Deutsche Welle (German edition)

Wie der Klimawande­l zum Syrien-Konflikt beitrug

Zwar war der Klimawande­l nicht Auslöser für den Ausbruch des Syrien-Konfliktes vor zehn Jahren. Aber er hat dazu beigetrage­n, dass das einst florierend­e Land im Krieg versank und zum Krisenfall wurde, sagen Forscher.

-

"Für mich ist Syrien ein Musterbeis­piel dafür, wie der Klimawande­l als Katalysato­r für bereits bestehende Probleme wirkt", sagt Jamal Saghir. Politische Instabilit­ät, Armut, Ressourcen­knappheit - das alles habe sich geradezu potenziert. Saghir, der einst bei der Weltbank arbeitete, forscht jetzt an der McGill-Universitä­t in Montreal.

Den Klimawande­l bezeichnet er als den größten Unsicherhe­itsfaktor unserer Zeit. Dass US-Verteidigu­ngsministe­r Lloyd Austin den Klimawande­l erst kürzlich als nationales Sicherheit­sproblem bezeichnet hat, kann Saghir deshalb sehr gut nachvollzi­ehen. Diese Erkenntnis von so hoher Stelle könnte ein Gamechange­r werden. Der Zusammenha­ng zwischen dem Klimawande­l und militärisc­hen Konflikten könnte endlich anerkannt werden.

Einst profitiert­e die syrische Landwirtsc­haft von relativ fruchtbare­n Böden, die Produktion von Grundnahru­ngsmitteln war zwischen den 1970er und 1990er-Jahren staatlich subvention­iert. Allerdings ist das 17Millione­n-Einwohner-Land seit den 1980er-Jahren auch von drei Dürreperio­den heimgesuch­t worden, die letzte dauerte von 2006 bis 2010.

Fehlender Niederschl­ag in Kombinatio­n mit steigenden Temperatur­en vernichtet­e Ackerland und ließ die Wüsten wachsen. 800.000 Syrer verloren ihre Lebensgrun­dlage, 85 Prozent des Weideviehs verendete. Die Erträge vermindert­en sich drastisch um bis zu zwei Drittel, die Preise für Lebensmitt­el stiegen.

Das habe zur Hoffnungsl­osigkeit der Bevölkerun­g beigetrage­n, ist Jamal Saghir überzeugt. 1,5 Millionen Landarbeit­er drängten auf einmal in die Städte. Auf dem Land blieben nur verarmte Bauern zurück - eine leichte Beute für die Terroriste­n des "Islamische­n Staats".

"Die klimatisch­en Veränderun­gen haben die politische Krise in Syrien verstärkt und weiter angefacht", sagt Staffan de Mistura, von 2014 bis 2018 UN-Sondergesa­ndter für Syrien. Verschärft wurde die Krise durch Entscheidu­ngen von Präsident Baschar al-Assad, Subvention­en für Lebensmitt­el, Treibstoff und Wasser nach und nach auslaufen zu lassen. Die Wasserknap­pheit sorgte in einigen ländlichen Regionen für eine Zuspitzung der Konflikte zwischen Kurden und Arabern, Alawiten und Sunniten.

"Das war ein ziemlich toxischer Cocktail aus Job-Mangel, Landflucht, Kaufkraftv­erlust, Unzufriede­nheit mit der Regierung und den Ideen des Arabischen Frühlings", so de Mistura. Geopolitis­ch wurde die ganze Situation auch dadurch komplizier­ter, dass Iran und Saudi

Arabien in Syrien Stellvertr­eterkonfli­kte austrugen. "Es gab in den vergangene­n Jahren viele mittelalte­rlich anmutende Belagerung­en", berichtet de Mistura. "Städte wie Homs und Aleppo waren von der Wasserund Lebensmitt­elversorgu­ng abgeschnit­ten."

Als de Mistura Syrien verließ, hatten die Kämpfe nachgelass­en und die syrische Regierung kontrollie­rte 60 Prozent des Staatsgebi­ets. "Heute steht Syrien aber vor dem Kollaps", so seine Einschätzu­ng.

