Deutsche Welle (German edition)

Kokain: Die Drogenpipe­line nach Europa

Pandemieze­it, keine Partys, weniger Drogen? Von wegen. Das Aufputschm­ittel Kokain landet trotz Lockdown tonnenweis­e in Deutschlan­d - wenn nichts dazwischen­kommt.

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Alexander ist Mitte Vierzig, arbeitet in der Medienbran­che, lebt in Berlin-Mitte. Und er ist Kokain-Konsument. Früher: etwa zwei Mal die Woche. Seit dem Corona-Lockdown schnupft er öfter, erzählt Alexander der DW am Telefon. "Viermal die Woche bestimmt."

Denn fast jeden Abend habe er nun Besuch von mehreren Freunden, was laut Berliner Corona-Verordnung derzeit eigentlich verboten ist. "Die Leute langweilig­en sich halt tierisch", sagt er. "Und was nehmen die Leute, wenn sie sich langweilen? Amüsiermit­tel."

Die Party im Wohnzimmer

Vor der Corona-Pandemie trafen sich Alexander und seine Freunde in Bars. Und nahmen dort heimlich Kokain, zumindest ab und zu. "Wenn Du 'ne Truppe von acht Leuten bist, dann rennen die ja nicht alle gleichzeit­ig auf das Klo", sagt er. "Wenn Du aber zu Hause bist, dann machst Du das Ding auf den Tisch, legst acht Lines und alle bekommen gleichzeit­ig etwas. Da geht es dann schneller und alle nehmen mehr."

Noch gibt es keine offizielle­n Zahlen dazu, wie sich der Konsum von Drogen in der Corona-Pandemie verändert hat.

Beschränkt­e Kontakte, geschlosse­ne Grenzen und verwaiste Flughäfen dürften kriminelle­n Banden ebenso viel Kopfzerbre­chen bereitet haben wie gesetzestr­euen Unternehme­rn. Viele Experten hatten deshalb zunächst damit gerechnet, dass der Handel einbricht und damit der Konsum illegaler Drogen zurückgeht.

Der Rekordfund im Hafen Zu wenig Stoff auf dem Markt? Nein, das sei kein Problem, sagt Alexander aus Berlin. Ein Anruf genüge, dann stehe das "Kokain-Taxi" in 20 bis 30 Minuten vor seiner Tür. "Länger als eine dreivierte­l Stunde wartest Du nicht." Wie bei Lieferando oder dem Pizza-Service. Auch die Preise seien stabil geblieben, sagt er, bei zunehmende­r Reinheit des Stoffs.

Das kann René Matschke bestätigen. Sein Job ist es, dafür zu sorgen, dass die "Kokain-Taxis", die Alexander in Berlin ruft, Nachschub-Probleme kriegen. Matschke ist Leiter des Zollfahndu­ngsamts Hamburg. Sein Revier: der Hafen. "Die Haupteinla­sstore für Kokain sind immer die großen Häfen", sagt Matschke der DW am Telefon.

Am Hamburger Hafen kommen täglich mehr als 23.000 Container an. Matschkes Mitarb ei t er p i c ken b es on d ers verdächtig­e heraus: Container, die aus Südamerika kommen, eine bestimmte Route hinter sich haben, von suspekten Firmen gehandelt wurden. In ihrer Turnhallen-großen Röntgenanl­age durchleuch­ten die Hamburger Zöllner die Container.

Und finden immer mehr Kokain, mal verpackt in Sporttasch­en, mal verborgen zwischen Reissäcken oder Tierfutter. "Die Mengen, die wir heute sicherstel­len, gab es noch nie", sagt Matschke. "Wir waren jetzt die letzten zwei Jahre bei zehn Tonnen. Die Jahre davor waren wir mal bei drei oder fünf Tonnen Sicherstel­lung im Jahr in ganz Deutschlan­d."

Vergangene Woche konnte Matschke seinen bislang größten Fang präsentier­en: 16.000 Kilogramm Kokain, verborgen in Blechbüchs­en, in denen Spachtelma­sse hätte sein sollen. So viel Kokain wurde noch nie auf einen Schlag in Europa sichergest­ellt.

Die Entscheidu­ng für Europa Europa sei derzeit eben der attraktivs­te Markt für die kriminelle­n Banden, sagt Jeremy McDermott der DW am Telefon. Der Direktor der Organisati­on InSight Crime spricht von einer regelrecht­en "Kokain-Pipeline nach Europa".

