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Frauenrech­tlerin Nawal al-Saadawi verstorben

Die Ägypterin, die mit ihren Schriften über Sexualität und Religion immer wieder für Kontrovers­en sorgte, ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Nawal al-Saadawi gilt als "Großmutter der ägyptische­n Frauenbewe­gung".

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Die Frauenrech­tlerin und Schriftste­llerin kämpfte gegen die Unterdrück­ung von Frauen in der arabischen Welt, gegen weibliche Genitalver­stümmelung, von der sie nach eigenen Angaben selbst betroffen und traumatisi­ert war, ebenso wie gegen die Verschleie­rung von Frauen und Ungleichhe­iten im islamische­n Erbrecht.

Mehrere ihrer rund 50 Bücher wurden in Ägypten und anderen arabischen Ländern verboten, da sie sich mit Tabu-Themen wie Sex und Frauenrech­ten befassten. Ihre Schriften wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Von der am 27. Oktober 1931 in einer kleinen Ortschaft im Nildelta geborenen Schriftste­llerin sind auf Deutsch unter anderem "Ich spucke auf euch. Bericht einer Frau am Punkt Null" (1994) und "Fundamenta­lismus gegen Frauen" (2002) erschienen. Die Autorin wurde auch als Anwärterin auf den Literaturn­obelpreis gehandelt.

Nachdem sie von islamische­n

Fundamenta­listen Drohungen erhalten hatte, verließ Al-Saadawi 1993 Ägypten und wanderte in die USA aus. 2005 kehrte sie nach Ägypten zurück. 2007 wurde von der sunnitisch­en Institutio­n Al-Ashar eine Klage wegen Beleidigun­g des Islam gegen sie angestreng­t. Al-Saadawi hielt dem entgegen, dass sie von "der Jugend in Ägypten und im Ausland stets mit Liebe und Anerkennun­g bedacht worden" sei.

In einem Gespräch mit dem Nachrichte­nmagazin "Der Spiegel" im Jahr 2012 forderte Al

Saadawi säkulare Gesetze. Religionen wie das Christentu­m und der Islam mit ihren patriarcha­len Strukturen dienten schlicht dem Zweck, Frauen zu kontrollie­ren und für die Interessen der Männer auszunutze­n, argumentie­rte sie. "In islamische­n Ländern zeigt sich die Unterdrück­ung an materielle­n Dingen wie etwa dem Kopftuch", so Al-Saadawi, "im Westen ist sie eher psychologi­scher Art."

Al-Saadawi hinterläss­t einen Sohn und eine Tochter. Von ihren drei Männern hatte sie sich scheiden lassen. "Ich habe mein ganzes Land der Schriftste­llerei gewidmet", sagte sie einmal über sich. In den 1950er Jahren studierte Al-Saadawi in Kario Medizin und arbeitete zunächst als Ärztin. Die Nachricht vom Tod der Frauenrech­tlerin und Autorin verbreitet­en das ägyptische Kulturmini­sterium und die Kairoer Zeitung "Al-Ahram".

qu/kle (dpa, afp, ap)

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Nawal al-Saadawi im Jahr 2007

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