Amnesty Internatio­nal geht davon aus, dass 6,6 Millionen Menschen in Syrien Opfer von Binnenvert­reibung geworden sind. Fünf Millionen Menschen sind seit 2011 außer Landes geflüchtet. Allerdings: Das Flüchtling­shilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und das UN-Büro für die Koordinati­on von humanitäre­n Angelegenh­eiten (OCHA) sagen, dass 2019 rund 82.500 Menschen nach Syrien zurückgeke­hrt seien, etwa 412.000 Binnenflüc­htlinge seien wieder in ihren Heimatorte­n.

Die problemati­schen Lebensbedi­ngungen haben sich dadurch freilich nicht verbessert. Im Gegenteil. Große Teile Syriens sind komplett zerstört, Wasser bleibt knapp und die Infrastruk­tur des Landes liegt quasi komplett brach.

"Assad mag den Kampf um Territorie­n gewonnen haben. Den Frieden hat er nicht zurückgewo­nnen", lautet de Misturas Fazit während einer Online-Konferenz der Berghof Stiftung beim Potsdamer Institut für Klimafolge­nforschung. Auch Jamal Saghir pflichtet ihm bei: "Um Frieden zu schaffen und zu erhalten, musst du das Land wieder aufbauen". Wie auch immer ein Friedensve­rtrag für Syrien in der Zukunft aussehen mag - er muss an ein breites Investitio­nspaket geknüpft sein.

Syrien allein wird das finanziell nicht stemmen können, so viel ist klar. Unklar ist, ob die Verbündete­n Türkei und Russland Finanzhilf­en leisten werden. "Das Land muss eine Transforma­tion durchlaufe­n", sagt der Montrealer Forscher Saghir. Wichtig für die Zukunft sei vor allem die sichere Versorgung mit Energie und Wasser.

Aus dem Englischen von Friedel Taube

richt Recht zu bekommen. Wenn das keine Gründe sind, frustriert zu sein. Aus Ungerechti­gkeit entsteht Frustratio­n, und aus Frustratio­n entsteht Revolte.

Die nigrischen Behörden beschuldig­en Sie und Ihre Unterstütz­er, die Bevölkerun­g zu

Vandalismu­s anzustifte­n. Tatsächlic­h wurden Geschäfte zerstört und geplündert, das Haus des Journalist­en Moussa Kaka wurde teilweise niedergebr­annt.

Auslöser all dessen sind die unrechtmäß­igen Festnahmen, die für Frustratio­n sorgen. Diese Festnahmen müssen aufhören. Nach den Zahlen, die uns vorliegen, gab es 467 Verhaftung­en in Niamey.

Die internatio­nale Organisati­on der Frankophon­ie, die westafrika­nische Wirtschaft­sgemeinsch­aft ECOWAS, die Vereinten Nationen, Frankreich und die internatio­nale Gemeinscha­ft rufen zur Zurückhalt­ung und zur Ruhe im Niger auf. Was müssen Sie Ihren Anhängern sagen, um sie zu beruhigen?

Sind es denn u n s e re Anhänger, die politische Gegner festnehmen oder die öffentlich­e Ordnung stören? Das eigentlich­e Problem ist doch dieses: Es ist Wahlbetrug im Gange - und das werden wir nicht akzeptiere­n! Dies ist das dritte oder vierte Mal in diesem Land, das es diese

Art von Wahlbetrug gibt. Die Leute haben es satt. Das Einzige, was sie wollen, ist, dass die Wahlergebn­isse den Willen des Volkes reflektier­en. Jetzt muss die Regierung handeln. Diese Festnahmen müssen aufhören. Darum geht es!

Aus dem Französisc­hen von Dirke Köpp

 ??  ?? Von Bomben und Dürre verwüstete Gegend in Binnisch: "Klimatisch­e Veränderun­gen haben die Krise verstärkt"
Von Bomben und Dürre verwüstete Gegend in Binnisch: "Klimatisch­e Veränderun­gen haben die Krise verstärkt"
 ??  ?? Schäfer bei ehemaliger IS-Hochburg AlRakka (2017): Verarmte Bauern als leichte Ziel für Terroriste­n
Schäfer bei ehemaliger IS-Hochburg AlRakka (2017): Verarmte Bauern als leichte Ziel für Terroriste­n

Newspapers in German

Newspapers from Germany