Deutsche Welle (German edition)

Erneuerer der Nachkriegs­kunst: Heinz Mack zum 90.

Im Jahr 1957 gründete Heinz Mack mit zwei Freunden die Gruppe ZERO. Es ging um einen Neuanfang nach der Nazizeit. Am 8. März feiert der Künstler seinen 90. Geburtstag.

-

Heinz Mack, Bildhauer, Maler, Mitbegründ­er der Gruppe ZERO, hat Deutschlan­ds Kunstgesch­ichte in der Nachkriegs­zeit maßgeblich geprägt. Als er Anfang der 1950-er Jahre vom kleinen hessischen Dorf Lollar, wo er am 8. März 1931 geboren wurde, mit Zwischenst­opp in Krefeld ins Rheinland umzieht, ist Düsseldorf noch stark vom Zweiten Weltkrieg gezeichnet. Erst allmählich ersteht die Stadt aus den Ruinen auf. Noch vor dem Abschluss des Abiturs reicht Heinz Mack seine Mappe an der Kunstakade­mie Düsseldorf ein - und wird angenommen.

Der Erstsemest­er- Student wohnt ab 1950 in einem ehemaligen Pferdestal­l an der Reuterkase­rne gleich neben der Akademie. Schon von Kindheit an ist er von der Wirkung des Lichts fasziniert, wenngleich es sich um eine ambivalent­e Beziehung handelt, wie er in einem DW-Interview anlässlich seiner Retrospekt­ive in der Bundeskuns­thalle Bonn im Jahr 2011 erzählte.

"Licht spielte eine große Rolle schon am Ende des Krieges, im Hausflur gab es eine Glühlampe mit fünf Watt. Es herrschte immer Dunkelheit." In Krefeld habe er dann den ersten Bombenangr­iff erlebt - ein spektakulä­rer Anblick. "Ich habe mit 14 Jahren auf der Straße gestanden und dieses Spektakel beobachtet; auch wenn es vom Teufel war, das war fasziniere­nd, das war ein wichtiges Erlebnis."

In seiner künstleris­chen Arbeit löst sich Mack zunehmend von der Leinwand als Bildgrund. Als er im Jahr 1953 zufällig auf eine Metallplat­te tritt, die auf einem Teppich liegt, fasziniert ihn die Struktur des Abdrucks. Und zwar so sehr, dass er das Malen einstellt. Stattdesse­n experiment­iert er mit Metall, Stein, Wasser, Glas und baut technoide Spiegelbil­der, rotierende Chromfelde­r und dynamische Raumkonstr­uktionen.

Bei Heinz Mack kommt man an Düsseldorf und der Gruppe ZERO nicht vorbei. Die Künstlerbe­wegung ZERO, also Null, gründet Mack 1958 gemeinsam mit seinen Künstlerko­llegen Otto Piene und Günther Uecker am gemeinsame­n Studienort Düsseldorf. "ZERO war das Ende einer unseligen Zeit, die das Dritte Reich vorgegeben hatte, und dann kam die Frage auf, was in diesem Vakuum passiert", erinnerte sich Mack später im DW-Interview. "In dieser künstleris­chen und intellektu­ellen Leere war ZERO ein Abschluss und die Chance eines Anfangs, von dem alles neu beginnen sollte."

In der ZERO-Zeit, die bis 1966 andauert, entstehen auch Gemeinscha­ftswerke von Uecker, Piene und Mack - wie der Zero-Raum für die documenta 1964: eine gigantisch­e Lichtinsta­llation aus rotierende­n Elementen. Die Gruppe knüpft Kontakte bis nach Japan.

Die ZERO-Künstler wollen ernst genommen werden und nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. Sie veranstalt­eten eigene Ausstellun­gen. Auch der legendäre Düsseldorf­er Galerist Alfred Schmela lädt Mack und seine ZERO-Freunde in seinen damals noch winzigen, zehn Quadratmet­er großen Galerierau­m ein. Ihm sei es zu verdanken, dass ZERO so erfolgreic­h geworden sei, sagt Mack.

Viele Mack-Skulpturen lassen sich auch heute noch in deutschen Städten besichtige­n: D e c ke nm o s a i ke in einer Einkaufspa­ssage der Königsalle­e in Düsseldorf, Wasserterr­assen am nordrhein- westfälisc­hen Landtag oder eine Stele im Skulpturen­park in Münster. Mack und sein ZERO-Kollege Piene wurden auch von der Düsseldorf­er Oper engagiert, für die sie begehbare Räume schufen. 1967 trennen sich die ZEROMitgli­eder. Heinz Mack arbeitet allein weiter. Er macht das Licht zum wichtigste­n Gestaltung­selement seiner Kunstwerke. Licht bricht sich in silbern schimmernd­en Reliefbild­ern aus Aluminium oder Glas.

Manche von ihnen werden durch Motoren angetriebe­n und v erw a n d el n d i e Wel t in gleißende, bewegliche Einheiten. Er baut "Schwarze Sonnen", "Lichtleite­rn" oder ein "Lichtkarus­sell", das die Spektralfa­rben im Raum zum Tanzen bringt. Macks Kunst ist radikal und lebensbeja­hend zugleich. Auch seine Stelen aus Glas, Stahl oder Messing, die er in Bonn zu einem Stelenwald gruppiert hat, setzen das Licht in Bewegung. Auf die Spitze treibt Mack seine Experiment­e Ende der 1960er Jahre - in seinem "Sahara-Projekt".

Die Wüste ist für den Künstler ein "Raum ohne Ende, wo jeder Versuch, sich einen Standort zu suchen, ausgeschlo­ssen ist", so Mack, der von der grenzenlos­en Weite der Sahara beeindruck­t ist. "In diesem unendlich großen Lichtraum eine Skulptur aufzustell­en, war sehr aufregend, und wenn man sich 500 Meter davon entfernte, war da nur noch eine Lichtersch­einung."

Mack macht die Sahara ab 1962/ 63 zu einem Skulpturen­park. Er formt für seinen "Jardin Artificiel" (künstliche­r Garten) gigantisch­e Sandrelief­s. Er baut Skulpturen aus Feuer, um die Wirkung des Sternenhim­mels zu intensivie­ren und verwendet Kuben, Spiegel, Flügelreli­efs, Segel, Fahnen und monumental­en Lichtstele­n. In dem Film "Tele-Mack" von 1968 sieht man ihn selbst in Silberfoli­en gehüllt durch die Wüste wandern.

Im Dezember 2008 wurde in Düsseldorf die ZERO Foundation mit dem Ziel gegründet, die

zentralen Themen und Aspekte von ZERO zu erhalten, zu erforschen und zu fördern - die ohne Heinz Mack nicht möglich gewesen wäre.

Mit erstaunlic­hem Elan betreibt er seit mehr als sechzig Jahren seine künstleris­che Erforschun­g des Lichts und des Materials. Höchst eigenständ­ig und unabhängig von den ständig wechselnde­n Moden des Kunstmarkt­es arbeitet Mack noch heute als Künstler - in seinem Atelier auf einem umgebauten Hof in Mönchengla­dbach.

 ??  ?? Heinz Mack vor seinen Grafiken "Ohne Namen 2010"
Heinz Mack vor seinen Grafiken "Ohne Namen 2010"
 ??  ?? Heinz Mack experiment­iert mit Silberfoli­en und baut reflektier­ende Skulpturen
Heinz Mack experiment­iert mit Silberfoli­en und baut reflektier­ende Skulpturen

Newspapers in German

Newspapers from Germany