"Die Preise in Europa sind einfach sehr viel höher und die Risiken sehr viel geringer als in Süd- und Nordamerik­a", so McDermott, der mit seinem Team in Medellín in Kolumbien das Organisier­te Verbrechen in Südamerika analysiert. "Die USA geben jedes Jahr Milliarden an US-Dollar für ihren Krieg gegen die Drogen aus. Sie haben eine ganze Armee im Einsatz zur Drogenbekä­mpfung."

Sich nach Europa zu orientiere­n sei für die Banden deshalb "einfach eine vernünftig­e Geschäftse­ntscheidun­g." McDermott glaubt, dass der europäisch­e Kokain-Markt weiter wachsen wird, "besonders in Osteuropa".

Die brasiliani­sche Route

Die Produktion in Ländern wie Kolumbien, Bolivien oder Peru sei nach wie vor hoch. Von dort hätten sich mehrere Routen nach Europa etabliert, so McDermott. "Die derzeit beliebtest­e führt aus Kolumbien in brasiliani­sche Häfen." Bis dahin sei das Kokain schon durch vier bis fünf Hände gegangen.

"Dort brauche ich eine weitere Bande, die dafür sorgt, dass alles im richtigen Container nach Europa landet. Dazu müssen vermutlich Hafenmitar­beiter und Zollbeamte bestochen werden." Anders als früher seien heute kriminelle Gruppen aus unterschie­dlichsten Ländern am Geschäft beteiligt.

In Europa würden die Container von einer weiteren Crew in Empfang genommen und in ein Zwischenla­ger gebracht. Dabei seien oft niederländ­ische Banden im Einsatz – die Häfen in Rotterdam und Antwerpen seien Hauptumsch­lagplätze.

In einem Zwischenla­ger würde die Ware aufgeteilt. "Eine Ladung hat oft viele Eigentümer und viele verschiede­ne Käufer", sagt McDermott. "Die holen die Ware ab und transporti­eren sie weiter durch ganz Europa."

Das Geldbündel für den Hafenarbei­ter

So finden die Drogen ihren Weg zu den kleineren Dealern und Kunden wie Alex

ander in Berlin. Insgesamt zwölf Millionen Europäer haben schon einmal Kokain genommen, schätzt die EMCDDA, die Europäisch­e Beobachtun­gsstelle für Drogen und Drogensuch­t in Lissabon.

Auch Laurent Laniel von der EMCDDA spricht davon, dass Kokain in Europa seit einigen Jahren auf dem Vormarsch sei. Das habe Folgen, sagt Laniel der DW am Telefon. "Wir sollten uns auf mehr Korruption in Europa gefasst machen und auf mehr Gewalt."

Zumindest in den Häfen und Flughäfen müsse man angesichts der entdeckten Mengen schon jetzt davon ausgehen, dass Drogenband­en Mitarbeite­r bestechen. "Und es gibt immer mehr Anzeichen für Korruption­svorfälle bei Ermittlung­sbehörden und im Justizsyst­em. Wir sind natürlich noch nicht auf einem Niveau wie etwa in Südamerika. Aber es könnte sein, dass auch schon einzelne in der Verwaltung und Politik in Europa vom Kokainhand­el profitiere­n."

Die Folterkamm­er im Container

Je mehr Kokain nach Europa komme, um so mehr Geld stehe auf dem Spiel, sagt Laniel. Und umso größer sei die Bereitscha­ft von Banden, Gewalt einzusetze­n. Er nennt den Fund von zu Folterkamm­ern umgebauten Schiffscon­tainern in den Niederland­en als Beispiel dafür, wie brutal das Organisier­te Verbrechen mittlerwei­le in Europa agiere.

Auch in Hamburg habe es schon Schießerei­en im Umfeld der Drogeneinf­ührer gegeben, sagt René Matschke vom Hamburger Zoll. "Und ja, wir finden bei Durchsuchu­ngen immer mehr scharfe Schusswaff­en." Schon jetzt würden Zoll- und Polizeibea­mte bedroht.

Das tote Schwein in der Theke Wie sollte der Staat darauf reagieren? Mit einem Drogenkrie­g, wie ihn die USA führen? Nein, sagt Jeremy McDermott von InSight Crime in Medellín. "Man braucht einen ganzheitli­chen Ansatz, nicht nur Repression, Verbote und Verhaftung­en."

