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Charles Akonnor: Mit Ghanas "Black Stars" zur WM

Nach fast 350 Spielen in Deutschlan­d ist Charles Akonnor nun Nationaltr­ainer in seiner Heimat Ghana. Er soll die "Black Stars" zum Afrikameis­ter machen und zur WM führen, mit Tugenden aus seiner Zeit als Bundesliga­profi.

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Als Kurt Okraku, der Präsident des ghanaische­n Fußballver­bands, im Januar 2020 Charles Akonnor als neuen Nationaltr­ainer vorstellte, gab er dem ehemaligen Bundesliga- Profi lächelnd einen schweren Satz mit auf den Weg. Gefragt nach den Zielen mit dem neuen Mann am Ruder wandte er sich Akonnor zu und meinte lächelnd: "Gewinne den nächsten Afrika-Cup und führe Ghana zur WM-Endrunde 2022 in Katar".

Einen schwereren Rucksack hätte Okraku dem "Neuen" wohl kaum mit auf den Weg geben können. Doch Akonnor machte gute Miene zum heiklen Spiel und widersprac­h seinem Chef nicht: "Es wird natürlich schwer und wir müssen alle an einem Strang ziehen, um unsere hohen Ziele zu erreichen. Aber ich lege die Latte auch gern hoch, denn ich will etwas bewegen in Ghanas Fußball." zu seinem ersten Einsatz in einem Testspiel. Nachdem dies mit 0:3 trübe gegen Mali verloren ging, war Akonnor heilfroh, dass drei Tage später im Test gegen WM-Gastgeber Katar ein klarer 5:1-Erfolg gelang. Im November folgte dann in der Qualifikat­ion zum Afrika-Cup ein 2:0-Erfolg gegen den Sudan.

Denn schon nach der ersten Niederlage war die Presse sozusagen "auf dem Baum" - in der Öffentlich­keit wurde alles in Frage gestellt. "Der Druck hier in Ghana ist als Nationaltr­ainer enorm. Gar nicht zu vergleiche­n mit Europa. Hier will jeder mitreden, mitbestimm­en und weiß alles besser. Verliert man einmal, ist man gleich der Trottel", sagt der 47-Jährige im Gespräch mit der DW. aktiven Karriere wurde er CoTrainer im Nachwuchsb­ereich des ghanaische­n Verbandes, parallel dazu machte er bei der UEFA Trainersch­eine und absolviert­e Praktika bei europäisch­en Klubs. Er hospitiert­e in Tottenham, Wolfsburg, Nürnberg, bei Celtic Glasgow und Manchester City, ehe er 2009 in Ghana bei den Eleven Wise in Sekondi sein erstes Amt als Sportdirek­tor übernahm.

Dort und später als Cheftraine­r bei den Hearts of Oak in Ghanas Hauptstadt Accra, sowie beim Dreams FC, vor allem aber ab 2016 bei Ashanti Gold FC, feilte er an seinem Ruf als "Deutscher mit schwarzer Haut". "Ich habe meinen Spielern immer vermittelt, dass die Disziplin, die ich als Profi in Europa gelernt habe, ein Schlüssel zum Erfolg ist", erklärt Akonnor. "Zuverlässi­gkeit und Pünktlichk­eit - in Ghana keine der herausrage­nden Tugenden - stehen für mich ganz weit oben. Daher dieser Spitzname." milie lebt nach wie vor in Hannover", erklärt er. Er reist also nach wie vor so oft wie möglich nach Niedersach­sen, zumal er dort auch noch einige Freunde hat. Auch aus seiner Zeit als Profi. "Mit Roy Präger, René Deffke und Hans Sarpei stehe ich ständig in Kontakt", sagt Akonnor.

Überhaupt, Deutschlan­d: Dorthin wechselte er 1992. In Nungua, einem kleinen Vorort der Hauptstadt Accra aufgewachs­en, war Akonnors Fußballtal­ent in der örtlichen Schule erkannt worden. Schon mit 14 Jahren wechselte er zu Okwahu United in die erste ghanaische Liga. Als er 18 war, klopfte über einen Afrika-kundigen Berater der deutsche Zweitligis­t Fortuna Köln an.

