Deutsche Welle (German edition)
Post-Pandemie: Wenn wir uns wieder umarmen…
Corona hat uns gelehrt, Distanz zu wahren und uns trotzdem nah zu sein. Händeschütteln oder Free Hugs gibt's längst nicht mehr. Doch ohne Berührungen geht es eben auch nicht - das zeigen auch frühere Pandemien.
Abstandhalten zeugt von Empathie und Respekt allen anderen gegenüber. So schätzen und schützen wir gerade sowohl Fremde als auch Freunde, Familie und uns selbst.
Dennoch fühlt es sich falsch an, die Straßenseite zu wechseln, wenn wir anderen begegnen, wir jeglichen Kontakten ausweichen. Freunde und Familie nicht in den Arm zu nehmen – zu Feierlichkeiten, nach langem Wiedersehen oder einfach nur so.
Es schaudert uns sogar, wenn wir Menschenaufläufe in Filmen sehen, und doch sehnen wir uns nach Nähe.
Wie sehr uns diese soziale Abstinenz mitnimmt, zeigen zahlreiche Studien. Auch das sind Auswirkungen der Coronapandemie. SARS-CoV-2 ist ein winziges Virus, das nicht nur unserem Immunsystem zu schaffen macht, sondern eine immense Auswirkung auf alle erdenklichen Ebenen hat, nicht zuletzt der psychologischen.
Die Pandemie gleicht einer endlosen Autofahrt, mit dem ein oder anderen unerwarteten Stau, bei der wir uns fragen: "Wie lange noch? Wann sind wir endlich da?".
Am Ende erwarten wir Erleichterung, die wohlverdiente Erholung nach einer äußerst zehrenden Zeit. Wir erwarten die Rückkehr zur guten alten Normalität – ohne Masken, ohne Abstand.
Doch werden wir diese Normalität überhaupt jemals zurückbekommen? Mit dieser Frage beschäftigt sich auch Steven Taylor, Professor an der University of British Columbia in Vancouver (Kanada) und Autor von "Psychology of Pandemics: Preparing for the Next Global Outbreak of Infectious Disease". Gegenüber der DW sagt Taylor: "Vielen Menschen fällt es schwer, sich eine solche Rückkehr zur Normalität vorzustellen, was auf einem kognitiven Bias (Denkmuster) zurückzuführen ist".
Anchoring Bias oder AnkerEffekt bedeutet, dass wir uns an den ersten Teil einer Information klammern, und anschließende Handlungen – etwa Einschätzungen, Argumente, Schlussfolgerungen – danach ausrichten.
"Heute, im Jahr 2021, haben wir Schwierigkeiten, uns eine Zukunft vorzustellen, in der wir Hände schütteln, uns umarmen