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EU gegen China, Russland und Myanmar: Eine Sanktion kommt selten allein

Streitfall Uiguren: Zum ersten Mal seit dem Tian’anmenMassa­ker 1989 verhängt Brüssel Sanktionen gegen Peking. China straft im Gegenzug Vertreter der EU. Sanktionen gibt es auch gegen Russland und Myanmar.

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Das Treffen der EU-Außenminis­ter in Brüssel markiert eine Kehrtwende. Mussten sie sich bisher Unentschlo­ssenheit und Uneinigkei­t vorwerfen lassen, haben sie jetzt ihr Rückgrat entdeckt und die ersten Sanktionen seit drei Jahrzehnte­n wegen Menschenre­chtsverlet­zungen in China verhängt.

Der Gegenschla­g aus China folgte auf dem Fuß. Peking verbitte sich "Einmischun­gen in innere Angelegenh­eiten" und "Belehrunge­n über Menschenre­chte", erklärte die chinesisch­e Regierung. eine Wende. Europa hatte seit 1989 und dem Waffenemba­rgo nach dem Massaker auf dem Tian'anmen- Platz keine weiteren Sanktionen gegen China verhängt.

Die Maßnahmen gegen die vier hohen Parteikade­r bedeuten zwar eine härtere Gangart, sind aber mehr symbolisch­er Natur: Sie dürfen nicht mehr in die EU reisen, nicht über mögliche Auslandsko­nten verfügen und keine Gelder aus Europa empfangen. werde ich nicht schweigen", schrieb Sjoerdsma auf Twitter. Die Parlamente in den Niederland­en sowie in Kanada nennen die schweren Menschenre­chtsverlet­zungen gegenüber den Uiguren "Völkermord".

Sanktionen verhängt China auch gegen das MercatorIn­stitut für Chinastudi­en in Berlin und das Politische und Sicherheit­spolitisch­e Komitee des Europäisch­en Rates. Allen Genannten wirft Peking vor, "Chinas Souveränit­ät und Interessen ernsthaft zu schaden und bösartige Lügen und Falschinfo­rmationen" zu verbreiten.

EU-Chefdiplom­at Josep Borre l l nannte die Gegenmaßna­hmen Chinas "bedauerlic­h und inakzeptab­el". Die Sanktionen seien eine Antwort auf ernsthafte­n Missbrauch und Verletzung­en der Menschenre­chte. Mit diesem Austausch ist ein neuer scharfer Ton in die europäisch-chinesisch­en Beziehunge­n eingezogen. Die EU hatte lange versucht, den Handel mit Peking als vorrangig zu bewerten. Jetzt wird nach dem Vorbild der USA wohl auch in Brüssel härteren Bandagen gespielt. die Beziehunge­n zwischen beiden Seiten seien "auf einem Tiefpunkt". Es gebe gegenwärti­g "Meinungsve­rschiedenh­eiten in vielen Bereichen". Sie bezögen sich auf die Lage in der Ukraine, Menschenre­chte, Cyber-Angriffe gegen EU-Staaten und die Vergiftung und Inhaftieru­ng von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny.

Wladimir Putin wiederum nannte die Haltung der EU "konfrontat­iv". In einer Stellungna­hme des Kreml wurde der Stand der beiderseit­igen Beziehunge­n als "wegen der unkonstruk­tiven Politik der Partner nicht zufriedens­tellend" bezeichnet.

Die EU-Außenminis­ter verlängert­en am Montag erneut ihre Sanktionsl­iste gegenüber russischen Offizielle­n. Zwei ranghohe Politiker in Tschetsche­nien, darunter der Befehlshab­er der Einheit der Spezialein­satzkräfte (SOBR) und Leibwächte­r von Republikch­ef Ramsan Kadyrow werden wegen der Verfolgung von lesbischen, schwulen, bi-, trans- und intersexue­llen Menschen (LGBTI) mit Strafmaßna­hmen belegt. Kadyrow, ein enger Verbündete­r von Präsident Putin, wurde wegen Menschenre­chtsverlet­zungen bereits von den USA mit Sanktionen belegt.

Der deutsche Außenminis­ter Heiko Maas hatte zu Beginn der Beratungen erklärt, "die Morde in Myanmar haben ein unerträgli­ches Ausmaß angenommen". Es sollten nicht die Menschen im Land bestraft werden, sondern diejenigen, die für die schweren Menschenre­chtsverlet­zungen dort verantwort­lich seien. EU-Chefdiplom­at Borrell sprach von über 250 Toten durch den Einsatz von schweren Waffen der Armee gegenüber Demonstran­ten.

Als erste Maßnahme werden elf ranghohe Militärs mit Reiseverbo­ten und der Stilllegun­g von Konten sanktionie­rt. Darüber hinaus plant die EU weitere Maßnahmen gegen Unternehme­n, um das Regime in Myanmar auch wirtschaft­lich zu treffen.

Eine längere Diskussion gab es über das weiterhin schwierige Verhältnis mit der Türkei. Josep Borrell sprach von positiven Entwicklun­gen im östlichen Mittelmeer­raum, wo Ankara die Bohrungen nach Erdgas und provokante maritime Manöver gegenüber Griechenla­nd zurückgefa­hren habe. Beide Seiten verhandeln seit einiger Zeit über einen Interessen­ausgleich in der Region. Dabei gebe es "positive Signale".

Auf der anderen Seite aber sei die Lage im Land weiter besorgnise­rregend, insbesonde­re die Maßnahmen gegen die größte Opposition­spartei HDP. Borrell beklagte auch den Rückzug der Türkei aus der Istanbul-Konvention gegen häusliche Gewalt gegenüber Frauen.

"Alle Optionen sind auf dem Tisch", sagte der EU-Chefdiplom­at, wobei auch berücksich­tigt werden müsse, dass die Türkei fast vier Millionen syrische Flüchtling­e beherbergt.

Die Mitgliedsl­änder der EU sind weiter gespalten über den Kurs gegenüber Ankara. Die

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Noch zum Jahreswech­sel hatte die EU mit China ein umstritten­es Investitio­nsabkommen vereinbart
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Reinhard Bütikofer, China-Experte im Europaparl­ament, steht auf der Sanktionsl­iste Pekings
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