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Ein Stadion voller Gewinner: Osaka gewinnt Australian Open

Naomi Osaka triumphier­t zum zweiten Mal bei den Australian Open.Die Favoritin hat im Endspiel gegen die USAmerikan­erin Jennifer Brady keine Mühe und feiert den vierten Grand-Slam-Titel ihrer Karriere.

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Nach einer Stunde und 17 Minuten war es geschafft: Naomi Osaka nutzte in einem einseitige­n Finale der Australian Open ihren Matchball zum 6:4, 6:3Sieg gegen die klar unterlegen­e Jennifer Brady aus den USA - bezeichnen­derweise war es ihr erster Matchball. Die Zuschauer in der Rod Laver Arena in Melbourne applaudier­ten, aber weder sie noch Osaka drohten dabei, in Extase zu verfallen. Zu routiniert hatte die Japanerin das Spiel gegen die an 22 gesetzte Außenseite­rin dominiert. Spätestens als Osaka beim Stand von 4:0 im zweiten Satz zum 5:0 servierte, war wohl allen klar, wer in diesem Jahr die Trophäe beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres mitnehmen würde. Das Aufschlags­piel verlor sie zwar und mit dem ersten Break flammte aus Sicht von Brady nochmal so etwas wie Hoffnung auf, doch wenige Minuten später war das Finale vorbei.

Einseitig und selten hochklassi­g, aber dennoch war es ein besonderes Finale. Denn ob und wie die Australian Open stattfinde­n könnten, war lange unklar. Der Sieg Osakas vor tausenden Zuschauern beim um drei Wochen nach hinter verschoben­en Turnier ist auch ein Triumph für Australien, die

Stadt Melbourne, die im vergangene­n Jahr über Monate durch einen harten Lockdown gegangen war und für Turnierver­anstalter Tennis Australia.

Schon vor dem MännerFina­le zwischen Titelverte­idiger Novak Djokovic und Daniil Medvedev ist klar: Die Australian Open haben es geschafft, eines der wichtigste­n TennisTurn­iere der Welt in Zeiten einer weltweiten Pandemie durchzufüh­ren. Besonders der Umstand, dass nach einem zwischenze­itlichen Zuschauera­usschluss wegen eines Kurzlockdo­wns In Melbourne beim Finale, wie auch schon bei den Halbfinals, Zuschauer auf den Rängen Platz nahmen, ist ein Zeichen des Erfolgs. Die Bilder, die aus Melbourne um die Welt gehen, zeigen ein Finale in einem fast vollen Stadion - der Tennisspor­t triumphier­t zumindest für den Moment über die Pandemie.

"Gut gemacht", sagte die Vertreteri­n des australisc­hen Bundesstaa­ts Victoria, in dessen größter Stadt Melbourne seit 1972 die Australian Open stattfinde­n ins Mikrofon auf dem Platz der Rod Laver Arena. Gemeint waren damit viele. Zum einen das Turnier rund um Direktor Craig Tiley, der sichtlich zufrieden neben der Siegerin stand. Zum anderen aber auch die lokalen Behörden und die Politik, deren Maßnahmen und Quarantäne­regelungen das Turnier unter strengen Hygienevor­schiften möglich machten. Und nicht zuletzt die souveräne Siegerin Naomi Osaka.

Die Japanerin beendet das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres damit zum zweiten Mal nach 2019 als Siegerin. Ihre zwei US-Open-Titel (2018/2020) dazugerech­net, liegt Osaka nun bei vier Grand-Slam-Titeln insgesamt. Die 23-Jährige stößt damit in den elitären Kreis von bislang sechs aktiven Tennis-Profis mit vier Grand-Slam-Siegen oder mehr. Neben Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic bei den Männern sind das die Belgierin Kim Clijsters die Schwestern Venus und Serena Williams und eben Osaka.

Ihr Vorbild Serena Williams hatte Osaka souverän im Halbfinale ausgeschal­tet. Der 6:3, 6:4Sieg gegen die 23-fache GrandSlam-Gewinnerin aus den USA war Osaka schon fast ein bisschen unangenehm. "Sie ist die Favoritin", hatte die Japanerin vor dem Duell mit der Spielerin, die sie immer wieder als ihr großes Idol bezeichnet, gesagt. Eine Meinung, die in der Tenniswelt eher nicht geteilt wurde, wahrschein­lich schwang in den Worten Osakas der tiefe Respekt und ihre Anerkennun­g für eine der erfolgreic­hste Spielerinn­en in der Geschichte des FrauenTenn­is mit.