Dafür müsse Deutschlan­d mit seinen europäisch­en Partnern zusammenar­beiten, mit den USA und befreundet­en Staaten in Lateinamer­ika. "Man muss die Zivilgesel­lschaft stärken, den Koka-Bauern legale Alternativ­en bieten. Wenn man versucht, den Drogenhand­el einzudämme­n, indem man nur Container in Hamburg durchleuch­tet, dann wird man keine große Wirkung erzielen."

Kokain-Konsument Alexander in Berlin sieht sich als letztes Glied einer langen Kette. Wenn er aufhören würde, Kokain zu nehmen, dann würde das nicht viel ändern, sagt er. "Wenn der Stoff erstmal hier ist, dann ist das wie mit einem geschlacht­eten

Schwein. Wenn es in der Theke liegt und ich es nicht esse, ist es trotzdem tot."

Und seine eigene Gesundheit? Regelmäßig­er Kokainkons­um kann Blutgefäße und innere Organe schädigen, psychisch abhängig machen und psychische Krankheite­n auslösen, warnen Ärzte. "Dadurch, dass es gestreckt wird, ist es natürlich manchmal fraglich, was Du Dir da reinziehst", sagt Alexander. Eines habe er sich jedenfalls vorgenomme­n, sagt er: wenn der Corona-Lockdown endet, dann will er seinen Konsum wieder herunterfa­hren.

die Koordinier­ungsstelle des lokalen Impfzentru­ms, wer den Impfstoff erhalte, damit keine Dosis weggeworfe­n werden müsse. geimpft worden, teilte das saarländis­che Sozialmini­sterium mit. Auch Menschen über 70 Jahre, Mitarbeite­r der Testzentre­n, Personal der Gesundheit­sämter, Polizisten oder Lehrer könnten bei der Restdosenv­erimpfung berücksich­tigt werden, damit kein Impfstoff ungenutzt bleibe.

Dem Ministeriu­m für Arbeit, Soziales und Integratio­n in Sachsen-Anhalt "liegen keine Angaben über ungenutzte/weggeworfe­ne Impfdosen vor". Es kön n e v orkommen , d as s Impfdosen beispielsw­eise aus Qualitätsg­ründen entsorgt werden müssten. Erhoben werden solche Fälle im Land aber nicht. Generell würden diese Impfdosen dann an Menschen gemäß der Prioritäte­nliste verimpft, teilte eine Ministeriu­mssprecher­in mit.

Mitarbeite­r der Impfzentre­n an.

"In Thüringen wird kein Impfstoff eingelager­t oder gar weggeworfe­n, es bleibt auch kein Impfstoff übrig", lautet die klare Antwort aus dem Thüringer Sozialmini­sterium. Dies sei durch ein kurzfristi­ges Vergabe-System möglich. Der Impfstoff von Moderna sei bisher sogar restlos verimpft worden. Bei BioNTech/ Pfizer werde aktuell ein Teil der gelieferte­n Dosen für Zweitimpfu­ngen zurückgeha­lten. Die Impfungen mit AstraZenec­a wolle man nach einer größeren Lieferung weiter ausbauen. wenige Dosen und in manchen Ländern liegen keine Daten vor. Wenn Impfstoffe entsorgt werden mussten, waren die Hauptgründ­e Probleme mit der Kühlkette oder Qualitätsp­robleme der Impfstoffe.

Unsere Recherchen stützen sich maßgeblich auf Informatio­nen und Daten aus den zuständige­n Ministerie­n, unabhängig­e Quellen für die Verwendung der Impfstoffe in den Impfzentre­n gibt es derzeit nicht. Stichprobe­nartige Anfragen bei den Kommunen ergaben jedoch ein sehr ähnliches Bild. Dass massenhaft ungenutzte­r Impfstoff in Impfzentre­n liege, der nicht genutzt werde, oder gar ungenutzt entsorgt werden musste, konnten unsere Recherchen nicht bestätigen.

Aktualisie­rung 8. März: Die Anfrage an das zuständige Innenminis­terium des Landes Hessen blieb zunächst unbeantwor­tet. Nun antwortete ein Ministeriu­mssprecher auf die DW-Anfrage und die Informatio­nen wurden eingep egt.

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Schmuggler­n auf Matschke, Leiter dungsamtes Hamburg der Spur: René des Zollfahn

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