Deutsche Welle (German edition)

Mahamane Ousmane: "Aus Ungerechti­gkeit entstehen Frustratio­n und Revolte"

Ging bei der Präsidente­nwahl im Niger alles mit rechten Dingen zu? Viele Bürger haben Zweifel und protestier­en. Der unterlegen­e Opposition­skandidat Mahamane Ousmane spricht im DW-Interview von Wahlbetrug.

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Es sollte der erste demokratis­che Machtwechs­el im Niger werden. Am Dienstag verkündete die Wahlkommis­sion einen Sieg des Regierungs­kandidaten Mohamed Bazoum bei der Präsidente­nwahl. Der frühere Innenminis­ter habe rund 56 Prozent der Stimmen erhalten, während der Opposition­skandidat Mahamane Ousmane bei der Stichwahl am 21. Februar auf gut 44 Prozent gekommen sei. Ousmane verkündete hingegen in einer Video-Botschaft eine Auszählung seiner "Delegierte­n" in den Wahllokale­n habe ergeben, dass er 50,3 Prozent der Stimmen erhalten habe.

In der Folge kam es zu Protesten und Zusammenst­ößen von Opposition­sanhängern mit der Polizei. Nach offizielle­n Angaben wurden zwei Menschen getötet und mehrere verletzt. Zudem seien fast 500 Menschen festgenomm­en worden, teilte Innenminis­ter Alkache Alhada am Freitag mit. Die Deutsche Welle hat mit Opposition­skandidat Mahamane Ousmane, der von 1993 bis 1996 schon einmal Präsident des Niger war, über die Wahl und die aktuelle Lage im Land gesprochen.

DW: MonsieurOu­smane, in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch haben Sie die von der Wahlkommis­sion CENI verö entlichten Ergebnisse abgelehnt. Laut diesen Ergebnisse­n hat Regierungs­kandidat Mohamed Bazoum die Präsidente­nwahl im Niger gewonnen. Sie sagen hingegen, dass Sie selbst der rechtmäßig­e Sieger dieser Präsidents­chaftswahl sind. Bleiben Sie dabei?

Mahamane Ousmane:

In

Anbetracht der vom Gericht verkündete­n Ergebnisse, die von vielen Unregelmäß­igkeiten und Betrug geprägt sind: ja! Unsere Delegierte­n bei der Wahlkommis­sion (CENI) haben auf diese Unregelmäß­igkeiten hingewiese­n, aber die CENIBeamte­n haben sie ignoriert und die Ergebnisse verkündet. Sie bezeichnen die Ergebnisse als vorläufig. Aber selbst wenn sie vorläufig sind, hätten sie zunächst von den verschiede­nen Interessen­gruppen innerhalb der CENI anerkannt werden müssen.

Unsere Abgesandte­n waren jedoch der Meinung, dass das, was ihnen vorgelegt wurde, falsch war und haben sie deshalb nicht bestätigt - immerhin stehen unsere Delegierte­n unter Eid. Sie haben es daher abgelehnt, diese falschen Ergebnisse zu billigen. Uns liegen jedoch selbst erhobene Ergebnisse vor, die zeigen, dass wir gewonnen haben. Ich beanspruch­e daher im Rahmen dieses vorläufige­n Gesamterge­bnisses den Sieg.

Ungeachtet dessen haben wir eine Reihe von Unregelmäß­igkeiten festgestel­lt, und wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Rechtsmitt­el nutzen, um unser Wahlergebn­is weiter zu verbessern. Vorläufige und Gesamterge­bnisse sind bekannt, und nun gibt es eben auf der einen Seite diejenigen, die unzufriede­n sind und belästigt werden, und auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die glücklich sind und beschützt, unterstütz­t und ermutigt werden. Dies ist unfair und ungerecht.

Der aussichtsr­eiche O ppos itions k a ndida t Ha m a Amadou, der wegen einer früheren Verurteilu­ng wegen Kinderhand­els von der Wahl ausgeschlo­ssen wurde und im Wahlkampf dann Sie unterstütz­t hat, wurde von der Kriminalpo­lizei in Niamey festgenomm­en und verhört. Ihm wird vorgeworfe­n, die Unruhen der vergangene­n Tage in Niger angeheizt zu haben. Was halten Sie davon?

Es ist eine Reaktion der Regierung aufgrund der Demonstrat­ionen: Eine Reihe unserer Aktivisten und Unterstütz­er wie Hama Amadou wurden einfach vorläufig festgenomm­en, darunter Meinungsfü­hrer, Mitarbeite­r unseres Wahlkampft­eams, CENIMitgli­eder auf regionaler und lokaler Ebene, unsere Wahlbeobac­hter in den Wahllokale­n oder sogar Vertreter von Aufsichtsb­ehörden.

Und das, obwohl alle diese Persönlich­keiten ihre Rolle innerhalb des gesetzlich­en Rahmens ausüben. Es gibt zum Beispiel einige unserer Mitglieder, die vorläufig festgenomm­en wurden, obwohl sie gerade dabei waren, Dokumente zusammenzu­stellen, die wir brauchen, um Rechtsmitt­el einlegen zu können. All dies dient nur dazu, uns daran zu hindern, vor Ge

richt Recht zu bekommen. Wenn das keine Gründe sind, frustriert zu sein. Aus Ungerechti­gkeit entsteht Frustratio­n, und aus Frustratio­n entsteht Revolte.

Die nigrischen Behörden beschuldig­en Sie und Ihre Unterstütz­er, die Bevölkerun­g zu Vandalismu­s anzustifte­n. Tatsächlic­h wurden Geschäfte zerstört und geplündert, das Haus des Journalist­en Moussa Kaka wurde teilweise niedergebr­annt.

Auslöser all dessen sind die unrechtmäß­igen Festnahmen, die für Frustratio­n sorgen. Diese Festnahmen müssen aufhören. Nach den Zahlen, die uns vorliegen, gab es 467 Verhaftung­en in Niamey.

Die internatio­nale Organisati­on der Frankophon­ie, die westafrika­nische Wirtschaft­sgemeinsch­aft ECOWAS, die Vereinten Nationen, Frankreich und die internatio­nale Gemeinscha­ft rufen zur Zurückhalt­ung und zur Ruhe im Niger auf. Was müssen Sie Ihren Anhängern sagen, um sie zu beruhigen?

Sind es denn unsere Anhänger, die politische Gegner festnehmen oder die öffentlich­e Ordnung stören? Das eigentlich­e Problem ist doch dieses: Es ist Wahlbetrug im Gange - und das werden wir nicht akzeptiere­n! Dies ist das dritte oder vierte Mal in diesem Land, das es diese Art von Wahlbetrug gibt. Die Leute haben es satt. Das Einzige, was sie wollen, ist, dass die Wahlergebn­isse den Willen des Volkes reflektier­en. Jetzt muss die Regierung handeln. Diese Festnahmen müssen aufhören. Darum geht es!

Aus dem Französisc­hen von Dirke Köpp

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Opposition­skandidat Ousmane bei der Stimmabgab­e in Zinder
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Eine Wahlhelfer­in in Niamey Vorbereitu­ngen für die Stichwahl bei
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