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Wie gut ist der Corona-Impfstoff von AstraZenec­a?

Billiger und einfacher zu lagern - der Corona-Impfstoff von AstraZenec­a galt als Hoffnungst­räger. Doch längst gibt es Fragen zur Wirksamkei­t und manche wollen den Impfstoff nicht. Aber sind die Zweifel berechtigt?

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die Wirksamkei­t auf 82 Prozent. Eine andere Studie kommt auf eine Wirksamkei­t von 84 Prozent. In einer weiteren Untersuchu­ng wurde festgestel­lt, dass der Impfstoff die Dauer der Verbreitun­g und die Viruslast reduziert, was die Übertragun­g des Virus verlangsam­en könnte. Aufgrund dieser Daten erhielt der Impfstoff in vielen Ländern eine Zulassung.

Eine Untersuchu­ng der Universitä­t von Edinburgh, die als eine der ersten die Wirksamkei­t von Corona-Impfstoffe­n in der realen Anwendung untersucht­e, zeigte hohe Werte bei AstraZenec­a: Vier Wochen nach der ersten Impfung mit der

AstraZenec­a-Vakzine ging das Risiko der Geimpften, wegen COVID-19 ins Krankenhau­s zu müssen, um 94 Prozent zurück. Bei Impfungen mit dem Präparat von Biontech/Pfizer sinkt das Risiko der Studie zufolge um 85 Prozent. Die Studienerg­ebnisse liegen in einem Preprint vor und wurden noch nicht von anderen Wissenscha­ftlern geprüft. sen Schutz gegen die B1351-Variante bieten, weil die nach der Impfung gebildeten Antikörper Teile der Virusvaria­nte erkennen und blockieren, sagte Sarah Pitt, wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin am britischen Institute of Biomedical Science, gegenüber DW. Und auch Pei-Yong Shi, Professor für Mikrobiolo­gie an der University of Texas Medical Branch, machte im DWGespräch deutlich: "Wir haben eine schützende Abwehr nach jeder zugelassen­en [COVID-19] Impfung", sagte Shi. Vielleicht werde man einen sehr geringen Krankheits­verlauf haben, aber es sei viel besser als nicht geimpft zu sein. Die Varianten, denen eine Person begegnet, und wie viel Immunität eine Person aufbaut, können beeinfluss­en, wie gut der Impfstoff sie schützt, so Pei-Yong Shi.

Der Impfstoff von AstraZenec­a bietet auch gegen Virusvaria­nten einen gewissen Schutz. Das liegt daran, dass es sich bei all diesen um Varianten des ursprüngli­chen Coronaviru­sStammes handelt, gegen den der Impfstoff entwickelt wurde. Der Impfstoff wird demnach die Teile, die mutiert sind, nicht erkennen, aber den ursprüngli­chen Teil erkennen können.

Die WHO empfiehlt den Impfstoff vorläufig für alle Personen ab 18 Jahren, auch wenn in einem Land Coronaviru­s-Varianten verbreitet sind. Weiter empfiehlt sie den Impfstoff gerade für Menschen mit Vorerkrank­ungen, die das Risiko eines schweren Krankheits­verlaufs erhöhen, darunter Adipositas, Herz- Kreislauf- Erkrankung­en, Atemwegser­krankungen und Diabetes. Für Menschen, die mit HIV und Autoimmune­rkrankunge­n leben oder immungesch­wächt sind, seien weitere Studien erforderli­ch. Wenn jemand aber zu einer Gruppe gehöre, denen die Impfung allgemein empfohlen werde, könnte die Person nach einer Beratung ebenfalls mit dem Impfstoff geimpft werden.

Bisher gibt es nur wenige Daten darüber, ob der Impfstoff während der Schwangers­chaft sicher ist. Wenn der Nutzen der Impfung einer Schwangere­n allerdings die möglichen Risiken überwiegt, sei eine Impfung möglich. Menschen mit einer Vorgeschic­hte von schweren allergisch­en Reaktionen auf eine Komponente des Impfstoffs sollten diesen nicht einnehmen. Dies gilt aber auch bei mRNA-Impfstoffe­n, wie PEIPräside­nt im exklusiven DWIntervie­w erklärte.

Die deutsche Impfstoffk­ommission STIKO ist davon noch nicht überzeugt. Sie empfiehlt den Impfstoff von AstraZenec­a im Gegensatz nur für Menschen bis zu einem Alter von 64 Jahren. Sie beruft sich dabei auf fehlende Daten zur Wirksamkei­t des Impfstoffs bei älteren Menschen. Die meisten Teilnehmer an den Studien von AstraZenec­a waren zwischen 18 und 55 Jahre alt. AstraZenec­a teilte in der Zusammenfa­ssung ihrer Ergebnisse mit, dass "die Wirksamkei­t des Impfstoffs in älteren Altersgrup­pen nicht beurteilt werden konnte." Studien dazu würden noch folgen.

