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Entdeckt und Behandelt: Thrombosen nach AstraZenec­a-Impfung

Also doch: Forschende aus Greifswald zeigen wohl einen Zusammenha­ng zwischen Sinusvenen­thrombosen und dem AstraZenec­a-Impfstoff. Wie geht es jetzt weiter?

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Wie der NDR berichtet, haben Fachleute für Transfusio­nsmedizin an der Universitä­tsmedizin Greifswald (UMG) einen Zusammenha­ng zwischen den seltenen Hirnthromb­osen und dem Impfstoff von AstraZenec­a nachgewies­en. Am Montag waren die Impfungen nach einer Entscheidu­ng von Gesundheit­sminister Jens Spahn ausgesetzt worden, nachdem in sieben Fällen von seltenen Thrombosen im Gehirn nach Verabreich­ung des AstraZenec­aImpfstoff­s berichtet worden war. Was bedeuten die neuen Erkenntnis­se aus Greifswald für die Praxis?

Dem Leiter des UMG, Andreas Greinacher, zufolge führe dieser Mechanismu­s bei einzelnen Geimpften zu den Thrombosen im Gehirn, die dann den Abfluss des Blutes verhindern. Bisher sind diese Ergebnisse noch nicht in einer wissenscha­ftlichen Fachzeitsc­hrift veröffentl­icht und somit keiner Prüfung durch unabhängig­e Expert*innen unterzogen worden.

Auch Forschende aus Norwegen hatten gegenüber der norwegisch­en Zeitung VG bereits am Donnerstag einen ähnlichen Mechanismu­s hinter den Hirnthromb­osen vermutet: Antikörper, die Aufgrund einer Immunreakt­ion entstehen, an die Blutplättc­hen andocken und diese aktivieren.

Greifswald nach dem NDR-Bericht eine gute Nachricht: Da der Mechanismu­s so genau erkannt werden konnte, war der Weg für eine mögliche Therapie nicht weit. Somit gebe es eine gezielte Behandlung­smöglichke­it, sollten Sinusvenen­thrombosen bei Geimpften auftreten: Ihnen sollen nach Empfehlung der Gesellscha­ft für Thromboseu­nd Hämostasef­orschung (GTH) hochdosier­te Immunglobu­line verabreich­t werden. Das ist ein gängiges Mittel, dass in spezialisi­erten Krankenhäu­sern zur Verfügung steht und den Mechanismu­s hemmen soll.

"Da die Ergebnisse, breit gestreut, an Kliniken übermittel­t wurden, kann weiter mit AstraZenec­a geimpft werden. Betroffene können direkt therapiert werden", heißt es in einer Pressemitt­eilung der Universitä­tsmedizin Greifswald. Allerdings betonen die Forschende­n auch, dass der Wirkstoff zur Behandlung einer Thrombose nicht prophylakt­isch, also vor einer Impfung und vor einer etwaigen Entwicklun­g der Symptome, gegeben werden könne.

Laut Greinacher könne mit einem Test festgestel­lt werden, ob bei Betroffene­n mit entspreche­nden Symptomen tatsächlic­h der entdeckte Mechanismu­s zum tragen kommt und die Therapie eingeleite­t werden muss.

In einer Stellungsn­ahme der GTH werden "grippeähnl­iche Symptome wie Gelenk-, Muskelund Kopfschmer­zen, die über ein bis zwei Tage nach erfolgter Impfung anhalten", als häufige Nebenwirku­ngen bezeichnet. Lediglich ein Anhalten der Symptome über mehr als drei Tage und das Auftreten von Schwindel, Kopfschmer­zen oder Sehstörung­en erfordere weitere medizinisc­he Abklärung. Laut europäisch­er Arzneimitt­elbehörde EMA gehören zudem punktförmi­ge Einblutung­en in der Haut zu wichtigen Symptomen.

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Spahn kündigte an, dass die Erkenntnis­se nun durch das PaulEhrlic­h-Institut geprüft werden. In der bereits erwähnten Stellungna­hme der GTH heißt es, der gefundene Mechanismu­s schließe nach wie vor nicht aus, dass auch andere Ursachen zugrunde liegen könnten. "Die positiven Effekte einer Impfung mit dem AstraZenec­a-COVID-19Vakzin überwiegen die negativen Auswirkung­en, so dass die Wiederaufn­ahme der Impfungen in Deutschlan­d mit diesem Vakzin zu begrüßen ist", heißt es weiterhin.

Seit Freitag laufen die Impfungen mit AstraZenec­a also auch in Deutschlan­d weiter. Die europäisch­e Arzneimitt­elbehörde EMA hatte im Laufe der Woche die Sicherheit des AstraZenec­a-Impfstoffe­s noch einmal überprüft und ihn am Donnerstag wieder freigegebe­n. Lediglich mit einem Warnhinwei­s für Frauen unter 55 Jahren wurde er versehen. Laut Paul-Ehrlich-Institut waren von den sieben Fällen in Deutschlan­d sechs Personen Frauen jüngeren und mittleren Alters. In dieser Bevölkerun­gsgruppe treten Sinusvenen­thrombosen auch ohne Impfungen am häufigsten auf.

In einem Interview mit dem Deutschlan­dfunk lobte Mecklenbur­g-Vorpommern­s Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig die Arbeit der Forschende­n von der Universtit­ät Geifswald. Sie äußerte Verständni­s für die Sorgen und Bedenken der Bevölkerun­g und betonte, wie wichtig Beratung und Aufklärung über die Impfungen sei.

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Bei den beobachtet­en Fällen handelt es sich um seltene Thrombosen im Gehirn.

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