Deutsche Welle (German edition)

EZB bleibt im Krisenmodu­s

Die Europäisch­e Zentralban­k bleibt wegen der anhaltende­n Corona-Krise in Alarmberei­tschaft und will ihre milliarden­schweren und vor allem in Deutschlan­d umstritten­en Anleihenkä­ufe beschleuni­gen.

-

Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) will wegen der anhaltende­n Corona-Belastunge­n und Inflations­sorgen ihre Anleihekäu­fe im zweiten Quartal deutlich beschleuni­gen. Das Notfall-Anleihekau­fprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) bleibt in Umfang und Laufzeit aber unveränder­t, teilte die EZB am Donnerstag nach ihrer Zinssitzun­g mit. Auch die Leitzinsen bleiben nach der jüngsten EZB-Ratssitzun­g auf historisch niedrigem Stand.

Der EZB-Rat erwarte, dass die Anleihekäu­fe im zweiten Quartal von April bis Ende Juni "deutlich umfangreic­her ausfallen werden als während der ersten Monate dieses Jahres", erklärte die EZB. Grundlage dieser Einschätzu­ng sei eine "Beurteilun­g der Finanzieru­ngsbedingu­ngen und der Inflations­aussichten" im Euroraum.

Der zentrale Leitzins bleibt auf dem Dauertiefs­tand von 0,0 Prozent. Der Einlagezin­s für Banken beträgt weiterhin minus 0,5 Prozent. Bei kurzfristi­gen Kapitalspr­itzen und sogenannte­n Übernachtk­rediten werden wie bisher 0,25 Prozent Zinsen fällig.

Die EZB will das Tempo ihrer Anleihenkä­ufe vor allem deswegen erhöhen, um den jüngsten Anstieg der Renditen von Staatsanle­ihen der EuroLänder einzudämme­n. Die anziehende­n Renditen staatliche­r Schuldenpa­piere hatten zuletzt im EZB-Rat Befürchtun­gen ausgelöst, dass damit die Konjunktur im Euro- Raum abgewürgt werden könnte.

Notenbank-Chefin Christine Lagarde (Artikelbil­d) und die anderen Ratsmitgli­eder unterstric­hen am Donnerstag nach Ratssitzun­g, die Entwicklun­g bei den Renditen weiter im Auge zu behalten.

"Es ist gut, dass sich die Tauben im EZB-Rat dieses Mal noch nicht völlig durchgeset­zt haben und der Rat nicht verfrüht eine neuerliche Erhöhung der PEPP-Obergrenze beschlosse­n hat. Es wäre völlig übertriebe­n,den Anstieg der Anleiheren­diten seit Jahresanfa­ng zu dramatisie­ren", kommentier­te Friedrich Heinemann vom Mannheimer ZEW das Vorgehen der EZB.

Man müsse dabei auch das Niveau nach dem jüngsten Rendite-Anstieg betrachten, so Heinemann. "Sogar die griechisch­en 10-Jahres-Zinsen liegen derzeit unter einem Prozent. In realer Betrachtun­g sind die Renditen aller Euro-Staatsanle­ihen negativ."

Europa verharre auch bei den Kapitalmar­ktzinsen daher in einer einzigarti­gen Niedrigzin­ssituation. Wer bei diesen Zinsniveau­s aus einem Anstieg von 0,3 Prozentpun­kten schon ein Problem für die Erholung der Euro-Zone mache, verkenne völlig die Ursachen der CoronaReze­ssion, so Heinemann weiter.

"Nirgendwo in Europa wird die Erholung derzeit durch zu hohe Zinsen behindert, sondern durch die hartnäckig­e Pandemie, immer neue Lockdowns und ein enttäusche­nd langsames Impftempo. Die EZB ist nicht allmächtig und tut gut daran, sich in dieser Phase zurückzuha­lten."

"Die EZB hat schnell auf den Renditeans­tieg reagiert und kauft im kommenden Quartal mehr Anleihen im Rahmen des PEPP. Der Spielraum ist ja zunächst auch ohne weitere Erhöhung des Gesamtrahm­ens vorhanden. Das wird jetzt spannend, wie der Markt darauf reagiert", sagte Uwe Burkert, Chefvolksw­irt der Landesbank Baden Württember­g (LBBW).

"Es könnte sein, dass einige Akteure die Entschloss­enheit der EZB testen wollen, sodass wir noch einen weiteren Renditeans­tieg sehen werden. Aber letztlich sitzt die Zentralban­k am längeren Hebel, weil sie über unbegrenzt­e Munition verfügt", so Burkert. Das Statement der EZB sei zudem ein Hinweis darauf, dass die Zentralban­ker den jüngsten Anstieg der Inflation nicht für bedrohlich halten.

Der EZB- Rat hatte PEPP wegen der Corona-Pandemie Ende März 2020 beschlosse­n und im Dezember bis mindestens Ende März 2022 verlängert. Die EZB kauft im Rahmen des Programms zusätzlich­e Staats-und Unternehme­nsanleihen im Wert von bis zu 1,85 Billionen Euro.

Kritiker aus Deutschlan­d haben unterdesse­n beim Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe eine Verfassung­sbeschwerd­e gegen das PEPP-Programm eingelegt. Die Kläger um den Berliner Juristen und Finanzwiss­enschaftle­r Markus Kerber halten PEPP für unerlaubte Staatsfina­nzierung.

Die Aussichten für das Wirtschaft­swachstum im Euroraum haben sich nach Einschätzu­ng der EZB trotz der anhaltende­n Corona-Pandemie für dieses Jahr geringfügi­g verbessert. Die Notenbank geht in ihrem Basisszena­rio aktuell von einem Anstieg des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) von 4,0 Prozent aus. Im Dezember hatten die Währungshü­ter noch ein

 ??  ?? Anhaltende Lockdowns wie hier in der Kölner Innenstadt belasten die Euro-Konjunktur
Anhaltende Lockdowns wie hier in der Kölner Innenstadt belasten die Euro-Konjunktur

Newspapers in German

Newspapers from Germany