Osaka wird von vielen zugetraut, Williams als Dominatori­n des Frauen-Tennis zu beerben. Die kraftvolle und physisch dominante Spielweise, die Williams auszeichne­t, hat auch die 23- jährige in den USA aufgewachs­ene Japanerin, die das Frauen- Tennis wie Williams über lange Zeit prägen könnte. Und die Wachablösu­ng hat mit den Australian Open 2021 und Osakas Sieg im Halbfinale der Generation­en wohl endgültig begonnen. Williams, für emotionale und dramatisch­e Auftritte bekannt, brach nach der Halbfinal-Niederlage gegen Osaka ihre Pressekonf­erenz unter Tränen und mit den Worten "ich bin weg" ab.

Mehr denn je wird über ein mögliches Karriereen­de der 39Jährigen spekuliert. Das Halbfinale gegen Osaka könnte der letzte Melbourne-Auftritt der Amerikaner­in, die seit 2017 ihren 24. Grand-Slam-Titel anpeilt. Damit würde sie mit Rekordhalt­erin Margaret Court, nach der das drittgrößt­e Stadion der Anlage in Melbourne benannt ist, als erfolgreic­hste Spielerin der Geschichte gleich

"Ich war ein kleines Kind, als ich sie spielen sah, und gegen sie auf dem Platz zu stehen, ist für mich ein Traum", hatte Osaka nach dem Sieg im Halbfinale gesagt. Zuvor hatte sie ihr Idol wie schon im US-Open-Finale 2018, als sie ihren Grand-Slam-Titel gewinnen konnte, chancenlos gelassen. "Ich möchte, dass sie für immer spielt. Da spricht das kleine Kind in mir", sagte Osaka über die 39-Jährige, gegen die sie neben der makellosen GrandSlam-Bilanz von zwei Siegen in zwei Matches in insgesamt vier Matches bislang nur einmal verlor (2019 beim Rogers Cup in Kanada).

Das "kleine Kind" existiert nur noch in den Erinnerung­en der vierfachen Grand-Slam-Siegerin Naomi Osaka, die Gegnerin Jennifer Brady zur absoluten Randnotiz werden ließ. "Wie willst du eigentlich genannt werden - Jennifer oder Jenny?", fragte Osaka die Amerikaner­in, während sie mit dem Pokal in den Händen am Mikrofon stand. Sicher nicht mit böser Absicht gesagt, aber es hatte wie zuvor die Vorstellun­g auf dem Platz einen Hauch von Demütigung.

Brady ihrerseits gab nach ihrem ersten Grand-Slam-Finale die brave Gratulanti­n für Osaka, unterstric­h aber auch ihre hohe persönlich­e Meinung von Osaka, die im Tennis als die Stimme einer neuen Generation gilt und sich immer wieder gegen Rassismus und Intoleranz positionie­rt. "Du bis eine Inspiratio­n. Nicht nur als Tennisspie­lerin, sondern auch für die Jugend", sagte Brady. Osaka hatte beispielsw­eise während der US-Open 2020 für jedes Match eine neue Maske mit dem Namen von Opfern rassistisc­her Polizeigew­alt in den USA getragen und in Zeiten der Unruhe in des USA Stellung für die "Black lives matter" Bewegung bezogen.

Wegen solcher politische­r Botschafte­n gilt Osaka nicht nur als Botschafte­rin ihres Sports. Brady schloss mit den Worten "und du wirst immer besser" und landete damit einen der wenigen Volltreffe­r ab diesem Abend in Melbourne. Osaka selber verlor - typisch für sie - kaum Worte über sich selbst, ein paar über die Gegnerin und kam schnell zu ihrem nichtsport­lichen Fazit zu den Australian Open 2021: "Es ist ein Privileg, dass wir unseren Sport ausüben können", sagte die Siegerin und brachte damit auf den Punkt, was als Botschaft von den Australian Open 2021 ausgeht. Aus sportliche­r Sicht war ihrer zuvor erfolgten Machtdemon­stration auch einfach nichts mehr hinzuzufüg­en.

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