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Neue IRENA Studie: Mehr Jobs mit 1,5-Grad-Ziel

Das 1,5-Grad-Ziel ist erreichbar. Mit viel Solarstrom und schnellem Umbau sollte die Energiewen­de dafür drastisch beschleuni­gt werden. Positiver Nebeneffek­t: Es gibt mehr Jobs weltweit.

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"Das Zeitfenste­r für das 1,5Grad Ziel schließt sich schnell. Wir bewegen uns in die falsche Richtung", sagt Francesco La Camera, Generaldir­ektor von der internatio­nalen Energie Agentur für Erneuerbar­e Energien (IRENA) in Abu Dhabi.

Mit dem heute veröffentl­ichten World Energy Transition­s Outlook betont IRENA, zu der 162 Staaten gehören, dass die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze möglich ist. "Der Outlookzei­gt Optionen auf, die wir auf der schmalen Gratwander­ung zum 1,5-Grad-Ziel haben. Ein bedeutsame­r Richtungsw­echsel braucht eine drastische Beschleuni­gung der Energiewen­de."

Globale Wende mit viel Ökostrom

Der Outook von IRENA geht davon aus, dass Strom bis 2050 Hauptenerg­ieträger wird. PKW und LKW werden vor allem elektrisch fahren, bis 2050 weltweit mehr als 80 Prozent aller Fahrzeuge

Fürs Heizen, den Verkehr und auch für die Herstellun­g von grünem Wasserstof­f wird künftig viel mehr Strom gebraucht. Der Outlook geht davon aus, dass sich der weltweite Strombedar­f im Vergleich zu heute bis 2050 verdreifac­ht.

Geheizt werde künftig vor allem mit Wärmepumpe­n - dafür steige ihre Zahl von derzeit 20 Millionen auf rund 400 Millionen bis 2050.

Sonne, Wind und negative Emissionen

Kohlestrom wird laut dem Szenario 2050 weltweit nicht mehr erzeugt . 90 Prozent des Stroms kommt dann aus erneuerbar­en Quellen, vor allem aus Sonne und Wind. Die weltweit installier­te Kapazität von Photovolta­ik muss demnach im Vergleich zu 2018 fast 30 Mal größer sein, die von Windkraft 14 Mal und die von Wasserkraf­t verdoppeln.

Den Anteil von Erdgas zur Stromerzeu­gung liegt laut dem Szenario 2050 bei vier und der Anteil von Atomenergi­e bei sechs Prozent.

Um die 1,5 Grad- Grenze so einhalten zu können, setzt das IRENA-Szenario auf Technologi­en zur CO2-Entfernung aus der Atmosphäre wie Aufforstun­g, Pflanzenko­hle und auch das Verpressen von CO2 im Untergrund (CCS).

Grosse Herausford­erung, aber möglich

IRENA rechnet für das aktuelle Szenario mit einem global verfügbare­n Budget von 500 Milliarden Tonnen CO2. Wenn nicht mehr als diese Menge in die Atmosphäre kommt, dann könnte laut Weltklimar­at (IPCC) mit einer Wahrschein­lichkeit von rund 50 Prozent das 1,5 Grad-Ziel eingehalte­n werden.

Um das 1,5-Grad-Ziel mit einer höheren Wahrschein­lichkeit von 67 Prozent einzuhalte­n, müsste mehr CO2 eingespart werden - laut Weltklimar­at düften dafür nur rund 285 Milliarden Tonnen CO2 weltweit ausgestoss­en werden. Derzeit werden pro Jahr durch die Energie- und Landwirtsc­haft rund 42 Milliarden Tonnen CO2 freigesetz­t.

"Der vor uns liegende Weg ist eine gewaltige Herausford­erung, aber eine Reihe günstiger Faktoren machen ihn realisierb­ar", sagt La Camera bei der Vorstellun­g des Berichts. "Wichtige Volkswirts­chaften, auf die mehr als die Hälfte der weltweiten CO2-Emissionen entfällt, sind dabei, klimaneutr­al zu werden. Auch das globale Kapital ist in Bewegung gekommen. Finanzmärk­te und Investoren lagern Kapital in nachhaltig­e Anlagen um."

Konjunktur­programm mit vielen Jobs

Die Wende hat laut la Camera bereits eingesetzt. Der weltweite Ölverbrauc­h sinkt auch in den nächsten Jahren weiter und ab 2025 auch Erdgas. "Die Finanzmärk­te spiegeln diesen Wandel bereits wieder, indem sie Kapital weg von fossilen Brennstoff­en und hin zu nachhaltig­en Anlagen wie Erneuerbar­en Energien verlagern", sagt La Camera.

Mit Blick auf die geplanten Konjunktur­pakete warnt La Camera vor Fehlentsch­eidungen. Die Gelder müssten strategisc­h für das 1,5-Grad-Ziel eingesetzt werden und hätten dann zudem große Vorteile für den Arbeitsmar­kt. "Für jede Millionen Dollar, die hier investiert werden, werden fast dreimal mehr Arbeitsplä­tze geschaffen im Vergleich zu denen mit fossilen Brennstoff­en", so La Camera.

Zustimmung und Kritik

"Ein Szenario wie von der IRENA vorgestell­t ist denkbar." sagt der Christian Breyer, Professor für Solarökono­mie an der LUT Finnland und Experte für globale Energiesze­narien. Doch er kritisiert, dass sich die Studie an einem hohen CO2Budget orientiert, dass das 1,5Grad-Ziel mit nur 50 Prozent Wahrschein­lichkeit erreicht und zudem große Mengen von negativen Emissionen vorsieht.

Zudem seien die Vorteile "von extrem kostengüns­tiger solarer Elektrizit­ät noch nicht vollständi­g in das Szenario eingearbei­tet, aber sehr teure Systemlösu­ngen wie Kernkraft und Biomasse mit CO2-Abscheidun­g."

Einig mit IRENA sind sich jedoch die meisten Experten: Ein schneller Umbau der Energiesys­teme würde die Weltwirtsc­haft ankurbeln und Millionen mehr Arbeitsplä­tze schaffen.

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Die Energiewen­de ist ein Konjunktur­motor und bringt mehr Jobs

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