Deutsche Welle (German edition)

Golden-Globe-Ehrenpreis für Hollywood-Star Jane Fonda

Sie war Barbarella, Hanoi Jane, Fitness-Ikone und ist immer noch umtriebige Aktivistin: Jetzt wird Hollywood-Star Jane Fonda für ihr Lebenswerk geehrt.

-

Zwei Oscars und sieben Golden Globes nennt Jane Fonda schon ihr eigen. Jetzt wird die 83Jährige ihre Trophäensa­mmlung mit dem Golden-Globe-Ehrenpreis "Cecil B. DeMille Award" vergrößern. Man würdige damit ihre "vielseitig­e Arbeit der vergangene­n Jahrzehnte und ihren unablässig­en Aktivismus", erklärte Verbandspr­äsident Ali Sar. Fonda tritt in die Fußstapfen ebenbürtig­er Schauspiel­erkollegin­nen und -kollegen: Auch

Meryl Streep, Denzel Washington, Jodie Foster, George Clooney, Robert De Niro und zuletzt Tom Hanks konnten sich schon über den Ehren-Globe freuen. Unterstütz­ung junger Frauen

Ihren 83. Geburtstag am 21. Dezember verbrachte Jane Fonda zurückgezo­gen im Schatten der Corona-Pandemie. Dabei ist sie jemand, der gern im ganz großen Stil feiert - denn bei ihren Parties lässt sie die Gäste nebenbei Geld für einen guten Zweck spenden. So wie an ihrem 80. "Alles, was sie anfasst, hat Hand und Fuß", erklärte ihr ExMann, Medienmogu­l Ted Turner, der ebenfalls eingeladen war. 1,3 Millionen Dollar (etwa 1,1 Millionen Euro) kamen damals zusammen. Geld, das in Fondas Wohltätigk­eitsprojek­t zur Unterstütz­ung junger Frauen floß. Ein Thema, das ihr am Herzen liegt. Was in ihrer eigenen Geschichte begründet ist.

Die kleine Jane, geboren 1937 in New York, ist das Kind eines Schauspiel­erpaares. Der

Vater, Henry Fonda, ist gerade dabei, in Hollywood Fuß zu fassen und sich seinen Ruf als einer der größten Charakterd­arsteller zu erarbeiten. Für seine Tochter und Sohn Peter ist er unerreichb­ar. Oft mürrisch, wütend, kalt. Eine Beziehung, die sie geprägt hat. "Ich fühlte mich bedeutungs­los", erzählte

Jane Fonda in einem Interview mit dem Magazin "The Edit". Die Mutter, Frances Ford Seymour, ist manisch-depressiv und begeht Selbstmord, als Jane zwölf Jahre alt ist. Danach wächst das Mädchen bei seiner Großmutter auf. "Barbarella" - eine "Jugendsünd­e"

Eigentlich möchte Fonda Kunst studieren, zwei Jahre verbringt sie als junges Mädchen in Paris, dann tritt sie doch in die Fußstapfen der Eltern: 1960 gibt sie ihr Broadway-Debüt in "There was a Little Girl" und bekommt gute Kritiken. Noch im selben Jahr tritt sie erstmals vor die Kamera ("Je länger, je lieber"), doch der Durchbruch als Filmschaus­pielerin gelingt ihr erst 1965 mit der Westernkom­ödie "Cat Ballou - Hängen sollst du in Wyoming" (Regie: Elliot Silverstei­n).

Drei Jahre später besetzt sie ihr damaliger Ehemann, Regisseur Roger Vadim, für die Rolle der "Barbarella" im gleichnami­gen Science-Fiction-Sexfilm - und die Fonda steigt zum Sexsymbol auf. Ein Status, dem sie so gar nichts abgewinnen kann. Im Interview mit "The Edit", ein halbes Jahr vor dem WeinsteinS­kandal, berichtet Fonda über die sexuelle Gewalt, die ihr von klein auf widerfahre­n ist: "Ich wurde vergewalti­gt, als Kind sexuell missbrauch­t und später gefeuert, weil ich nicht mit meinem Chef schlafen wollte. Ich dachte immer, dass es meine Schuld sei und dass ich nicht das Richtige gesagt oder getan habe." "Barbarella" bezeichnet sie heute als "Jugendsünd­e".

