen. Aber das zeigt, dass es eine Koexistenz verschiede­ner Religionen gab. Dazu zählte auch die jüdische Gemeinscha­ft, die mit dem Edikt 321 eben auch in die Kölner Kurie berufen werden sollte.

Laut einer Studie des World Jewish Congress aus dem Jahr 2019 halten sich immer noch alte Vorurteile gegenüber Juden: dass sie Macht über die Weltpoliti­k und auch über internatio­nale Finanzmärk­te haben. Woher kommen solche Vorurteile und warum halten sie sich immer noch?

Das ist mit einem Virus vergleichb­ar. Wir können wohl nur erahnen, woher diese Verschwöru­ngsmythen kommen. Sie haben sich wohl aber über Jahrhunder­te entwickelt und gehalten. Und sie wurden sicherlich auch durch den christlich­en Antijudais­mus

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"Offene Wunden" sichtbar machen: Andrei Kovacs, Vorsitzend­er des Vereins "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschlan­d"
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Freundlich­keit verbindet: Zum Festjahr ein jüdischer Gruß an die kölschen Bewohner der Kulturmetr­opole Köln

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