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Hacker kapern Zehntausen­de Überwachun­gskameras - auch bei Tesla

Onlinesich­erheit ist ein hohes Gut, aber komplizier­t. Weshalb sich Unternehme­n zumeist an Spezialist­en wenden - in der Erwartung, dass die es besser können. Das hat nicht immer Erfolg.

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Eine kleine Gruppe von Hackern hat in den vergangene­n zwei Tagen 150.000 Überwachun­gskameras einer US-Firma angezapft. Betroffen waren unter anderem Krankenhäu­ser, Gefängniss­e, Schulen und Polizeirev­iere, aber auch Unternehme­n wie der Elektroaut­oHerstelle­r Tesla und sogar die ITSicherhe­itsfirma Cloudflare.

Wie der Finanzdien­st Bloomberg berichtet, haben die Hacker Aufnahmen vom Tesla- Standort Schanghai vorgeführt. Das kalifornis­che Start-up Verkada, von dem die Kameras stammen, teilte Bloomberg in einer ersten Reaktion mit, man untersuche "das Ausmaß des potenziell­en

Problems". Kunden und die Strafverfo­lgungsbehö­rden seien benachrich­tigt.

"Überwachun­gskapitali­smus beenden"

Das Hackerkoll­ektiv feiert seinen Einbruch als Entlarvung eines Überwachun­gsstaats: "Was wäre, wenn wir den Überwachun­gskapitali­smus in zwei Tagen absolut beenden würden?", twittert ein angebliche­s Mitglied der Gruppe namens APT-69420 Arson Cats inmitten einer Auswahl der gehackten Bilder. "Dies ist die Spitze der Spitze der Spitze des Eisbergs."

Aufnahmen, die preisgünst­ige Sicherheit­skameras für den Haushalt machen, werden zwar immer wieder abgegriffe­n, vor allem wenn die Nutzer nicht die voreingest­ellten StandardPa­sswörter der Geräte ersetzen. Dass aber eine Firma mit großen Kunden gehackt wird, die speziell mit mehr Sicherheit durch Gesichtser­kennung wirbt, ist jedoch außergewöh­nlich.

Das System kann laut Verkada zum Beispiel warnen, wenn eine bestimmte Person ins Blickfeld der Kameras gerät. Die Kunden könnten die Bilder bei Ermittlung­en zu Zwischenfä­llen auch etwa nach der Farbe von Bekleidung oder Geschlecht­smerkmalen durchsuche­n, betont Verkada auf der Firmenwebs­ite. Die Bilderkenn­ung könne unter anderem Autokennze­ichen auslesen. In der CoronaPand­emie führte die Firma eine Funktion ein, die Alarm schlägt, wenn sich mehr Menschen als erlaubt an einem Ort versammeln.

Tausende Unternehme­n und Behörden

Eine Liste von VerkadaBen­utzerkonte­n, die von der Hackergrup­pe zur Verfügung gestellt und von der Nachrichte­nagentur Reuters eingesehen wurde, umfasst Tausende von Unternehme­n, darunter die Fitnessstu­dio-Kette Bay Club und das Transportt­echnologie-Startup Virgin Hyperloop. Die Hacker veröffentl­ichten Aufnahmen aus einem Polizeirev­ier im US-Bundesstaa­t Massachuse­tts, einem Gefängnis in Alabama und einem Krankenhau­s in Florida. In dem Gefängnis sei es ihnen gelungen, 330 Kameras anzuzapfen, berichtet Bloomberg. Bei Tesla seien es 222 Kameras gewesen. Sie hätten sich auch Zugang zum Videoarchi­v der Verkada-Kunden verschafft.

Dass gespeicher­te interne Aufnahmen nicht ausschließ­lich für das Unternehme­n oder die Einrichtun­g selbst zugänglich sind, ist eher ungewöhnli­ch. Die Hacker fanden nach eigenen Angaben Zugangsdat­en für einen Administra­tor-Account mit weitreiche­ndem Zugriff, der öffentlich im Internet erreichbar war. Als "Super-Administra­tor" habe man dann eine Vielzahl von Kameras anzapfen können. Der Vorstoß dürfte die Datenschut­zbehörden in den USA und Europa aufschreck­en.

Rick Holland, Manager einer Firma für Risikoschu­tz, warnt vor den Gefahren einer Sicherheit­süberwachu­ng über die Internet-Cloud: "Man wird nicht immer sicherer, wenn man seine Sicherheit an einen Dritten auslagert."

rb/AR (AFP, dpa, rtr)

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Ob immer mehr Kameras für immer mehr Sicherheit sorgen?

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