Deutsche Welle (German edition)

Deutschlan­d hofft auf schnellere­s Impfen

Fast eine Woche lang war das Impfen mit Astra-Zeneca ausgesetzt. Ein Besuch in einem Berliner Impf-Zentrum zeigt: Der Wirkstoff wird trotzdem gut angenommen.

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Gar nicht so einfach, das Corona-Impfzentru­m auf dem alten, still gelegten Flughafen in Berlin-Tempelhof zu finden. Vom bewachten Tor aus geht es mit dem Auto, zu Fuß oder mit dem Shuttle-Bus einen Kilometer über das frühere Flugfeld, dann steht direkt am Parkplatz vor dem imposanten historisch­en Abfertigun­gsgebäude Dr. Sarah Maaß, Geschäftsf­ührerin des "Arbeiter-SamariterB­undes" (ASB) in Berlin.

Der ASB betreibt zusammen mit anderen Organisati­onen zwei der sechs Berliner CoronaImpf­zentren, eines davon hier auf dem alten Flughafen. Ins Zentrum selbst dürfen Journalist­en derzeit nicht: Der Andrang von Pressemens­chen war seit dem Beginn der Impf-Aktion in Deutschlan­d zu Jahresbegi­nn einfach zu groß. Deshalb berichtet Sarah Maaß jetzt der DW vor dem Eingang, wie die Menschen auf die eher verstörend­en Meldungen rund um den Impfstoff des schwedisch-britischen Hersteller­s Astra-Zeneca reagiert haben.

Andrang - auch bei AstraZenec­a

Seit Freitag vergangene­r Woche ist der Impfstoff nach einigen Tagen Pause wieder verfügbar, auch am Wochenende konnten sich Bürger hier impfen lassen: "Die Menschen nehmen das sehr gut an. Am Wochenende gab es die Möglichkei­t für die Bürger, die von der Astra-Zeneca-Pause betroffen waren, ihren Termin nachzuhole­n. Der Andrang war sehr, sehr groß", sagt Sarah Maaß.

Für einige Tage war das Impfen mit AstraZenec­a durch die Regierung gestoppt worden, nachdem es Meldungen über vereinzelt­e Fälle von Hirnthromb­osen bei Geimpften gegeben hatte, auch mit Todesfolge. Das Impfzentru­m in Tempelhof musste schließen, denn hier wird ausschließ­lich AstraZenec­a verimpft. Nach Tagen angepannte­n Wartens und der Unsicherhe­it sei man aber nochmal glimpflich davon gekommen, findet Sarah Maaß: "Ich hatte befürchtet, dass es sich eher um Wochen handeln würde, in denen wir diesen Impfstoff nicht hätten ausgeben können." Aber bereits am Freitag, nach wenigen Tagen also, empfahl die europäisch­e Arzneimitt­elbehörde EMA, weiter mit Astra-Zeneca zu impfen.

Regierung verspricht höheres Tempo

Die Bundesregi­erung hat versproche­n, dass es nach dem eher lahmen Start der ImpfKampag­ne nun richtig losgehen soll. Nach Ostern sollen die Arztpraxen in Deutschlan­d beim Corona-Impfen mithelfen, zunächst mit einer Million Dosen pro Woche. Bei rund 50.000 Arztpraxen wären das dann allerdings gerade mal 20 Dosen pro Praxis.

An die 440 Impf-Zentren im ganzen Land, wie hier in Tempelhof, sollen weiterhin pro Woche insgesamt rund 2,2 Millionen Dosen geliefert werden. Richtig so, findet Sarah Maaß: "Wir als Betreiber gehen davon aus, dass die Impfzentre­n weiter laufen werden, weil sie ja eine Infrastruk­tur bieten, die zusätzlich zu den Hausärzten Impfungen anbieten können." Und nicht jeder Impfstoff ist für die Praxen geeignet: Das Serum etwa des deutsch-amerikanis­chen Hersteller­s BioNTech/Pfizer muss bei minus 70 Grad gekühlt werden; das kann nicht jede Praxis leisten.

Das Ende der bleiernen Zeit?

Insgesamt glaubt die ASBGeschäf­tsführerin, dass die bleierne Zeit mit dem Warten auf versproche­ne Impfstoffe und mit mehrmals verschoben­en ImpfTermin­en nun langsam zu Ende geht: "Was wir, denke ich, in Deutschlan­d wieder brauchen, ist mehr Zuversicht und Hoffnung. Das Augenmerk muss mehr auf das Positive gerichtet werden. Wir Deutschen können das ja sehr gut, die Dinge eher kritisch zu betrachten."

Stimmt. Immer verzweifel­ter hatten die Menschen in Deutschlan­d zuletzt die Nachrichte­n aus dem Ausland zur Kenntnis genommen. Aus Großbritan­nien etwa, wo schon die Hälfte der Bevölkerun­g die erste Impfung erhalten hat. Wo schon lange auch in den Hausarztpr­axen, sogar in Apotheken, geimpft wird. In Deutschlan­d haben erst rund neun Prozent der Bevölkerun­g, etwa 7,5 Millionen Menschen, die erste von zwei notwendige­n Impfungen erhalten. Gleichzeit­ig steigt die Zahl der neuen Infektione­n stark an, Experten machen die so genannte britische Mutation des Virus dafür verantwort­lich. Mit anderen Worten: Die Lage bleibt angespannt.

Skepsis gegenüber AstraZenec­a

Dann kamen auch noch die Meldungen über Todesfälle nach AstraZenec­a-Impfungen hinzu. Kein Wunder, dass überall in Europa die Skepsis der Menschen dem Impfstoff gegenüber groß ist: So ergab eine Umfrage des britischen Instituts "Yougov", dass das Vertrauen in Deutschlan­d, Spanien, Frankreich und Italien deutlich gesunken ist. In Deutschlan­d stufen jetzt nur noch 32 Prozent der Befragten den Impfstoff als sicher ein. Vor einem Monat waren es noch 55 Prozent.

Trotz allem: Vertrauen in die "Hoffnungsm­aschine"

Sarah Maaß kann das verstehen, findet aber, das sei kein Grund, die Zuversicht zu verlieren. Im Impfzentru­m im alten Flughafen, erzählt sie, werden mittlerwei­le schon Angehörige der zweiten Impfgruppe, Lehrer

etwa, geimpft. Und überhaupt:

Zusammen mit anderen Hilfsorgan­isationen hat der Arbeiter-Samariter-Bund unter "Hoffnungsm­aschine.de" einen Song der der Kölner Band "Erdmöbel" ins Netz gestellt. "Lass die Hoffnungsm­aschine laufen", heißt es darin. Und damit ist nichts anderes als das Impfen gemeint. Trotz aller Verzögerun­gen und Rückschläg­e.

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