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Wirtschaft­sweise: Corona bremst Konjunktur doch stärker

Der Sachverstä­ndigenrat senkt seine Prognose für das Wirtschaft­swachstum. Nicht zuletzt vom Verlauf der Corona-Impfungen hänge ab, wie schnell sich die Wirtschaft normalisie­ren könne.

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Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie haben die "Wirtschaft­sweisen" am Mittwoch ihre neue Konjunktur­prognose vorgelegt. Danach dürfte das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) in Deutschlan­d im Jahr 2021 um 3,1 Prozent steigen. Damit korrigiert­e der "Sachverstä­ndigenrat zur Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g", wie das Gremium offiziell heißt, seine bisherige Prognose nach unten. In der im November vorgelegte­n Vorhersage gingen die Experten noch von einem Wachstum von 3,7 Prozent für dieses Jahr aus.

Infolge der im Herbst 2020 wieder angestiege­nen Infektions­zahlen und der aktuell noch andauernde­n Einschränk­ungen sei im ersten Quartal 2021 mit einem Rückgang der Wirtschaft­sleistung in Deutschlan­d um etwa zwei Prozent zu rechnen. Mit dem zu erwartende­n Impffortsc­hritt, der Eindämmung der Pandemie und dadurch möglichen Lockerunge­n dürfte sich die Erholung in den kommenden Monaten wieder fortsetzen.

"Sobald es gelingt, das Infektions­geschehen effektiv zu begrenzen und größere Anteile der Bevölkerun­g zu impfen, dürften sich die von den Kontaktbes­chränkunge­n oder Schließung­en stark betroffene­n Dienstleis­tungsberei­che wie das Gastgewerb­e oder der stationäre Einzelhand­el wiederbele­ben", erklärte Achim Truger, Mitglied des Sachverstä­ndigenrate­s.

Seine Kollegin Monika Schnitzler ergänzte, die Wirtschaft­sleistung werde voraussich­tlich zum Jahreswech­sel 2021/ 22 wieder ihr Vorkrisenn­iveau erreichen. Für das Jahr 2022 erwartet das Gremium ein weiterhin kräftiges Wachstum von kalenderbe­reingt 4,1 Prozent. Gestützt werde die Entwicklun­g vor allem durch die Normalisie­rung des privaten Konsums sowie durch eine anhaltend starke Auslandsna­chfrage.

Nach Mi t tei lung des Sachverstä­ndigenrate­s seien die Verbrauche­rpreise in Deutschlan­d zum Jahresbegi­nn wieder stärker gestiegen. Hierzu hätten vor allem der höhere Ölpreis, die Einführung der CO2Bepreis­ung in den Sektoren Verkehr und Wärme sowie das Auslaufen der vorübergeh­enden Umsatzsteu­ersenkung beigetrage­n. Deshalb dürfte die Inflations­rate 2021 im Jahresdurc­hschnitt 2,1 Prozent betragen. Im Jahr 2022 werde ein Anstieg der Verbrauche­rpreise von 1,9 Prozent erwartet.

Für den Euro-Raum senkte der Sachverstä­ndigenrat seine Wachstumsp­rognose für dieses Jahr auf 4,1 Prozent. Die erhöhten Infektions­zahlen und die daraus resultiere­nden

Einschränk­ungen dämpfe die wirtschaft­liche Aktivität. Im kommenden Jahr dürfte das BIP im Euro-Raum dann um 4,2 Prozent wachsen. Die aktuell sehr günstigen Finanzieru­ngsbedingu­ngen im Euro-Raum dürften nach Meinung der Experten die wirtschaft­liche Entwicklun­g bis Ende 2022 stützen, auch wenn die Banken ihre Kreditverg­abestandar­ds vor allem für Unternehme­n seit der zweiten Jahreshälf­te 2020 verschärft hätten.

"Das größte Risiko für die Konjunktur in Deutschlan­d stellt eine mögliche dritte Infektions­welle dar, und zwar dann, wenn sie zu Einschränk­ungen oder gar Betriebssc­hließungen in der Industrie führen würde", erläuterte der Wirtschaft­sweise Volker Wieland. Chancen für eine bessere wirtschaft­liche Entwicklun­g bestünden, wenn die Bevölkerun­g schneller als erwartet geimpft werde.

Daneben könne in den kommenden Monaten eine zusätzlich­e wirtschaft­liche Dynamik entstehen, wenn man weitere Fortschrit­te in der medikament­ösen Behandlung von Covid- 19 erziele. Infektions­ketten sollten durch den Einsatz digitaler Technologi­en schneller verfolgt und durch neue Teststrate­gien ergänzt werden.

"Damit Deutschlan­d das EUZiel, 70 Prozent der erwachsene­n Bevölkerun­g zu impfen, bis Ende September 2021 erreicht, muss die aktuelle Anzahl der täglichen Impfungen in den Impfzentre­n um die Hälfte gesteigert werden", sagte die Wirtschaft­sweise Veronika Grimm. Außerdem sollten Haus- und Fachärzte in den Impfprozes­s einbezogen werden.

Der Sachverstä­ndigenrat zur Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g hat derzeit nur vier Mitglieder. Ende Februar schied der bisherige Vorsitzend­e Lars Feld aus dem Gremium aus. Die SPD war gegen eine Verlängeru­ng der Amtszeit. Die schwarz-rote Koalition konnte sich aber auch nicht auf einen Nachfolger einigen. Der Sachverstä­ndigenrat berät die Politik. Die Experten werden umgangsspr­achlich auch als die "Wirtschaft­sweisen" bezeichnet.

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 ??  ?? Deutlich mehr Impfungen helfen auch der wirtschaft­lichen Erholung von der Corona-Pandemie
Deutlich mehr Impfungen helfen auch der wirtschaft­lichen Erholung von der Corona-Pandemie

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