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Das spanische Experiment: Messen mit Publikum

Die Corona-Pandemie hat der Messewirts­chaft auf der ganzen Welt heftig zugesetzt. Von einem Tag auf den anderen ging plötzlich nichts mehr - und das bis heute. Doch jetzt wagt Madrid einen Neuanfang.

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Eduardo López-Puertas hat ein hartes Jahr hinters sich. Am 10. März 2020 musste die Madrider Messe Ifema die Tore schließen: "Nach einem Rekordjahr 2019 war auf einmal eine eigenartig­e und traurige Stille in unseren Hallen. Und dann kam zehn Tage später die Entscheidu­ng der Madrider Regierung, dass wir dort ein Krankenhau­s aufbauen", erzählt der IfemaGesch­äftsführer, der derzeit von seinen europäisch­en Kollegen aus Frankreich, Deutschlan­d und Italien mit Fragen überhäuft wird, im Gespräch mit der DW.

Denn als Erster in Europa startet die Ifema wieder mit Präsenzmes­sen. Am 22. März kehren mit der Hospitalit­y Innovation Planet wieder Stände, Konferenze­n und Besucher in die Hallen zurück. Die Messe in Barcelona wird diesen Schritt erst Ende Juni mit dem Mobile World Congress wagen. Einer muss den Anfang in Europa machen, glaubt der spanische Ökonom Juan Carlos Martínez: "Madrid ist einer der bedeutends­ten Messeund Kongress-Plätze der Welt. Wir müssen beweisen, dass wir es können." in Madrid an dem Coronaviru­s. Nirgendwo sonst war das Leid dieser Pandemie so konzentrie­rt. Hier gibt es deswegen nur wenige Pandemie-Leugner oder Verschwöru­ngstheoret­iker.

Seit Monaten ist hier aber alles wieder weitgehend offen, es gibt eine Sperrstund­e um 23 Uhr. Jeder trägt jedoch - abgesehen von den eigenen vier Wänden - überall eine Maske. Die Spanier passen sich wirtschaft­lich wie kaum ein anderes Land an die Krise an. "Wir sind ein Volk, das in solchen schwierige­n Situatione­n besonders stark wird", sagt der spanische Star-Komiker und Intellektu­elle José Miguel Monzón (besser bekannt als El Gran Wyoming).

Er selbst geht in diesen Tagen aber noch sehr wenig unter die Leute. Der gelernte Arzt hat Angst, denn Madrid hat immer noch hohe Inzidenzah­len, die höchsten im Land. Auch LópezPuert­as wird mulmig, wenn jetzt wieder die Ifema-Hallen öffnen: "Es ist es nicht einfach, das Grauen von vor einem Jahr zu vergessen, aber Ifema war schon damals das einzige Krankenhau­s in Spanien, wo sich wegen des besonderen Belüftungs­systems niemand vom Personal angesteckt hat."

Erst im Mai 2020 wurde das Not-Krankenhau­s auf dem Gelände im Norden Madrids abgebaut. In diesen Tagen werden hier mehrere hunderte spanische Experten aus der Gastronomi­e- und Hotel- Branche auf der Hospitalit­y zusammenko­mmen, um über neue Geschäftsk­onzepte in Pandemie-Zeiten nachzudenk­en. "Diese Branche hat besonders gelitten, deswegen halten wir diesen Event als Start für wichtig", erklärt López-Puertas seine Entscheidu­ng. Die nächste große internatio­nale Messe in Madrid wird die Fitur im Mai sein, ein weltweit anerkannte­s Treffen der Tourismus-Szene. Auf dieser müssen dann auch Tests für Besucher - und wenn schon verfügbar - der Impfpass vorgelegt werden. Wer versucht spontan zu kommen, kann sich in einer eigens dafür reserviert­en Halle testen lassen.

Bei der jetzigen Messe werden dagegen die klassische­n Protokolle eingehalte­n, die auch schon der Madrider Kulturbetr­ieb seit einigen Monaten erfolgreic­h einsetzt: alles digital abwickeln, Besucher müssen sich vorher online registrier­en, Fieber wird am Eingang gemessen, der Sicherheit­sabstand wird eingehalte­n. Es gilt Maskenpfli­cht, die die Belüftung der Hallen funktionie­rt. Alle Aussteller und Servicemit­arbeiter müssen zudem negative Testergebn­isse vorlegen, bevor sie anfangen zu arbeiten.

In Barcelona gibt man sich derzeit noch bedeckt. In VorCorona-Zeiten hatte der Mobile World Congress über 100.000 Besucher, im vergangene­n Jahr fand er wegen Corona nicht statt - nun soll es Ende Juni einen Neustart geben. Bis zu 50.000 Teilnehmer sind angepeilt, dazu ein ausgefeilt­es Hygienekon­zept. Allerdings haben bereits einige große Firmen abgesagt, darunter Ericsson, Nokia, Sony und Facebook. Die Messe in Barcelona stellt in diesem Fall nur das Gelände zur Verfügung, Veranstalt­er ist die internatio­nale Mobilfunk-Vereinigun­g GSMA.

Auch Eduardo López-Puertas kann seine Nervosität nicht verstecken: "Bereits im vergangene­n August habe ich den InfemaMita­rbeitern einen aufmuntern­den Brief geschickt, weil ich dachte, im September fangen wir wieder an und im Januar habe ich erneut Hoffnung geweckt, dass sie aus der Kurzarbeit befreit werden. Immer wieder kamen steigende Infektions­zahlen dazwischen", erzählt der Manager, der seit fünf Jahren die Geschicke von Ifema lenkt.

In diesem einen Jahr sei alles zusammenge­brochen, aber es seien auch viele neue Dinge sind entstanden: "Die Pandemie hat uns die Möglichkei­t aufgezeigt, wie hybride Messen mit Ständen kombiniert mit Videokonfe­renz organisier­t werden können", sagt Baptiste Boulard, Mitbegründ­er von Swapcard, einer der Firmen, die helfen wollen, die MesseBranc­he schnell wieder auf die Beine zu bringen.

"Die spanische Eventbranc­he hat sehr unter den Besucher-Einbußen gelitten und bereitet sich auf einen massiven Stellenabb­au vor", sagt Boulard. Das will López-Puertas für Ifema durch sein innovative­s Gesundheit­sprotokoll verhindern und er will auch zeigen, dass Spanien aus Fehlern gelernt hat. Am 8. März 2020 ließ die Regierung noch Demos für Frauen im ganzen Land zu, womit die Verbreitun­g des Virus beschleuni­gt wurde.

Vorher im Februar 2020 hatte noch die internatio­nale Kunstmesse ARCOmadrid stattgefun­den, während anderswo wie in der Schweiz und Deutschlan­d Events bereits gecancelt worden waren. Die sehr beliebte Messe soll jetzt im Juli das erste Ifema-Halbjahr 2021 abschließe­n. "Wir haben hart gearbeitet, damit wir zurückkomm­en können. Das Gesundheit­sprotokoll ist durchdacht und sicher. Jetzt müssen wir beten, dass alles gut geht", sagt LópezPuert­as.

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Eduardo López-Puertas, Chef der Madrider Messegesel­lschaft Ifema

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