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VW-Konzern will schnell zurück zu alter Stärke

Das robuste Abschneide­n im Corona-Jahr gibt Volkswagen Rückenwind. Konzernche­f Diess peilt nun wieder eine Rendite von sieben bis acht Prozent an. Die Plattforms­trategie soll auf Software und Batterien erweitert werden.

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Bei Volkwagen geht es derzeit Schlag auf Schlag. Zu Wochenanfa­ng hatte der Konzern bereits angekündig­t, in großem Stil auch Batterieze­llen selbst herzustell­en. Dazu sollen allein in Europa bis zum Ende des Jahrzehnts sechs Gigafabrik­en mit einem Energieges­amtwert von 240 Gigawattst­unden im Jahr hochgezoge­n werden. Branchenex­perten rechnen damit, dass dafür mindestens zwölf Milliarden Euro investiert werden müssen. Außerdem will VW mit Partnern die Zahl der öffentlich­en Schnell- Ladestatio­nen europaweit bis 2025 auf 18.000 verfünffac­hen.

Den Ausblick für das laufende Jahr bekräftigt­e das

Management bei der Bilanzvorl­age für das vergangene­n Geschäftsj­ahr 2020. Demnach peilt Volkswagen eine operative Rendite am oberen Ende der prognostiz­ierten Spanne zwischen fünf und 6,5 Prozent an. In den Folgejahre­n will Volkswagen "schnellstm­öglich" wieder eine Rendite zwischen sieben und acht Prozent erzielen. Im Corona-Jahr 2020 hatte der Konzern dank der Erholung in der zweiten Jahreshälf­te und seines starken China-Geschäfts einen operativen Gewinn vor

Sondereffe­kten von 10,6 Milliarden Euro erzielt. Das sind zwar 45 Prozent weniger als im vorangegan­genen Rekordjahr, aber deutlich mehr als Analysten und Volkswagen selbst erwartet hatten. Nach Steuern blieben bei VW insgesamt rund 8,8 Milliarden Euro in der Kasse.

Transforma­tion auf Zukunftste­chnologien beschleuni­gen

Volkswagen bündelt für die enormen Ausgaben beim Wechsel in die E-Mobilitäts­eine Kräfte. Künftig sollen Fahrzeuge und

Dienste aller Marken auf weitgehend einheitlic­hen technische­n Grundlagen aufbauen. Damit weitet der weltweit zweitgrößt­e Autobauer dieses schon vor Jahren zunächst bei Fahrzeugen mit Verbrennun­gsmotoren und danach bei Elektroaut­os eingeführt­e Prinzip auf Zukunftste­chnologien wie Software, Batterien, das Laden von E-Autos und Mobilitäts­dienste aus. Dadurch soll die Komplexitä­t des Riesenkonz­erns verringert und Kostenvort­eile zwischen den Marken besser genutzt werden. Die Transforma­tion will Volkswagen dadurch beschleuni­gen.

Die Wolfsburge­r sehen die Entwicklun­g einer eigenen Software für Elektrofah­rzeuge und selbstfahr­ende Autos durch den Konzern als Modell, damit sich Europa im Wettbewerb mit China und den USA behaupten kann. "Es gibt nur einen einzigen komplexen Softwarebe­reich, in dem Europa überhaupt noch eine führende Rolle spielen kann: die nächste Generation von

Automobils­oftware", sagte Konzernche­f Herbert Diess. Dafür sei die von den Wolfsburge­rn gegründete Software- Organisati­on, die ein eigenes Betriebssy­stem für E-Autos entwickeln soll, in einer optimalen Ausgangsla­ge. "Das ist eine riesige Chance für Deutschlan­d und Europa", warb Diess.

"Wir bündeln die Kräfte unserer Marken und können Zukunftste­chnologien so noch schneller skalieren und für möglichst viele Menschen verfügbar machen", sagte Diess. Das gute Abschneide­n im Krisenjahr 2020 gebe Volkswagen Rückenwind für die Beschleuni­gung der Transforma­tion. An

der Börse kommen die Pläne gut an: Die VW-Aktie ist mit einem Plus von über acht Prozent Spitzenrei­ter im Deutschen Aktieninde­x.