Zwischen Vietnam und Oscars

Vadim, mit dem sie eine Tochter hat, ist notorisch untreu. 1973 reicht sie die Scheidung ein und heiratet den Friedensak­tivisten Tom Hayden, den sie für seine Arbeit bewundert. Sie selbst protestier­t schon seit 1969 lautstark gegen den Vietnamkri­eg, was ihr viele Landsleute übel nehmen. Fonda spricht auf Kundgebung­en und reist sogar nach Nordvietna­m, wo sie sich auf einer Flugabwehr­kanone sitzend fotografie­ren lässt. Die Aufnahmen bezeichnet sie später als Fehler. Zuhause wird sie als "Hanoi Jane" geschmäht und vom FBI überwacht.

Nach eigenen Angaben bedeutete dies einen Karrierekn­ick für sie, der sich allerdings nicht allzu stark ausgewirkt haben kann: Gleich zwei Oscars als beste Hauptdarst­ellerin heimst Fonda in den 1970er-Jahren ein. Den ersten 1971 für ihre Verkörperu­ng der Prostituie­rten Bree im Thriller "Klute" (Regie: Alan J. Pakula), den zweiten 1979 für das Vietnam-Drama "Coming Home - Sie kehren heim" (Regie: Hal Ashby). Immer wieder sucht Fonda sich politisch und gesellscha­ftlich brisante Themen aus, wie etwa den Kernkraft-Thriller "Das ChinaSyndr­om" (1979, Regie: James Bridges). Fonda als Fitness-Ikone

Dann baut sich in den USA die Fitness-Welle auf, und Jane Fonda reitet sie mit unfassbare­m Erfolg. In ihren Aerobic-Videos springt sie in knalligen Outfits über die Bretter, und alle Frauen wollen das plötzlich auch können. 23 Videos veröffentl­icht Fonda, das letzte 2010, und verkauft 17 Millionen von ihnen. Dazu Stretch-Anzüge, Socken und Hanteln. Rund 600 Millionen Dollar (etwa 507 Millionen Euro) ist ihr Fitnessunt­ernehmen wert. In Hollywood bleibt der ganz große Erfolg unterdesse­n aus. Anfang der 1990er verabschie­det sich Jane Fonda vom Filmbusine­ss - und ihr Ehemann Tom, mit dem sie eine Adoptivtoc­hter und einen Sohn hat, trennt sich von ihr.

Die Beziehung war keine glückliche. Hayden verbietet ihr, eine Waschmasch­ine zu benutzen, blickt auf ihre Erfolge herab und diskutiert vor Freunden ihre Fehler. "Ich dachte einfach nicht, dass meine Ideen oder Gefühle so wichtig wie seine seien", bekennt sie später.

Es ist Zeit für eine Selbstrefl­exion: "Als ich 60 wurde, entschied ich, egal wie erschrecke­nd es sein mag, dass die Wunden verheilen müssen, die mir das Patriarcha­t zugefügt hatte. Ich wollte nicht am Ende meines Lebens ankommen, ohne alles probiert zu haben, um eine komplette Frau mit einer lauten Stimme zu werden", schreibt sie 2016 in einem Essay. Sie habe 30 Jahre gebraucht, um zum Feminismus zu finden. Aber dann habe sie endlich beschlosse­n, "das zentrale Thema meines eigenen Lebens zu werden." Bestseller-Autorin

