Deutsche Welle (German edition)
Außenminister Heiko Maas: "Ein Stopp von Nord Stream 2 verändert die Geopolitik"
Nach Ansicht des deutschen Außenministers Heiko Maas würde ein Stopp des Projektes Nord Stream 2 zur wirtschaftlichen Isolation Russlands führen und es geostrategisch in Richtung China treiben.
DW: Herr Maas, wir beobachten gerade Spannungen zwischen Washington und Moskau. Was erleben wir gerade für eine Eskalationsstufe, wenn der amtierende US-Präsident Joe Biden den russischen Präsidenten Wladimir Putin als "Mörder“bezeichnet und Moskau seinen Botschafter aus den USA zurückholt? sich zweimal massiv in die US-Wahl eingemischt zu haben. In Deutschland be nden wir uns in einem Wahljahr. Fürchten Sie auch eine solche Einmischung?
Auf jeden Fall sind wir aufmerksam. Wir wissen auch aus dem Bericht, den der EAD (Europäischer Auswärtiger Dienst - Red.) vor kurzem in Brüssel vorgelegt hat, dass Deutschland eines der Hauptziele in Europa für russische Desinformationskampagnen, aber auch für Cyber-Aktivitäten ist. Insofern wappnen wir uns hiergegen, aber natürlich erwarten wir, dass das unterbleibt.
Es ist völlig inakzeptabel, dass auf diese Weise versucht wird, von außen Einfluss auf demokratische Prozesse anderer Länder wie Deutschland zu nehmen. Wir wissen, dass es solche Versuche der Einflussnahme durch gezielte Desinformation oder Cyberattacken gibt. Und ich hoffe, dass die Erfahrungen, die andernorts in der Vergangenheit damit gemacht wurden, dazu führen, dass das beim Bundestagswahlkampf in Deutschland nicht der Fall sein wird. Wir werden in dieser Hinsicht sehr aufmerksam bleiben.
Russland will bald einen deutschsprachigen TV-Sender in Deutschland starten. Moskau droht jetzt Berlin mit "harten Gegenmaßnahmen", da RT Deutsch o enbar kein Bankkonto in Deutschland erö nen kann. Mit welchen Maßnahmen rechnen Sie?
Wir sind nicht zuständig für die Bankkonten von Russia Today. Bei uns gibt es klare Regeln auf der Basis der Pressefreiheit. Hier können auch Nachrichtensender Programm machen, deren Nachrichten uns vielleicht nicht immer nachvollziehbar erscheinen. Wir gehen davon aus, dass auf der Basis von Freiheitsrechten, der Pressefreiheit, der Freiheit der Medien in Russland Ähnliches gilt und deutsche Journalisten sich ungehindert betätigen können. Russland ist Mitglied im Europarat. Die Pressefreiheit ist eine der Kernfreiheiten, zu denen Russland sich in diesem Rahmen bekennt. Wir tun das bei uns und wir erwarten, dass es in Russland genauso gehandhabt wird.
Sind also die Pläne von Russia Today in Deutschland in diesem Kontext kein Problem?
Ein solches Verfahren wird nicht politisch entschieden, sondern von zuständigen Behörden. Insofern sind die Diskussionen, von denen gesprochen wird, keine, die von uns initiiert worden sind oder die auf unser Betreiben entstanden sind. Wir halten uns an die Regeln der Pressefreiheit. Unabhängig davon, ob die Organe, die hier journalistisch tätig sind, Nachrichten produzieren, die uns gefallen oder eben nicht.
Deutschland galt über Jahrzehnte international als Brücke zwischen Ost und West. Diese Rolle verblasst seit der Annexion der Krim immer stärker. Gerade haben Sie wieder die Rückgabe der Halbinsel gefordert, aber wie sieht der Plan dafür aus?
Die Annexion war und ist eindeutig völkerrechtswidrig. Unsere Position ist, dass sie rückgängig gemacht werden muss. Das ist ja kein Thema, das militärisch gelöst werden kann, aber wir werden diese Erwartung weiter klar gegenüber Russland zum Ausdruck bringen und entsprechend handeln. Ich glaube, auch Russland muss ein Interesse daran haben, die Beziehungen insbesondere zu Europa wieder zu normalisieren. Und ein wichtiger Schritt dazu wäre, eine Lösung für den Konflikt in der Ostukraine zu finden.