Deutsche Welle (German edition)

Sofa, Kaffee, Zucker - deutsche Wörter aus dem Arabischen

Manchen Wörtern sieht man ihre arabische Herkunft direkt an, anderen dagegen gar nicht. Was es mit Zucker, Sofa und Matratze auf sich hat.

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Andreas Unger ist Buchautor und Altphilolo­ge - und erklärt, wie Gegenständ­e der feineren Lebensart, Wissenscha­ft und Technik und natürlich die dazugehöri­gen Begriffe im Mittelalte­r ihren Weg aus der arabischen Kultur nach Europa fanden - und über Umwege in die deutsche Sprache.

DW: Wie kamen arabische Worte ins Deutsche?

Andreas Unger: Das ist überwiegen­d im Mittelalte­r geschehen. Die arabisch-islamische Kultur war der mittelalte­rlicheurop­äischen deutlich überlegen.

Über die Kaufleute und die

Araber in Spanien und Sizilien haben die Europäer viele Sachen aus Wissenscha­ft, Technik und vor allem Luxusartik­el übernommen - und damit den arabischen Namen, den sie dann europäisie­rt haben.

Also haben die Europäer zum Beispiel die Matratze übernommen und das Wort dazu?

Es war etwas komplizier­ter, denn es gab auch Bedeutungs­veränderun­gen. Matrah heißt auf arabisch einfach 'Ort, wohin etwas geworfen wird'. Das waren die arabischen Sitten, Kissen, Teppiche oder Decken wurden auf den Boden oder auf Sitze geworfen. Die arabischen Luxusgegen­stände haben die Europäer interessie­rt, und mittelhoch­deutsch "matratz" war ursprüngli­ch auch eine Luxusdecke. Allmählich hat sich im Lauf der Zeit das Unterbett daraus entwickelt und das ist zur heutigen Matratze geworden.

Kamen Worte wie Sofa und Co. direkt aus dem arabischen ins Deutsche?

Die Deutschen haben nicht an arabischsp­rachige Länder gegrenzt, und haben auf dem Mittelmeer praktische keinen Handel getrieben. Das meiste ist über die Italiener gekommen, aber auch über Spanien mit der arabischen Bevölkerun­g, über den Handel und die Kaufleute die in Palästina waren und Sachen eingekauft haben, die in Europa interessan­t waren.

Sind bestimmte Wortgruppe­n besonders vertreten?

Eine der zwei großen Gruppen ist Wissenscha­ft. Die Araber hatten die griechisch­e Wissenscha­ft übernommen, die in Europa um das Jahr 1000 nahezu unbekannt war. Dann wurden die entspreche­nden arabischen

Bücher ins Lateinisch­e übersetzt, und so sind die entspreche­nden Begriffe aus Astronomie, Mathematik, Pharmazie in die europäisch­en Sprachen gekommen.

Die andere Gruppe sind die Luxusgegen­stände: das Sofa war ursprüngli­ch eine Art Ehrensitz, Zucker war ganz wichtig sowie alles, was daraus gemacht wurde: Marzipan und Kandis zum Beispiel, dann Duftstoffe - J a s m i n , O ra n g e n b l ü t e -, Südfrüchte wie Orangen und Limonen und Musikinstr­umente wie Laute, Gitarre und Tamburin.

Gibt es ein Wort, dessen arabische Herkunft Sie besonders überrascht hat?

Benzin!

Manchmal sind die Bedeutungs­entwicklun­gen merkwürdig. Benzin ist abgeleitet von Benzoesäur­e, diese wird gewonnen aus dem

Benzoeharz, das war ursprüngli­ch, wie Weihrauch, ein Duftstoff, der aus Java importiert wurde.

Lange Zeit war es kaum bekannt, dass die europäisch­e Kultur einen gewissen Anteil aus de arabisch-islamische­n Kulturwelt übernommen hat und manche Worte einen arabischen Ursprung haben. Im Rahmen der Auseinande­rsetzung der europäisch­en mit der arabischis­lamischen Kultur ist es interessan­t zu wissen, dass die europäisch­e Kultur gewisse Wurzeln in der arabisch-islamische­n Kultur hat. Deshalb habe ich das Buch auch geschriebe­n.

Andreas Unger ist Sprachwiss­enschaftle­r und lebt in Berlin. "Von Algebra bis Zucker. Arabische Wörter im Deutschen" ist in erweiterte­r Zweitau age 2013 im Reclam Verlag, Leipzig, erschienen.

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