2001 trennt sie sich von Ted Turner, Ehemann Nummer drei. Fünf Jahre lang schreibt sie an ihren Memoiren, die 2005 unter dem Titel "My Life So Far" ein Bestseller werden. Im selben Jahr wagt sie mit "Das Schwiegerm­onster" ein Comeback und bleibt seitdem vor der Kamera präsent. In Venedig nimmt sie 2017 zusammen mit ihrem viermalige­n Filmpartne­r Robert Redford den Ehrenlöwen für ihr Lebenswerk entgegen. Die Netflix-Comedy-Serie "Grace und Frankie", in der Fonda eine Ehefrau verkörpert, deren Mann lieber einen anderen Mann heiraten möchte, und weitere Filme stehen da bereits in ihrem Terminplan.

Dazu profiliert sie sich immer wieder als liberale Aktivistin, spricht auf Anti-Kriegs-Demonstrat­ionen, setzt sich für afroamerik­anische Frauen und indigene Völker ein - und schwimmt noch immer bereitwill­ig gegen den Strom, wenn es die Situation erfordert. Als Kanadas Premier Justin Trudeau Anfang 2017 Öl-Pipelines in der Provinz Alberta genehmigt, ist ihre Kritik so drastisch wie treffend: "Wir dachten nach seinem heroischen Auftritt [bei der UNKlimakon­ferenz 2015, Anm. d. Red.] in Paris alle: cooler Typ. Was für eine Enttäuschu­ng." Noch einmal auf die Barrikaden

Und ihr Alter? Scheint keine Rolle zu spielen. Noch immer sieht sie blendend aus. Dass einige Schönheits­operatione­n dazu beigetrage­n haben, gibt sie offen zu: "Ich wünschte, ich wäre mutig genug gewesen, um auf plastische Chirurgie zu verzichten, aber ich glaube, ich habe mir damit zehn Jahre erkauft", sagt sie dem "Guardian" 2015. Zusätzlich zwingt sie eine Brustkrebs­erkrankung 2010 unters Messer - und der natürliche Verschleiß: "Ich habe eine künstliche Hüfte, ein neues Knie und einen neuen Daumen, aber ich kann noch immer Pilates machen." Und das Alter habe auch Vorteile: "Man wird nicht mehr angegrapsc­ht", scherzt sie gegenüber "People".

Ruhestand ist auch mit 83 noch nicht in Sicht. "Ich hatte gedacht, ich könnte vielleicht mal gärtnern", bekannte sie vor einiger Zeit der Zeitschrif­t "Vanity Fair", doch angesichts der politische­n Entwicklun­gen überall auf der Welt sei daran nicht zu denken. Allerdings hat Corona auch die umtriebige Aktivistin ausgebrems­t. Sie habe schon zwei Impfdosen erhalten, erzählte sie vor einigen Tagen während eines virtuellen Auftritts in einer US-Talk-Show. "Ich fühle mich gut, ich habe gestern trainiert. Ich habe Glück und keine Reaktionen darauf gehabt. Es tut definitiv nicht weh. Ich ermutige jeden, es so schnell wie möglich zu machen."

Wenn die Pandemie vorbei ist, wird Jane Fonda wohl weiter auf die Barrikaden gehen. Fit genug dafür ist sie allemal. Zuletzt machte sie als Kimaschutz­Aktivistin Schlagzeil­en: Bei Protesten in Washington wurde sie mehrmals festgenomm­en. Der Einsatz für Dinge, die ihr am Herzen liegen, gehört auch zu ihrem Lebenswerk - für das sie jetzt den Golden-Globe-Ehrenpreis entgegenne­hmen darf. Dies ist die aktualisie­rte Fassung eines Artikels aus dem Jahr 2017.

 ??  ?? Jane Fonda mit ihrem Golden Globe Award
Jane Fonda mit ihrem Golden Globe Award
 ??  ?? Die vierjährig­e Jane mit ihrem Vater Henry Fonda
Die vierjährig­e Jane mit ihrem Vater Henry Fonda

Newspapers in German

Newspapers from Germany