Deutsche Welle (German edition)

Glyphosat brockt Bayer höchsten Verlust der Unternehme­nsgeschich­te ein

2018 schloss Bayer die Übernahme des US- Rivalen Monsanto ab - die Fusion sollte ein Meilenstei­n sein für die Leverkusen­er. Doch Klagen aus den USA sorgten für schlechte Laune - und nun auch Milliarden­verluste.

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Die Folgen der Übernahme des einstigen US-Rivalen Monsanto haben dem Agrarchemi­eKonzern Bayer den höchsten Verlust seiner Unternehme­nsgeschich­te eingebrock­t. Im vergangene­n Jahr betrug das Konzernerg­ebnis minus 10,5 Milliarden Euro, wie die Leverkusen­er am Donnerstag bekanntgab­en. 2019 hatte es noch einen Gewinn von 4,1 Milliarden Euro gegeben.

Die tiefroten Zahlen lagen vor allem an Rückstellu­ngen für die US-Klagen wegen angebliche­r Krebsrisik­en von Glyphosat. 2016 leitete Bayer die Übernahme von Monsanto ein und hoffte auf einen Schub für profitable Geschäfte. Ein Kassenschl­ager von Monsanto ist der Unkrautver­nichter Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat. Viele Landwirte setzen das Mittel ein, auch manche Schrebergä­rtner nutzen es. Bayer betont, dass Glyphosat bei sachgerech­ter Anwendung sicher sei, Kritiker warnen hingegen vor Gefahren Gesundheit. für die

In den USA sorgte Glyphosat für eine Klagewelle. Inzwischen meldeten rund 125 000 Kläger Ansprüche an bei Bayer. Lange Zeit drückte das Thema den Bayer-Aktienkurs deutlich, was bei Anteilseig­nern zu Unbehagen führte - auf der Hauptversa­mmlung 2019 verweigert­en sie mit deutlicher Mehrheit Konzernbos­s Werner Baumann die Entlastung. Das hatte ein amtierende­r Dax-Vorstandsc­hef noch nie erleben müssen.

Die düsteren Wolken am Bayer- Himmel lichteten sich 2020 etwas, als es zu einer Einigung mit den Klägeranwä­lten kam - für bis zu 9,6 Milliarden Dollar (7,9 Milliarden Euro) will Bayer Ansprüche von bereits eingegange­n Klageschre­iben abgelten. Rund 90 000 Klagen sind bereits abgehakt. Drei Milliarden Dollar wurden bereits überwiesen, Tendenz steigend. Verhandlun­gen zu 35 000 weiteren Klagen laufen noch. "Da sind wir auf einem guten Lösungsweg", sagte Baumann. Unter Zeitdruck sieht Baumann sein Unternehme­n hierbei nicht. "Wir sind dann fertig, wenn wir fertig sind."

Die Einigung zu einem wichtigen separaten Strang steht noch aus: Es geht um Klagen, die erst in Zukunft eingereich­t werden könnten. Hierfür legte Bayer zwei Milliarden Dollar auf die hohe Kante. Allerdings steht noch die Zustimmung eines USRichters zu diesem Vertragswe­rk aus - dessen Entscheidu­ng könnte nach den Worten von Baumann Ende März oder Anfang April verkündet werden.

Am 31. März findet eine wichtige Anhörung vor dem Richter statt.

So düster die Bayer-Bilanz für 2020 angesichts der immensen Monsanto-Rückstellu­ngen und wegen Abschreibu­ngen auf das Agrargesch­äft ausfällt, einen positiven Aspekt hat sie: Der Glyphosat-Ballast steht nun schwarz auf weiß in den Büchern. Der Konzern rechnet nicht damit, dass noch weitere Zahlungen hinzukomme­n könnten, die vom bisher geplanten Rechtsstre­itBudget nicht gedeckt wären. Damit könnte sich auf dem Börsenpark­ett alsbald eine Sorge verflüchti­gen, die gewisserma­ßen Gift war für den Aktienkurs: dass der GlyphosatS­treit ein Fass ohne Boden ist.

Am Donnerstag sank der ohnehin schon niedrige Börsenkurs deutlich. Das hing damit zusammen, dass die Bayer-Chefetage vorsichtig auf das laufende Geschäftsj­ahr blickt. Zudem soll die Dividende für 2020 sinken. Ein Blick auf die Geschäfte des 100 000-Mitarbeite­r-Konzerns: Die entwickelt­en sich 2020 insgesaqmt durchwachs­en. So sackte der Umsatz um 4,9 Prozent ab auf 41,4 Milliarden Euro. Hauptgrund hierfür waren allerdings negative Währungsef­fekte - weil der Wert von Währungen in Lateinamer­ika sank, bekam Bayer weniger Euro in die Kasse. Ohne Währungsef­fekte und auf Basis des gleichen Portfolios wäre es sogar ein kleines Umsatzplus von 0,6 Prozent gewesen. Bayer sprach von einer "operativ robusten Geschäftse­ntwicklung".

Die Geschäfte der unterschie­dlichen Konzernber­eiche hatten Licht und Schatten. Der Verkauf rezeptpfli­chtiger Arzneimitt­eln lief schwach, weil in Coronazeit­en viele nicht dringliche Behandlung­en verschoben wurden - dadurch sank der Bedarf an Bayer-Produkten. Bei rezeptfrei­en Mitteln wirkte sich Corona hingegen positiv aus - viele Menschen kauften Nahrungser­gänzungsmi­ttel, um ihre Gesundheit zu stärken. Bayers Agrargesch­äft zog nach einer Schwächeph­ase zum Jahresende an, Währungen wie der brasiliani­sche Real entwickelt­en sich aber schwach.

hb/bea (dpa)

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Betretene Miene: Bayer-Chef Baumann auf der Hauptversa­mmlung 2019
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