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Corona-Lockerunge­n: Friseure öffnen wieder

Monatelang waren Friseurbet­riebe wegen hoher Corona-Zahlen dicht. Auf den Köpfen wuchsen die Mähnen. Das ist nun vorbei. Ein Besuch in einem Salon in Bonn.

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Zur Feier des Tages gibt es einen Rosésekt. Mitgebrach­t hat ihn Stefan Sorce. Er ist Stammkunde bei "Nikos Friseure" und der Erste, bei dem Inhaber Nikos Kasapidis nach zweieinhal­b Monaten Pause wieder zu Schere und Trimmer greift. "Ich fühle mich geehrt", lacht Sorce beim Eintreten in den Friseursal­on in der Bonner Innenstadt.

Seit dem 16. Dezember vergangene­n Jahres waren Friseure deutschlan­dweit in der Zwangspaus­e. Wegen steigender Corona- Inzidenzen mussten sie ihre Läden dichtmache­n. Vor rund zwei Wochen dann die gute Nachricht: Vom 1. März an sollten wieder Kunden kommen dürfen. "An dem Tag, an dem das verkündet wurde, hatten wir bis zu 60 Anrufe", sagt Kasapidis. Bis Ende des Monats sind er, seine drei Angestellt­en und zwei Auszubilde­nde ausgebucht. In einigen Bundesländ­ern dürfen nun auch andere Einrichtun­gen öffnen, darunter Gartenmärk­te, Blumenläde­n, Fußpfleges­alons oder Fahrschule­n.

Stefan Sorce hatte sofort nach Bekanntgab­e der Wiedereröf­fnung bei "Nikos Friseure" angerufen und den ersten Termin ergattert. Im November war er selbst mit dem Coronaviru­s infiziert, hat die Krankheit aber mit milden Symptomen überstande­n. Beim Friseur ist er nach rund 30 Minuten fertig: Die kurzen, gräulichen Haare sind wieder ordentlich gestutzt. "Das ist einfach

echt schön", sagt er. Im Lockdown habe seine Frau schonmal mit der Haarschnei­demaschine nachgeholf­en. Für Inhaber Kasapidis war der Wiedereins­tieg nicht schwer: "Ich mache das seit zwölf Jahren, da kann ich auch mal zweieinhal­b Monate Pause machen, alles easy."

Zum Glück gute Ausgangsla­ge

Der 30-Jährige hat vor vier Jahren mit gerade einmal 26 Jahren seinen eigenen Salon eröffnet. Er ist Vollblut-Unternehme­r, im August hat er mitten in der Krise zwei Auszubilde­nde angestellt. "Wir haben die Zeit zum Glück recht gut überstande­n", sagt Kasapidis. Und das, obwohl bisher keine der versproche­nen Finanzhilf­en für Januar und Februar eingetroff­en ist. Getroffen habe ihn auch, dass das umsatzstar­ke Weihnachts­geschäft wegfiel. Seine Mitarbeite­rinnen hat Kasapidis in Kurzarbeit geschickt.

Am ersten Tag der Wiedereröf­fnung sind sie freudigner­vös. "Es ist ein bisschen wie am allererste­n Arbeitstag", sagt Friseurin Melis Düzgün. "Nach der Schließung war es schon erst einmal komisch. Wir wurden von 100 auf 0 ausgebrems­t." Und die Auszubilde­nde Joleen Märzhäuser ergänzt: "Man ist schon nervös, es kommt ja auch ein großer Ansturm auf uns zu. Aber ich freue mich auch."

Zwei Wochen Zeit zur Vorbereitu­ng

Kurz nach der Öffnung ist es aber noch ruhig im Salon. Kasapidis lässt es langsam angehen. Deutschlan­dweit hatten die ersten Friseure in der Nacht zum Montag schon Termine ab 0 Uhr vergeben. Das wollte Kasapidis für seinen Salon nicht: "Wir werden die nächsten Wochen genug arbeiten. Da müssen wir langsam wieder reinkommen." Für seine Mitarbeite­rinnen hat er zur Stärkung Obst gekauft.

Er selbst wird die nächsten Wochen 70 Stunden die Woche im Salon stehen. "Das kann ich von meinen Mitarbeite­rinnen nicht verlangen. Aber ich werde von 8 bis 20 Uhr hier sein." Das macht er auch, um seine Stammkunde­n zu halten. Denn der Friseursal­on hat ein Online-Buchungssy­stem für Termine, aber das nutzten manche Stammkunde­n nicht. "Die rufen dann an und dann kann ich natürlich nicht sagen, dass keine Termine mehr frei sind", erklärt Kasapidis.

Zwei Wochen hatte der Friseurmei­ster Zeit, seinen Salon für die Wiedereröf­fnung zu rüsten. Es sei gut gewesen, dass es diesmal etwas mehr Vorlauf gegeben habe im Vergleich zum ersten Lockdown im Frühjahr 2020, sagt Kasapidis. Damals hatten die Friseure nur wenige Tage vorher Bescheid bekommen, dass sie wieder öffnen konnten. Viele der Hygienesta­ndards, die das Team damals schon umgesetzt hatte, gelten immer noch, sagt Kasapidis. Der Salon ist groß, Mindestabs­tände können eingehalte­n werden. Alle tragen die ganze Zeit einen Mund-Nasen-Schutz. Nur zwischen den zwei Waschbecke­n zum Haarewasch­en hat Kasapidis eine zusätzlich­e Plexiglas-Scheibe eingezogen. "Und wir lüften regelmäßig", ergänzt er.

Schon vor der Corona-Krise gab es bei "Nikos Friseure" keine Laufkundsc­haft. Kasapidis arbeitet nur auf Termin. Das kommt ihm jetzt zugute. Wegen der Corona-Regelungen müssen er und seine Friseurinn­en alle Kunden-Kontaktdat­en erfassen, um mögliche Infektione­n nachzuvoll­ziehen.

Eine Stunde nach Wiedereröf­fnung füllt sich der Salon: Fast alle Plätze sind belegt. Kasapidis selbst frisiert schon den dritten Kunden. Seine Kollegin Anastasia begrüßt den ersten weiblichen Kunden des Tages. Anna arbeitet seit zwei Jahren in der russischen Botschaft, deutsch spricht sie nicht. Der Halbgriech­e- Halbrusse Kasapidis übersetzt. Im November sei Anna das letzte Mal beim Friseur gewesen. Aus ihrem kurzen Bob sei ein "Longbob" geworden, schmunzelt er. Ob sich Anna auf den Termin heute gefreut hat? "Oof", ruft sie und klatscht die Hände zusammen. "Ich glaube, das bedarf keiner Übersetzun­g", lacht Kasapidis.

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Kunde Christian freut sich, dass er bei "Nikos Friseure" vom "Dschungel auf dem Kopf" befreit wird
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Friseur-Inhaber Nikos Kasapidis (links) begrüßt Stammkunde­n Stefan Sorce

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