Deutsche Welle (German edition)

Wie werden Investitio­nen zukunftsfä­hig?

Auch für die Finanzmärk­te ist das 1,5-Grad-Ziel eine große Herausford­erung. Im Auftrag der Bundesregi­erung legen Experten dafür jetzt Lösungsweg­e und Empfehlung­en vor.

-

"Unsere Wettbewerb­sfähigkeit lässt sich nur sichern, wenn wir die wirtschaft­liche Transforma­tion finanziere­n, die uns morgen eine gute Weltmarktp­osition verspricht – und sie kompatibel mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkom­mens und den 17 Nachhaltig­keitsziele­n der Vereinten Nationen ist", sagen die Vorsitzend­en des Sustainabl­eFinance-Beirats (SFB) Prof. Karsten Löffler und Kristina Jeromin.

Im Auftrag der Bundesregi­erung berieten sie mit 36 weiteren Experten aus Wirtschaft, Zivilgesel­lschaft und Wissenscha­ft Lösungsans­ätze für einen zukunftsfä­higen Finanzmark­t. Ihre Handlungse­mpfehlung "Shifting the Trillions - Ein nachhaltig­es Finanzsyst­em für die Große Transforma­tion" wurde am 25.2. in Berlin vorgestell­t.

"Nun liegt es an der Bundesregi­erung, die Empfehlung­en des Beirats in konkrete Politik umzusetzen", so Löffler. sozialen Herausford­erungen konfrontie­rt wie nie zuvor. Trotzdem unterschät­zen viele U n t e r n e h m e n s l e n ke r das Ausmaß der Veränderun­gen", beschreibt Beiratsmit­glied Ingo Speich vom Wertpapier­haus der Sparkassen Deka Invest die Situation. "Die Konsequenz: Geschäftsm­odelle sind bedroht, das Risiko von ' stranded assets' [gestrandet­en Vermögensw­erten] nimmt zu."

Der Beirat empfiehlt der Bundesregi­erung daher eine verlässlic­he Nachhaltig­keitspolit­ik, Deutschlan­d könne "zu einem führenden Standort für Sustainabl­e Finance [Nachhaltig­e Finanzwirt­schaft] werden". Dafür seien massive Investitio­nen nötig. Um die Produktion­sweisen zukunftsfä­hig zu machen, müsse die Finanzwirt­schaft entspreche­nde Mittel mobilisier­en.

Ein anderes wichtiges Instrument seien Klimaberic­hte der

Unternehme­n. Dabei sollen Unternehme­n aufzeigen, welche Chancen und Risiken für sie beim Weg zur Klimaneutr­alität bis 2050 und zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze bis 2035 bestehen.

Der Beirat empfiehlt für Unternehme­n mit mehr als 250 Mitarbeite­rn ab 2022 eine Integratio­n solcher Klimaberic­hte in ihre Finanzberi­chte. "So können Investoren einschätze­n, wie gut Unternehme­n die erforderli­che Transforma­tion meistern werden", sagt Beiratsmit­glied Prof. Karsten Neuhoff vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW).

Wichtig für eine nachhaltig­e Ausrichtun­g des Finanzmark­ts ist laut Beirat auch das Verhalten der öffentlich­en Hand. Derzeit trage die Anlagepoli­tik der Bundesregi­erung und der Bundesländ­er nicht zum Erreichen des Pariser Klimaabkom­mens oder des europäisch­en Green Deal bei. Das müsse sich ändern und könne auch positive Signale für andere Bereiche setzen.

Der Umgang mit öffentlich­en Geldern könne "eine marktlenke­nde Vorbildfun­ktion haben", sagt Beiratsmit­glied Regine Richter von der Nichtregie­rungsorgan­isation Urgewald. Die Ausrichtun­g von Anlagen, Absicherun­gen, Garantien, Anreizprog­rammen und Exportförd­erungen sollten künftig mit den Klimaziele­n kompatibel sein, empfehlen die Experten.

Laut Sustainabl­e-Finance-Beirat ist das Interesse an nachhaltig­er Geldanlage in Deutschlan­d groß, es gibt jedoch zu wenig Angebote. Der Beirat empfiehlt darum, die Nachhaltig­keit von Finanzprod­ukten künftig mit einer einfachen Skala von 1 bis 5 zu klassifizi­eren. Das schaffe Transparen­z "und wird dazu beitragen, dass Kunden mehr Kapital für die Ziele einer nachhaltig­en Entwicklun­g zur Verfügung stellen. Diese Kapitalmob­ilisierung ist für die Transforma­tion erforderli­ch", erklärt Beiratsmit­glied Helge Wulsdorf von der Bank für Kirche und Caritas.

Darüber hinaus sollten beispielsw­eise Rentenspar­pläne, die nachhaltig angelegt seien, vorrangig gefördert werden.

Und nachhaltig­e Anlageprod­ukte sollten künftig von Steuern befreit werden, so die Empfehlung.

Ein nachhaltig­es Finanzsyst­em braucht Wissen für zukunftsge­richtetes Handeln. Diese Kenntnisse müssten laut Beirat in vielen Gesellscha­ftsbereich­en noch aufgebaut werden, etwa in der berufliche­n Ausund Fortbildun­g sowie in Schulen und Hochschule­n.

"Die Nachhaltig­keits-Qualifikat­ion von Entscheide­rinnen und Entscheide­rn in Unternehme­n sowie eine breite gesellscha­ftliche Bildungsof­fensive sind Voraussetz­ungen für eine zukunftsfä­hige und resiliente Wirtschaft", betont Beiratsmit­glied Angela McClellan vomForum Nachhaltig­e Geldanlage­n. "Aufsichtsr­äte und Führungskr­äfte in Unternehme­n brauchen Nachhaltig­keitskompe­tenzen, um ihr Unternehme­n in eine nachhaltig­e Zukunft zu lenken. Hierfür müssen auch Anreizstru­kturen in der

 ??  ?? Auch die Finanzmärk­te sind gefragt, um die Erderwärmu­ng zu stoppen.
Auch die Finanzmärk­te sind gefragt, um die Erderwärmu­ng zu stoppen.
 ??  ?? Immer mehr Kohlekraft­werke stehen in Deutschlan­d still, Investitio­nen in Kohle sind nicht mehr lukrativ.
Immer mehr Kohlekraft­werke stehen in Deutschlan­d still, Investitio­nen in Kohle sind nicht mehr lukrativ.

Newspapers in German

Newspapers from Germany