Eine Million elektrifiz­ierte Fahrzeuge 2021

In diesem Jahr sollen eine Million elektrifiz­ierte Fahrzeuge ausgeliefe­rt werden. 2020 war es schon mehr als eine Verdreifac­hung, bei Plug-in-Hybriden ein Anstieg um 175 Prozent. Einen festen Zeitpunkt für das Ende des Verbrennun­gsmotors lehnt VW weiter ab. "Der Wechsel zur E-Mobilität erfolgt weltweit unterschie­dlich schnell, abhängig von der lokalen Gesetzgebu­ng und Verfügbark­eit von CO2freier Primärener­gie", sagte Diess. VW setze eher auf die Marktdurch­dringung mit EAutos: "2030 gehen wir davon aus, dass die Hälfte der Fahrzeuge, die wir weltweit verkaufen, batterieel­ektrisch angetriebe­n sein wird." Audi hatte angekündig­t, ab sofort zumindest keine neue Generation von Verbrennun­gsmotoren mehr zu entwickeln.

Ein Problem bleibt der Teilemange­l bei Halbleiter­n. "Die Situation ist noch immer unübersich­tlich", meinte Diess. "Bisher kommen wir gut durch, haben aber auch eine Produktion von 100.000 Autos verloren, die wir im Jahresverl­auf wohl nicht aufholen werden." Der scheidende Finanzchef Frank Witter sagte: "Wir werden die Auswirkung­en im Zaum halten, aber das wird uns das ganze Jahr beschäftig­en."

Konzernmar­ken schnitten besser ab als erwartet

Die einzelnen Konzernmar­ken schnitten im vergangene­n Jahr meist besser ab als zwischenze­itlich erwartet. Die Hauptspart­e VW Pkw schaffte es dank der zweiten Jahreshälf­te mit einem Betriebsge­winn von 454 Millionen Euro doch noch in die schwarzen Zahlen. Der Umsatz der Marke brach um ein knappes Fünftel auf 71,1 Milliarden Euro ein.

Bei Audi machte sich die Krise mit einem Umsatzminu­s von zehn Prozent auf 50 Milliarden Euro und einem operativen Ergebnisrü­ckgang um 40 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro bemerkbar.

Gut weg kam Porsche, wo der Umsatz mit 26,1 Milliarden Euro stabil blieb und das operative Ergebnis nur um 5 Prozent auf 4,0 Milliarden Euro sank.

Die l ei c h t en VW- N u t z - fahrzeuge, Seat und der LkwBauer MAN meldeten dagegen klare Verluste im laufenden Geschäft.

Die VW-Gemeinscha­ftsunterne­hmen im Kernmarkt China, deren operative Ergebnisse nicht in die Konzernbil­anz einfließen, verdienten mit 3,6 Milliarden Euro etwa 800 Millionen Euro weniger.

Abgasaffär­e kostete weitere 2;5 Milliarden Euro

Zur Bewältigun­g der Dieselkris­e flossen 2020 weitere 2,5 Milliarden Euro aus dem Konzern ab. "Wir werden, was die Auszahlung­en betrifft, das 2021 in etwa wieder sehen", sagte Witter. Es geht hierbei um Verpflicht­ungen etwa aus Prozessen und Vergleiche­n. 931 Millionen Euro kamen im vorigen Jahr als zusätzlich­e Ergebnisbe­lastung hinzu. Der Dieselskan­dal hat VW bislang bereits 32 Milliarden Euro gekostet.

Die CO2-Ziele der EU verfehlte der Konzern im vorigen Jahr knapp - VW gab die Abweichung mit aktualisie­rt 0,8 Gramm an. Insgesamt konnten allerdings deutliche Einsparung­en des Treibhausg­ases erzielt werden, der Ausstoß sank um gut ein Fünftel. Umweltschü­tzer kritisiere­n die Berechnung und sehen Schlupflöc­her - die reale Klimabilan­z vieler Autobauer seit weiter deutlich schlechter als offiziell angegeben.

Der gesunkene Gewinn von Volkswagen hat 2020 auch das Gehalt von Konzernche­f Diess etwas geschmäler­t. Der Topmanager erhielt - ohne Berücksich­tigung von Rentenansp­rüchen - laut Vergütungs­bericht rund 6,1 Millionen Euro, gut 900.000 Euro weniger als für das Vorjahr. Das lag vor allem an einer deutlich geringeren variablen Komponente, in die unter anderem die Entwicklun­g des zuletzt von der Corona-Krise getrübten Geschäftse­rgebnisses einfließt. Diese fiel um mehr als 2,2 Millionen Euro niedriger aus. ul/hb (rtr, dpa)

Der Artikel wurde um 11.45 Uhr aktualisie­rt.

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VW-Konzernche­f Herbert Diess
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Mitarbeite­r im Volkswagen­werk Zwickau komplettie­rt einen VW ID.4 in

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