Deutsche Welle (German edition)
Wie gut ist der Corona-Impfstoff von AstraZeneca?
Billiger und einfacher zu lagern - der Corona-Impfstoff von AstraZeneca galt als Hoffnungsträger. Doch längst gibt es Fragen zur Wirksamkeit, in Dänemark und Norwegen sogar ernste Bedenken. Sind die Zweifel berechtigt?
Die Leiterin der Oxfordforschungsgruppe Sarah Gilbert sagte zwar der BBC, dass der Impfstoff immer noch vor schweren Erkrankungen schützen sollte. Gleichzeitig sagte sie aber, dass die Entwickler an einem modifizierten Impfstoff arbeiteten, um die südafrikanische Variante zu bekämpfen. Dies dauere wahrscheinlich bis zum Herbst.
Der Impfstoff von AstraZeneca bietet auch gegen Virusvarianten einen gewissen Schutz. Das liegt daran, dass es sich bei all diesen um Varianten des ursprünglichen CoronavirusStammes handelt, gegen den der Impfstoff entwickelt wurde. Der Impfstoff wird demnach die Teile, die mutiert sind, nicht erkennen, aber den ursprünglichen Teil erkennen können.
Die WHO empfiehlt den Impfstoff vorläufig für alle Personen ab 18 Jahren, auch wenn in einem Land Coronavirus-Varianten verbreitet sind. Weiter empfiehlt sie den Impfstoff gerade für Menschen mit Vorerkrankungen, die das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs erhöhen, darunter Adipositas, Herz- Kreislauf- Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Diabetes. Für Menschen, die mit HIV und Autoimmunerkrankungen leben oder immungeschwächt sind, seien weitere Studien erforderlich. Wenn jemand aber zu einer Gruppe gehöre, denen die Impfung allgemein empfohlen werde, könnte die Person nach einer Beratung ebenfalls mit dem Impfstoff geimpft werden.
Bisher gibt es nur wenige Daten darüber, ob der Impfstoff während der Schwangerschaft sicher ist. Wenn der Nutzen der Impfung einer Schwangeren allerdings die möglichen Risiken überwiegt, sei eine Impfung möglich. Menschen mit einer Vorgeschichte von schweren allergischen Reaktionen auf eine Komponente des Impfstoffs sollten diesen nicht einnehmen. Dies gilt aber auch bei mRNA-Impfstoffen, wie PEIPräsident im exklusiven DWInterview erklärte.
Menschen bis zu einem Alter von 64 Jahren empfohlen worden.
Die erwähnte Studie aus Schottland zeigt, dass schon nach der ersten Dosis des AstraZeneca-Impfstoffes das Risiko, wegen Covid-19 ins Krankenhaus zu müssen, deutlich zurück geht. Bei den über 80-Jährigen war es in der vierten Woche nach der Erstimpfung ein Rückgang um durchschnittlich 81 Prozent. Demnach würde der Impfstoff also signifikant helfen, schwere Verläufe auch bei älteren Menschen zu verhindern.
Die WHO und die die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) empfehlen den Impfstoff für alle Menschen ab 18 Jahren. Dies basiere auch auf Erfahrungen mit anderen Impfstoffen. etwa 44 Prozent zu einer häufigen Nebenwirkung. Erhöhte Temperatur trat bei etwa jedem dritten Geimpften auf, Fieber bei knapp acht Prozent. Studien zufolge treten Schüttelfrost bei jedem dritten, Übelkeit bei jedem fünften Geimpften auf.
Die meisten Nebenwirkungen seien leichter und mittelschwerere Ausprägung und würden innerhalb weniger Tage nach der Impfung verschwinden. Nach der zweiten Dosis seien die gemeldeten Nebenwirkungen milder und weniger häufig. Bei Menschen über 65 Jahren sollen die Nebenwirkungen allgemein milder und seltener sein.
Zum Vergleich: Bei den Impfstoffen von BioNTech und Pfizer sowie Moderna treten laut RKI Schmerzen an der Einstichstelle bei über 80 Prozent der Geimpften auf. Abgeschlagenheit (BioNTech/Pfizer: 47 Prozent, Moderna: 65 Prozent) und Kopfschmerzen (BioNTech/ Pfizer: 42 Prozent, Moderna: 59 Prozent) sind auch keine Seltenheit. Deutlich seltener als bei der Impfung mit AstraZeneca kommt es bei den Impfungen zu Fieber als Nebenwirkung (BioNTech/Pfizer: vier Prozent, Moderna: 0,8 Prozent).
Aktuell läuft eine Untersuchung der Aufgrund der Europäischen ArzneimittelAgentur (EMA) zu einem in Dänemark gemeldeten Verdachts auf Nebenwirkungen des AstraZeneca-Impfstoffs. Dabei geht es um die Bildung von Blutgerinnseln. Ein Ergebnis der Untersuchung steht noch aus. ob das AstraZeneca-Präparat tatsächlich nur eine geringe Wirkung gegen die südafrikanische Mutation habe, sagte Drosten. Er sieht das Problem des in manchen Regionen gesunkenen Vertrauens in den AstraZenecaImpfstoff eher in der Kommunikation: Die Universität Oxford, die den Impfstoff gemeinsam mit dem britisch-schwedischen Konzern mitentwickelt hat, habe zu früh Daten veröffentlicht, die zu Missverständnissen geführt hätten.