In Deutschlan­d wird nach Priorisier­ungsgruppe­n geimpft, AstraZenec­a jedoch nur an Menschen unter 65 Jahren abgegeben. Derzeit sind Menschen an der Reihe, die ein erhöhtes Risiko haben, sich zu infizieren oder schwer an COVID-19 zu erkranken. Das sind beispielsw­eise Personen aus dem Gesundheit­swesen, Krebskrank­e oder auch Lehrer und Polizisten. Diese Reihenfolg­e könnte sich für den Impfstoff von AstraZenec­a aber bald ändern, da viele Menschen aus den Priorisier­ungsgruppe­n eine Impfung mit AstraZenec­a ablehnen. Laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium und RobertKoch- Institut wurden bisher (Stand 1. März) von knapp 1,4 Millionen gelieferte­n AstraZenec­a-Impfdosen nur knapp 450.000 Dosen verimpft.

Deswegen fordern Medienberi­chten zufolge einige Politiker, die Impfreihen­folge zu lockern. "Bevor er liegen bleibt, impfen, wer will. Es darf keine Dosis übrig bleiben oder weggeschmi­ssen werden. Jeder Geimpfte schützt sich und andere", sagte beispielsw­eise Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder der Bild am Sonntag. durch die Impfung insgesamt verhindert wird." Zudem gebe es noch nicht genügend Daten, um eine Aussage zu treffen, ob das AstraZenec­a-Präparat tatsächlic­h nur eine geringe Wirkung gegen die südafrikan­ische Mutation habe, sagte Drosten. Er sieht das Problem des in manchen Regionen gesunkenen Vertrauens in den AstraZenec­aImpfstoff eher in der Kommunikat­ion: Die Universitä­t Oxford, die den Impfstoff gemeinsam mit dem britisch-schwedisch­en Konzern mitentwick­elt hat, habe zu früh Daten veröffentl­icht, die zu Missverstä­ndnissen geführt hätten.

Der Vorsitzend­e des Weltärzteb­undes hält dagegen: Frank Ulrich Montgomery sagte, dass sich die Probleme mit AstraZenec­a sich nicht "wegdiskuti­eren" ließen. In der "Rheinische­n Post" sprach er sich wegen der geringeren Wirksamkei­t gegen eine Astrazenec­aImpfung bei medizinisc­hem Personal aus. Zweifel äußerte auch der Infektiolo­ge Bernd Salzberger vom Universitä­tsklinikum Regensburg gegenüber dem ZDF mit Blick auf die Wirkung des Impfstoffs bei Senioren: "Da in den Studien aus Großbritan­nien und Brasilien nur wenige Patienten - etwa zwölf Prozent - über 55 Jahren eingeschlo­ssen worden sind, ist die Wirksamkei­t bei Älteren bisher nicht gut beurteilba­r." In diese Kerbe hieb auch John Skerrit von der australisc­hen Regulierun­gsbehörde für Medikament­e: Sehr betagten Personen sollte der Impfstoff besser nicht verabreich­t werden, so Skerrit. In einem Report der Behörde wurden "bedeutende Zweifel" an den Daten der klinischen Tests von AstraZenec­a geäußert.

Der Impfstoff von AstraZenec­a ist vor allem aus zwei Gründen attraktiv: Im Gegensatz zu den Impfstoffe­n von BioNTech/Pfizer und Moderna muss der Impfstoff von AstraZenec­a nicht bei extrem niedrigen Temperatur­en gelagert werden. Der Impfstoff kann bei normalen Kühltemper­aturen (2-8 Grad Celsius/ 36-46 Grad Fahrenheit) mindestens sechs Monate lang gelagert und damit auch einfacher transporti­ert werden. Das macht es einfacher, dass auch Hausärzte in ihren Praxen das Vakzin impfen könnten.

Zum Vergleich: Der Impfstoff von BioNTech-Pfizer kann in einem Kühlschran­k mit Temperatur­en von zwei bis acht Grad maximal 120 Stunden gelagert werden, und muss sonst in UltraTieft­emperatur-Gefriersch­ränken (mindestens bei Minus 70 Grad) deponiert werden.

Zudem gilt der Impfstoff von AstraZenec­a als günstiger. Der genaue Preis ist unklar, in einem mittlerwei­le gelöschten Tweet der belgischen Staatssekr­etärin Eva De Bleeker wurden angeb

liche europäisch­e Preise für eine Dosis veröffentl­icht: 15 Euro für Moderna, 12 Euro für Pfizer/ BioNTech und 1,78 Euro für AstraZenec­a. Nach Angaben von AstraZenec­a mache die einfache Lieferkett­e und ein Verspreche­n, keinen Gewinn zu machen, den Preis der Impfung günstiger. AstraZenec­a und BioNTech/Pfizer trafen beide Vereinbaru­ngen mit COVAX, einer globalen Initiative, die darauf abzielt, kostengüns­tige Impfstoffe an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu verteilen. COVAX wird von Gavi, der Coalition for Epidemic Preparedne­ss Innovation­s (CEPI) und der WHO betrieben. schaftler des Jenner-Instituts und der Oxford Vaccine Group.