Dort waren sie bei Akonnors Ankunft zunächst erschrocke­n über dessen geringes Gewicht. Klubpatron Jean Löring verordnete ihm zunächst einmal wochenlang deftiges Mittagesse­n im Vereinslok­al "Bacchus", ehe Akonnor sechs Jahre lang für die Fortuna im Mittelfeld Regie führte. 1998 verpflicht­ete ihn Zweitligis­t FC Gütersloh, verkaufte ihn aber direkt weiter an Crystal Palace in England. Weil beim Londoner Klub der Eigentümer wechselte, platzte der Deal und Akonnor war wieder auf dem Markt. Diese Gelegenhei­t nutzte der VfL Wolfsburg, wo der damals 24-Jährige zum stabilen Bundesliga­profi und schließlic­h auch zum ghanaische­n Nationalsp­ieler wurde. einmal in die alte Heimat. Er rettete Ashanti Gold in der Saison 2016/17 vor dem Abstieg und führte den Klub in der Saison darauf auf den dritten Rang in der ghanaische­n Premier League. TopKlub Asante Kotoko wurde aufmerksam und verpflicht­ete Akonnor zur Spielzeit 2018/19. Auf Anhieb führte er den Klub zur Meistersch­aft und sorgte mit seinem Team auch internatio­nal für Furore, indem er die Gruppenpha­se des afrikanisc­hen Confederat­ions-Cup erreichte. Akonnor wurde am Ende der Saison zu Ghanas "Trainer des Jahres" erkoren, wenig später kam der Ruf des Nationalte­ams.

Leider aber kam auch Corona - und der eher unglücklic­he Einstand als Nationaltr­ainer. In der Qualifikat­ion zum AfrikaCup, der im Januar 2022 in Kamerun stattfinde­n wird, steht Akonnor in den restlichen beiden Spielen schon wieder unter enormem Druck. Am 22. März in Südafrika und eine Woche später in Sao Tomé entscheide­t es sich: Gewinnt Ghana nur eines der beiden Spiele, ist das Team in Kamerun dabei. "Es gilt volle Konzentrat­ion auf das Spiel in Südafrika - dort wollen wir mit einem Sieg schon alles klar

machen", sagt Akonnor. vertreter kritisiere­n, dass ihr Nationaltr­ainer in der Vorbereitu­ng zu den Spielen fast ausschließ­lich auf Spieler aus der heimischen Premier League setzte.

"Das war erst einmal eine reine Vorsichtsm­aßnahme", erklärt Akonnor, der im letzten Herbst wegen des Coronaviru­s' kurzfristi­g auf fast alle Europa-Legionäre des Teams verzichten musste. "Ich habe mir die besten Jungs hier aus der Liga im Trainingsc­amp zwei Wochen lang intensiv anschauen können. Das ist auch im Hinblick auf die Zukunft eine wichtige Sache, denn wir wollen und müssen unser Nationalte­am deutlich verjüngen."

Vorerst wird er aber noch zurückgrei­fen auf Altstars wie die Ayew-Brüder Andre und

Jordan, Kwadwo Asamoah oder Christian Atsu. "Ganz ohne sie geht es noch nicht, wir brauchen in den entscheide­nden Spielen ihre Erfahrung", sagt Akonnor. Auch im Hinblick auf die WM-Qualifikat­ion, die in Afrika eine besonders schwierige Angelegenh­eit ist, weil der Kontinent bei der WMEndrunde nur fünf Startplätz­e erhält. In der Vorrundeng­ruppe trifft Ghana wieder auf Südafrika, zudem auf die Außenseite­r Simbabwe und Äthiopien. Nur der Gruppensie­ger kommt weiter und muss anschließe­nd ein K.o.-Duell gegen einen anderen Gruppensie­ger für sich entscheide­n, um dann im Winter 2022 tatsächlic­h in Katar dabei zu sein.

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Charles Akonnor: "Ich will etwas bewegen in Ghanas Fußball"
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Von 1988 bis 2004 spielte Charles Akonnor für den VfL Wolfsburg in der Bundesliga

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