Der Vorsitzende des Weltärztebundes hält dagegen: Frank Ulrich Montgomery sagte, dass sich die Probleme mit AstraZeneca sich nicht "wegdiskutieren" ließen. In der "Rheinischen Post" sprach er sich wegen der geringeren Wirksamkeit gegen eine AstrazenecaImpfung bei medizinischem Personal aus. Zweifel äußerte auch der Infektiologe Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg gegenüber dem ZDF mit Blick auf die Wirkung des Impfstoffs bei Senioren: "Da in den Studien aus Großbritannien und Brasilien nur wenige Patienten - etwa zwölf Prozent - über 55 Jahren eingeschlossen worden sind, ist die Wirksamkeit bei Älteren bisher nicht gut beurteilbar." In diese Kerbe hieb auch John Skerrit von der australischen Regulierungsbehörde für Medikamente: Sehr betagten Personen sollte der Impfstoff besser nicht verabreicht werden, so Skerrit. In einem Report der Behörde wurden "bedeutende Zweifel" an den Daten der klinischen Tests von AstraZeneca geäußert. mittlerweile gelöschten Tweet der belgischen Staatssekretärin Eva De Bleeker wurden angebliche europäische Preise für eine Dosis veröffentlicht: 15 Euro für Moderna, 12 Euro für Pfizer/ BioNTech und 1,78 Euro für AstraZeneca. Nach Angaben von AstraZeneca mache die einfache Lieferkette und ein Versprechen, keinen Gewinn zu machen, den Preis der Impfung günstiger. AstraZeneca und BioNTech/Pfizer trafen beide Vereinbarungen mit COVAX, einer globalen Initiative, die darauf abzielt, kostengünstige Impfstoffe an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu verteilen. COVAX wird von Gavi, der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) und der WHO betrieben.
Der Impfstoff mit der Bezeichnung AZD1222 wurde von einem Team der Oxford University und dem britisch-schwedischen Arzneimittelkonzern AstraZeneca entwickelt. Zu dem Forschungsteam gehören Wissenschaftler des Jenner-Instituts und der Oxford Vaccine Group.
Bei dem Impfstoff handelt es sich um einen sogenannten Vektorimpfstoff. Dieser basiert nach Angaben des deutschen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) auf Erkältungsviren von Schimpansen, die für den Menschen harmlos sind. Die sogenannten Erkältungsviren aus der Familie der Adenoviren wurden so modifiziert, dass sie das Gen mit dem Bauplan für die Herstellung eines optimierten Oberflächenproteins des Coronavirus (SARSCoV-2-Spikeproteins) enthalten.
Nach der Impfung gelangt das Impfvirus in einige wenige menschliche Körperzellen. Die Zellen verwenden das Gen zur Herstellung des Spikeproteins. Das Immunsystem erkennt dieses dann als fremd an und bildet als Reaktion des Immunsystems Antikörper und T-Zellen, die im Idealfall vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 schützen.
Folge bleibt der AstraZenecaImpfstoff in manchen Regionen in den Kühlregalen liegen, weil sich Menschen nicht mit diesem Mittel impfen lassen wollen.
Gut sichtbar werden diese Zweifel am Beispiel der Berliner Polizei. Wie die "Berliner Zeitung" berichtet, tauschten sich Polizisten kritisch in internen Chats über ihre Bedenken zum Impfstoff aus, den sie nach Plänen von Berlins Innensenator Andreas Geisel und der Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik nun vorgezogen erhalten sollen. AstraZeneca sei ein "zweitklassiger Impfstoff", sagte Jörn Badendick, Sprecher der Polizeigewerkschaft "Unabhängige in der Polizei e.V." und verwies auf die geringere Wirksamkeit des Impfstoffes gegenüber dem von BioNtech/Pfizer. "An der Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen darf nicht gespart werden." Zudem gebe es keine Langzeitstudien zu der Vakzine - was allerdings auch auf andere zugelassenen Impfstoffe zutrifft.
AstraZeneca hatte Ende Januar angekündigt, zunächst nur 31 Millionen Dosen und nicht die erwarteten 80 Millionen Impfdosen im ersten Quartal für die 27 EU-Staaten zu liefern. Geschäftsführer Pascal Soriot hatte die Verzögerungen damit erklärt, dass in Werken in Belgien und den Niederlanden der Ertrag in den "Braubehältern" nicht so groß sei wie ursprünglich angenommen. Das werde jetzt nachjustiert, brauche aber eben Zeit. Den Vorwurf von EUVertretern, AstraZeneca beliefere das Vereinigte Königreich bevorzugt und ohne Unterbrechungen, wies das Unternehmen zurück.
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Am 31. Januar schrieb EUKommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter, dass AstraZeneca im ersten Quartal doch neun Millionen zusätzliche Dosen, also insgesamt 40 Millionen ausliefern werde. Zudem würden die Lieferungen eine Woche früher als geplant beginnen. Dennoch ist das nur die Hälfte der ursprünglich geplanten Lieferung von 80 Millionen Impfdosen.
Am 24. Februar meldeten Medien mit Verweis auf einen Insider, dass AstraZeneca erneut vorLieferproblemen stehe: Demnach erhalte die EU im zweiten Quartal möglicherweise nur 90 statt der zugesagten 180 Millionen Dosen.
Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert, zuletzt am 11. März 2021.