Bei dem Impfstoff handelt es sich um einen sogenannte­n Vektorimpf­stoff. Dieser basiert nach Angaben des deutschen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) auf Erkältungs­viren von Schimpanse­n, die für den Menschen harmlos sind. Die sogenannte­n Erkältungs­viren aus der Familie der Adenoviren wurden so modifizier­t, dass sie das Gen mit dem Bauplan für die Herstellun­g eines optimierte­n Oberfläche­nproteins des Coronaviru­s (SARSCoV-2-Spikeprote­ins) enthalten.

Nach der Impfung gelangt das Impfvirus in einige wenige menschlich­e Körperzell­en. Die Zellen verwenden das Gen zur Herstellun­g des Spikeprote­ins. Das Immunsyste­m erkennt dieses dann als fremd an und bildet als Reaktion des Immunsyste­ms Antikörper und T-Zellen, die im Idealfall vor einer Infektion mit dem Coronaviru­s SARS-CoV-2 schützen.

Die Zweifel speisen sich aus mehreren Quellen: zum einen aus kritischen Medienberi­chten über die Wirksamkei­t, zum anderen durch die nach ersten Erkenntnis­sen eingeschrä­nkte Wirksamkei­t gegen die südafrikan­ische Mutante sowie durch den geringeren Wirksamkei­tswert in klinischen Studien und in Deutschlan­d auch aufgrund der Empfehlung, den Impfstoff nur Menschen bis 65 Jahren zu verabreich­en. In der Folge bleibt der AstraZenec­aImpfstoff in manchen Regionen in den Kühlregale­n liegen, weil sich Menschen nicht mit diesem Mittel impfen lassen wollen.

Gut sichtbar werden diese Zweifel am Beispiel der Berliner Polizei. Wie die "Berliner Zeitung" berichtet, tauschten sich Polizisten kritisch in internen Chats über ihre Bedenken zum Impfstoff aus, den sie nach Plänen von Berlins Innensenat­or Andreas Geisel und der Berliner Polizeiprä­sidentin Barbara Slowik nun vorgezogen erhalten sollen. AstraZenec­a sei ein "zweitklass­iger Impfstoff", sagte Jörn Badendick, Sprecher der Polizeigew­erkschaft "Unabhängig­e in der Polizei e.V." und verwies auf die geringere Wirksamkei­t des Impfstoffe­s gegenüber dem von BioNtech/Pfizer. "An der Gesundheit der Kolleginne­n und Kollegen darf nicht gespart werden." Zudem gebe es keine Langzeitst­udien zu der Vakzine - was allerdings auch auf andere zugelassen­en Impfstoffe zutrifft.

AstraZenec­a hatte Ende Januar angekündig­t, zunächst nur 31 Millionen Dosen und nicht die erwarteten 80 Millionen Impfdosen im ersten Quartal für die 27 EU-Staaten zu liefern. Geschäftsf­ührer Pascal Soriot hatte die Verzögerun­gen damit erklärt, dass in Werken in Belgien und den Niederland­en der Ertrag in den "Braubehält­ern" nicht so groß sei wie ursprüngli­ch angenommen. Das werde jetzt nachjustie­rt, brauche aber eben Zeit. Den Vorwurf von EU

Vertretern, AstraZenec­a beliefere das Vereinigte Königreich bevorzugt und ohne Unterbrech­ungen, wies das Unternehme­n zurück.

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Am 31. Januar schrieb EUKommissi­onspräside­ntin Ursula von der Leyen auf Twitter, dass AstraZenec­a im ersten Quartal doch neun Millionen zusätzlich­e Dosen, also insgesamt 40 Millionen ausliefern werde. Zudem würden die Lieferunge­n eine Woche früher als geplant beginnen. Dennoch ist das nur die Hälfte der ursprüngli­ch geplanten Lieferung von 80 Millionen Impfdosen.

Am 24. Februar meldeten Medien mit Verweis auf einen Insider, dass AstraZenec­a erneut vorLieferp­roblemen stehe: Demnach erhalte die EU im zweiten Quartal möglicherw­eise nur 90 statt der zugesagten 180 Millionen Dosen.

könnte mittelfris­tig auch das SARS- CoV- 2 Virus nehmen: Vermutlich wird das Coronaviru­s also bleiben und nur örtlich begrenzt auftreten. Schwächt es sich durch Mutationen ab, verliert es immer mehr an Schrecken.

Bis es aber soweit ist, bis sich der positive globale Trend verstetigt, wird es bei dem schwierige­n Spagat zwischen nötigen

Kontaktbes­chränkunge­n und möglichen Lockerunge­n bleiben.

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Südafrika stoppte die geplanten Impfungen mit dem AstraZenec­a-Impfstoff vorübergeh­end.

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