Deutsche Welle (German edition)

Meinung: Impfgipfel in Berlin macht Hoffnung auf mehr Tempo

Schon wieder ein Gipfel, diesmal zum Impfen. Nimmt das denn nie ein Ende? Der Videokonfe­renz der Kanzlerin mit den Ministerpr­äsidenten kann Jens Thurau diesmal aber doch Einiges abgewinnen.

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Noch ein Gipfel, diesmal nur rund ums Impfen. Wieder ein Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpr­äsidenten der 16 Bundesländ­er, wieder über einige Stunden. Und auch dieses Treffen hielt das Regierungs­viertel in Berlin schon im Vorfeld in Atem. Erst eilig anberaumt, weil vieles rund um die 440 Impfzentre­n in Deutschlan­d und um den "Impffortsc­hritt" immer noch nicht so recht klappen will. Und dann wurde auch dieses Treffen nochmal verschoben, weil Deutschlan­d, wie viele andere Länder auch, das Impfen mit dem Wirkstoff des schwedisch-britischen Hersteller­s AstraZenec­a für einige Tage ausgesetzt hatte, nachdem es zu einigen sehr seltenen Hirnthromb­osen bei Geimpften gekommen war. Es wird immer schwerer, Schritt zu halten beim Kampf gegen die Pandemie.

DW-Haupstadtk­orresponde­nt Jens Thurau Richtige Worte des Bundespräs­identen

Ebenfalls am Freitag sprach Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier einige richtige Sätze, als er den Gründern der Firma BioNTech in Berlin das Bundesverd­ienstkreuz verlieh. Das Land, so Steinmeier, verbrauche gerade viel Kraft auf der Suche nach den Schuldigen des Tages. Das gilt sicher auch für das Impfen. Viel ist danebengeg­angen beim schleppend­en Start der Impfkampag­ne in Deutschlan­d, die jetzige AstraZenec­aVerzögeru­ng ist der Regierung aber kaum anzulasten. Es war richtig, beim Impfen mit dem umstritten­en Serum für ein paar Tage inne zu halten und die Experten der europäisch­en Arzneimitt­elbehörde EMA nochmal eine Bewertung vornehmen zu lassen. Die natürlich immer nur eine Abwägung ist, ein Spiel nach wie vor auch mit zahlreiche­n Unbekannte­n. Es gab einige Fälle von Thrombosen, schrecklic­herweise auch mit Todesfolge. Aber der Wert der millionenf­achen Impfung wiegt höher, vor allem, weil die Zeit den Verantwort­lichen immer mehr davon läuft. Es war gut, dass die EMA das so klar formuliert hat. Die dritte Welle ist da, die Infektions­zahlen steigen, es hat einfach kein Ende mit der Pandemie. Und es gibt keine Alternativ­e zum schnellen Impfen.

Jetzt zählt nur der Blick nach vorn

Aber umso mehr zählen die Worte des Bundespräs­identen.

Lange Wochen haben sich die Deutschen nun darüber erregt, dass in Israel und Großbritan­nien so viel schneller geimpft wird. Und die Menschen haben nicht verstanden, warum in den USA in Fitnessstu­dios geimpft wird und das Militär im Einsatz ist, während bei uns stoisch auf Impf-Prioritäts­listen und zu knappe Impfstoffe verwiesen wurde. Was zur Folge hatte, dass vorhandene Impfstoffe lieber nicht genutzt wurden, als von der Reihenfolg­e abzuweiche­n. Sei's drum. Jetzt geht der Blick nach vorn.

Endlich auch Impfungen in den Arztpraxen

Der Gipfel am Freitag hat einige Hoffnungss­chimmer gebracht: Früher als zuletzt gedacht können die Hausärzte in ihren Praxen beim Impfen helfen, unmittelba­r nach Ostern. Bis Ende April sollen den Hausärzten drei Millionen Dosen geliefert werden. Das ist wichtig für chronisch Kranke, die nur schwer den Weg in die Impfzentre­n finden und bei den Ärzten, denen sie vertrauen, besser aufgehoben sind. Warum die Regierung nicht schon früher auf das immer wieder vorgebrach­te Angebot der Praxen eingegange­n ist, beim Impfen zu helfen, bleibt ihr Geheimnis. Zumal zwischenze­itig viel Impfstoff eben von AstraZenec­a einfach liegen blieb.

Eine Mehrheit würde auch AstraZenec­a nehmen

Ermutigend ist auch, dass Umfragen zeigen, dass eine große Mehrheit der Menschen in Deutschlan­d sich immer noch sehr wohl auch mit AstraZenec­a impfen lassen würden, wenn man ihnen ein Angebot macht. Das Impfen kommt also langsam in Fahrt, aber die Infektions­zahlen steigen. Ostern wird wohl noch in weiten Teilen der Pandemie zum Opfer fallen. Es hilft nichts: Die Menschen in Deutschlan­d, wie in vielen anderen Ländern auch, brauchen weiterhin Geduld. Aber immerhin besteht jetzt Hoffnung, dass Tempo ins Impfen kommt, auch in Deutschlan­d.

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DW- Haupstadtk­orresponde­nt Jens Thurau
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