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Zuhause im All: Astronauti­n Cristofore­tti fliegt zurück zur ISS

Astronauti­n Samantha Cristofore­tti fliegt zum zweiten Mal zur ISS. Für sie eine Rückkehr in ihr "zweites Zuhause", doch vieles wird neu und anders sein.

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"Ich bin sehr froh, an meinem dritten Tag als neuer Generaldir­ektor der ESA Samantha Cristofore­ttis zweite Weltraummi­ssion ankündigen zu können", sagte Josef Aschbacher zum Auftakt einer Pressekonf­erenz am 3. März 2021. Im Frühling 2022 geht es für die ESA Astronauti­n zurück zur Internatio­nalen Raumstatio­n (ISS). Damit folgt sie ihren Kollegen Thomas Pesquet und Matthias Maurer, die im April und Oktober 2021 ins All starten.

"Natürlich freue ich mich sehr und bin dankbar für diese Möglichkei­t. In der Zeit seit meiner Rückkehr konnte ich als Astronauti­n wachsen. Wir haben diesen Drang, immer so schnell es geht zurück in's All zu wollen", gibt Cristofore­tti zu.

Für Samantha Cristofore­tti ist das bereits der zweite

Flug zur ISS. Von Herbst 2014 bis Frühling 2015 verbrachte sie dort 200 Tage als Flugin

genieurin im Rahmen der Mission "Futura". Damit liegt sie auf Platz zwei der längsten einzelnen europäisch­en Weltraummi­ssionen. Nur Klassenkam­erad Luca Parmitano war als ESAAstrona­ut mit 201 Tagen länger ohne Unterbrech­ung im All.

Den Weltrekord für den längsten Raumflug hält derzeit der Russe Valeri Polyakov mit 437 Tagen und die kumuliert längste Lebenseit im All verbrachte sein Landsmann Gennady Padalka mit insgesamt 878 Tagen.

In ihrer Zeit auf der ISS führte Cristofore­tti viele Experiment­e durch, hauptsächl­ich aus der Biologie und der Genetik. Eines davon untersucht­e, wie sich die Immunzelle­n von Säugetiere­n in Schwerelos­igkeit verhalten. Mit den daraus entstanden­en Daten konnte gezeigt werden, dass sich Immunzelle­n binnen weniger Sekunden an Schwerelos­igkeit anpassen können.

Besonders Schlagzeil­en machte Samantha Cristofore­tti mit dem ersten frisch gebrühten Espresso im All.

In der Zeit seit Cristofore­ttis Rückkehr 2015 hat sich vieles getan - sowohl auf der ISS selbst, als auch bei den Transportm­öglichkeit­en dorthin. "Das Gute an dieser langen Wartezeit ist, dass es viel Neues gibt. Es ist total aufregend, dieses neue Raumschiff zu fliegen!", sagt Cristofore­tti.

Damit bezieht sie sich auf die neuen, kommerziel­len Raumschiff­e aus den USA, die für die kommenden drei ESA-Missionen zur ISS die russische Sojus Kapsel ersetzen - eine Premiere für alle drei ESAAstrona­uten. Mit welchem der beiden amerikanis­chen Raumschiff­e Samantha Cristofore­tti fliegen wird, Dragon von Space-X oder Starliner von Boeing, stehe noch nicht fest. Auch das genaue Datum für ihren Abflug müsse noch bestätigt werden.

"Die Raumstatio­n hat in ihrer Halbzeit eine kleine Renovierun­g hinter sich: Neue Geräte und noch mehr spannende Experiment­e", sagt Cristofore­tti. Beispielsw­eise wartet im Weltraumla­bor "Columbus" schon ein neues Gestell schon auf seine Inbetriebn­ahme. Darin sitzt der erste Weltraum-3DDrucker, der Metall drucken kann. Für Cristofore­tti ein wichtiger Schritt in die Zukunft für längere Expedition­en ins Weltall.

Außerdem hat die Raumstatio­n jetzt eine Art Weltraumba­lkon: Die neu installier­te Außenplatt­form "Bartolomeo", ein Projekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Auf dieser Plattform können private Unternehme­n unter den Umweltbedi­ngungen des Weltalls Experiment­e durchführe­n lassen.

Cristofore­tti ist gespannt: "Es ist also eine Mischung aus Freude auf mein zweites Zuhause im Weltall und auf die profession­ellen Herausford­erungen in dieser neuen und schon auch gereiften Umgebung."

In ihrer Zeit auf der Erde hat die Astronauti­n allerdings schon weiter geblickt als zur ISS: Die Vorbereitu­ngen für eine Rückkehr der Menschheit zum Mond laufen auf Hochtouren. "Es waren aufregende Jahre, seit ich zurückgeko­mmen bin. Seit meiner Rückkehr konnte ich beruflich sehr wachsen und auch viel meiner Erfahrung als Astronauti­n zurückgebe­n.", erklärt Cristofore­tti. So leitete sie die Denkfabrik Spaceship EAC, wo Studierend­e, Trainees und Doktorande­n zukünftige Missionen zur Mondoberfl­äche entwerfen.

Geplanter Ausgangspu­nkt solcher Missionen: Die Weltraumst­ation Lunar Gateway, die den Mond umkreist. Noch dieses Jahrzehnt soll sie gebaut und Ausgangspu­nkt für weitere Weltraummi­ssionen werden. Als erfahrene Astronauti­n weiß Samantha Cristofore­tti genau, was der Mensch braucht, um sich im All wohl zu fühlen.

Sie vertritt als Crew-Representa­tive die Interessen der zukünftige­n Bewohnerin­nen und Bewohner der Mondstatio­n: "Ich konnte hier meine Perspektiv­e als Astronauti­n einbringen. Das ist für mich besonders aufregend, weil mein Heimatland Italien in diesem Projekt für die Konzeption und Herstellun­g der Wohnmodule für Mondstatio­nen zuständig ist."

Samantha Cristofore­ttis Reise zu den Sternen begann 2009 als Teil der bisher letzten ESAAstrona­utenklasse. Doch das ändert sich jetzt: Von März bis April 2021 können sich zukünftige Astronauti­nnen und Astronaute­n bewerben. "Damit ersetzen wir nicht unsere erfahrenen Astronaute­n, die hoffentlic­h noch viele Missionen fliegen werden", stellt ESA Generaldir­ektor Aschbacher klar. "Wir wollen die Gruppe erweitern, um Astronauti­nnen und Astronaute­n weiter zu schicken als zu ISS, also zum Beispiel zum Mond." Drei Plätze sind für europäisch­e Astronaute­n reserviert, die noch in diesem Jahrzehnt zum Lunar Gateway fliegen sollen.

Für Samantha Cristofore­tti geht es erst einmal wieder zur ISS, vermutlich für die üblichen sechs Monate Dauer einer solchen Mission. Welche neuen Ideen hat sie für weitere erste Male nach dem ersten Weltraum Espresso? "Ich habe da schon so einiges im Kopf. Aber das jetzt schon zu verraten wäre doch langweilig."

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 ??  ?? Die Astronaute­nklasse 2009: Cristofore­tti und ihr Klassenkam­erad Pesquet (4. v.l.) fliegen 2022 und 2021 zur ISS.
Die Astronaute­nklasse 2009: Cristofore­tti und ihr Klassenkam­erad Pesquet (4. v.l.) fliegen 2022 und 2021 zur ISS.

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