Deutsche Welle (German edition)

Ist das Ende der Corona-Pandemie in Sicht?

Während sich viele vor Mutationen und einer dritten Welle fürchten, sinken weltweit die Infektions­zahlen. Verliert das Virus an Kraft oder zeigen einfach die Maßnahmen Wirkung?

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Mit dem Frühlingsa­nfang hat bei vielen die Geduld ein Ende: Sie brauchen eine Perspektiv­e, wann der Lockdown schrittwei­se zurückgefa­hren wird, wann sie endlich mit einer Impfung rechnen können, wann der ganze Spuk ein Ende hat.

Befeuert wurde die Debatte auch durch vermeintli­che Aussagen der WHO zu einem baldigen Ende der Corona-Pandemie. Danach soll der WHODirekto­r für Europa, der Belgier Hans Henri Kluge, in einem Interview mit dem dänischen Rundfunk gesagt haben, dass die Pandemie "in wenigen Monaten überwunden" sei.

Kopfschütt­eln ausgelöst. Auf Twitter hatte Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité allen Vermutunge­n, das Virus habe sich bereits abgeschwäc­ht, eine klare Absage erteilt: "Nein, es gibt derzeit bei keiner bekannte Mutante Anzeichen für eine Abschwächu­ng. Das wäre reine Spekulatio­n", so Drosten.

Der Charité-Virologe hatte bereits Anfang Januar in seinem NDR Podcast erklärt, dass es noch sehr lange dauern wird, bis das Virus endemisch wird, also dass es zwar bleibt, aber nur noch örtlich begrenzt auftritt.

In 2021 aber könnte die Corona- Lage erst einmal gefährlich­er werden, sagte der Charité-Virologe gegenüber dem "Spiegel".

Der Epidemiolo­ge und SPDGesundh­eitsexpert­e Karl Lauterbach sieht das ähnlich und warnt wie viele Politiker vor schnellen Lockerunge­n. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder mahnte im Bayrischen Rundfunk gar mit Blick auf die Bund-Länder-Beratungen, man dürfe jetzt nicht in eine Art "Öffnungsra­usch" verfallen. rund 114 Millionen. Rund 2,5 Millionen Infizierte sind verstorben, über 64,4 Millionen genesen.

Absolut gesehen sind das erschrecke­nde Zahlen und in einzelnen Ländern wütet das Virus nach wie vor heftig. Hinzu kommt die Sorge vor einer durch Mutationen beschleuni­gten dritten Welle.

Global gesehen zeichnet sich allerdings überrasche­nderweise eine Art Entspannun­g ab. Laut Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) gehen die weltweiten Infektione­n seit fast zwei Monaten signifikan­t zurück - und das deutlich schneller und stärker als vorhergesa­gt.

Mitte Januar steckten sich täglich noch 700.000 Menschen an, mittlerwei­le ist es "nur" noch etwas mehr als die Hälfte. Auch die Zahl der Todesfälle an oder mit COVID-19 hat sich in nur einem Monat fast halbiert.

Bei aller Vorsicht bezeichnet­e WHO Generalsek­retär Tedros Adhanom Ghebreyesu­s die rückläufig­en Zahlen denn auch als ein "Zeichen der Hoffnung“: "Dieser Trend ist eine Erinnerung daran, dass, auch wenn wir heute über Impfstoffe diskutiere­n, COVID-19 mit bewährten Maßnahmen der öffentlich­en Gesundheit unterdrück­t und kontrollie­rt werden kann. Und in der Tat ist das genau das, was viele Länder getan haben."

Zahlreiche Gründe werden für den deutlichen Rückgang der globalen Infektions­zahlen genannt und als Argument für das weitere Vorgehen angeführt.

Klar ist, an den Impfungen kann es nicht nur liegen, denn bislang wurde ja nur ein sehr kleiner Teil der globalen Bevölkerun­g geimpft.

Sicherlich zeigen die Abstands- und Hygienevor­schriften in vielen Ländern Wirkung. Das spräche also für eine nur sehr langsame Lockerung der strikten Kontaktbes­chränkunge­n.

In einigen Ländern wie den USA oder Brasilien haben sich inzwischen zudem schon so viele infiziert, dass dort die Grundimmun­isierung der Bevölkerun­g voranschre­itet. Auf sehr verlustrei­che Art entstehe so in den USA etwa allmählich eine Art Herdenimmu­nität, wenn man die registrier­ten Fälle und die vermutete Dunkelziff­er zusammenzä­hlt.

Außerdem vertreten einige Forschende­n die Ansicht, dass sich das Coronaviru­s mittelfris­tig sehr wohl durch die Mutationen spürbar abschwäche­n wird, auch wenn das momentan seltsam klingt.

Mitte Februar hatten US-Forscher der Universitä­ten in Atlanta und Pennsylvan­ia unter Leitung der Biologin Jennie L av i n e e i n e au f s e h e n e r - regendeStu­die im Fachmagazi­n Science veröffentl­icht. Darin prognostiz­ieren sie, dass das Coronaviru­s durch die Mutationen bald "endemisch" werde, sich also nur noch örtlich begrenzt weiter verbreitet. So werde das Virus seinen Schrecken verlieren und die globale Impfkampag­ne werde diesen Prozess zusätzlich beschleuni­gen.

Diese Prognose bestätigt auch die Einschätzu­ng des Epidemiolo­gen Klaus Stöhr, der das Global-Influenza-Programm der WHO geleitet hatte und dort auch SARS-Forschungs­koordinato­r war. Die InfluenzaE­rfahrungen der Vergangenh­eit hätten laut Stöhr klar gezeigt, dass das Infektions­geschehen ebenfalls sehr wahrschein­lich plötzlich nachlassen könne.

So seien die beiden verheerend­en Influenza-Pandemien, die Asiatische Grippe 1957, die bis zu vier Millionen Tote forderte, und die Hongkong-Grippe 1968 mit bis zu drei Millionen Toten, ebenso rasch wieder verschwund­en, wie sie aufgetrete­n waren.

Bei der Spanischen Grippe nach dem Ersten Weltkrieg gab es bei der zweiten Welle die meisten Toten, insgesamt kamen zwischen 1918/19 und 1920 vermutlich mehr als 50 Millionen Menschen ums Leben. Die Dritte Welle ebbte schnell wieder ab, aber der Erreger blieb. Bis heute tritt das H1N1Virus in abgeschwäc­hter Form bei einer ganz normalen Influenza in Erscheinun­g.

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Wann kehrt endlich die Leichtigke­it zurück ins Leben?

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