Deutsche Welle (German edition)
"Den Menschen ein bisschen Glück und Unbeschwertheit geben"
Horst Eckert alias "Janosch" liebt seine Hängematte und die Sonne - und Kinder lieben seine Bücher. Im Rampenlicht steht der Autor und Illustrator ungern, gegenüber Medien ist er skeptisch. Heute wird er 90 Jahre alt.
Von sich selbst sagt er, er sei weder Deutscher noch Pole - und schon gar kein Oberschlesier. "Wer ich bin, hängt davon ab, wo ich bin", erklärt Janosch 2016 in Wojciech Królikowskis Dokumentarfilm "Mein Niemandsland". Nun lebt der Illustrator, Kinderbuchautor und Schriftsteller, der eigentlich Horst Eckert heißt, schon seit vielen Jahren auf Teneriffa - aber auch als Spanier fühlt er sich nicht. Die Kanareninsel wählte Janosch nach eigener Aussage vor allem wegen der Sonne und der im Vergleich zu Deutschland geringeren Bürokratie.
Nach Deutschland, genauer: nach Westdeutschland war der 1931 geborene Autor von über 300 Kinderbüchern mit seinen Eltern nach Ende des Zweiten Weltkriegs gekommen. Seine Kindheit im oberschlesischen Zabrze, das damals Hindenburg hieß, beschreibt Janosch als alles andere als idyllisch: ein Vater, der ständig betrunken war, und eine Mutter, die drohte, ihn umzubringen, sollte er einnässen - was dann auch jedes Mal passierte, wenn sie das Haus verließ.
Janoschs früheste Lebenserinnerungen prägten das Geräusch des sich in der Tür drehenden Schlüssels und die Angst, dass seine Mutter nie wieder zurückkehren würde. Wenn sie dann endlich nach Hause kam, habe sie erneut gedroht, ihn zu töten, wenn er nicht aufhören würde, zu weinen. "Sie war ein bisschen dumm. Was ist denn das für eine Logik? Wenn man weiter schlägt, wird es nur schlimmer", so Janosch im Film. Trotzdem habe die Mutter ihn geschlagen, bis er "nicht mehr Luft holen" konnte.
Manche seiner Erinnerungen, schränkt Janosch in Królikowskis Film ein, basierten tatsächlich auf Erzählungen seines Vaters, und der habe oft gelogen. Er selbst wisse nicht mehr so richtig, was in seinem Leben Wahrheit sei - und was Lüge. An der Beerdigung seiner Eltern hat er jedenfalls nicht teilgenommen. Als er in "Mein Niemandsland" gefragt wird, wie er sich nach der Nachricht vom Tod der Mutter fühlte, antwortet er: "Es tut mir leid, dass sie so ein schlechter Mensch war und leben musste".
In Zabrze wuchs Horst Eckert in einem typischen oberschlesischen Mehrfamilienhaus aus roten Ziegeln auf. Der Geruch von Knoblauch und Urin sei noch immer präsent, erzählt er im Film. Kaum in seinen Kindheitserinnerungen ist zu finden, was seine Kinderbücher ausstrahlen: Wärme, Unbekümmertheit, Freundschaft, Güte und
Vertrauen. Janosch ist 15 Jahre alt, als er 1946 mit seiner Familie Oberschlesien in Richtung Westen verlässt. Als er während der Fahrt in einem Viehwaggon an Typhus erkrankte, habe sein Vater versucht, ihn mit Selbstgebranntem zu "heilen", was er nur "knapp überlebte".
In einem Interview mit der polnischen Redaktion der Deutschen Welle erzählt Angela Bajorek, die Autorin der bisher einzigen Janosch-Biografie (deutscher Titel: "Wer fast nichts braucht, hat alles"), der Schriftsteller betone, dass er ohne seinen Geburtsort Zabrze nicht der wäre, der er heute ist. Die Autorin unterstreicht, dass "alle Arbeiten von Janosch auf seinen Kindheitserinnerungen in Oberschlesien beruhen". Bajorek ist wohl der einzige Mensch, den Janosch so nah an sich heranlässt, dass die Person hinter dem Künstler spürbar wird.
In Polen wurden Janoschs Kinderbücher erst nach dem Ende der kommunistischen Diktatur 1989/90 bekannt. Dabei erschien sein Kultroman "Cholonek" (deutsche Fassung: "Cholonek oder der Liebe Gott aus Lehm") bereits in den 1970er Jahren auf Polnisch und wurde seitdem immer wieder neu aufgelegt.
Eine Bühnenfassung wird heute auch im Korez-Theater in Katowice (Kattowitz), unweit von Janoschs Geburtsort, aufgeführt und erfreut sich seit über 16 Jahren großer Beliebtheit. Es handle von Menschen, die "zwischen Deutschland und Polen leben" und sei geschrieben worden "für Schlesier und Leute, die Schlesien nicht verstehen. Ein Stock im Ameisenhaufen schlesischer Komplexe, Nationalismen und des Unrechts gegen Polen und Deutsche", wie es in der Beschreibung des Stücks heißt.
Einige Monate nach der Premiere sah sich Janosch höchstpersönlich eine Aufführung in Katowice an. "Zuerst flüsterte ihm der Dolmetscher die Übersetzung ins Ohr, aber dann winkte Janosch ab und sagte, das sei nicht