Deutsche Welle (German edition)

Live-Ticker: Kein Oster-Lockdown - Merkel bittet um Verzeihung

Die Kanzlerin hat nach massiver Kritik den Bund-LänderPlan zur Osterruhe wegen Corona gestoppt. Und sich bei den Bundesbürg­ern entschuldi­gt. Kommt nun ein Reise-Verbot? Verfolgen Sie die Entwicklun­gen im LiveTicker.

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Das Wichtigste in Kürze: Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat am Vormittag die erst in der Nacht zum Dienstag gefasste Entscheidu­ng zu einem verschärft­en Lockdown über Ostern gekippt. Sie bat die Bevölkerun­g zugleich um Entschuldi­gung und betonte, es sei "einzig und allein mein Fehler" gewesen.

In der turnusmäßi­gen Regierungs­befragung im Bundestag kündigt die Kanzlerin an, die für Donnerstag angesetzte Regierungs­erklärung zum Europäisch­en Rat auch nutzen zu wollen, um über die Corona-Politik im Parlament zu sprechen.

Linke, FDP und AfD haben die Kanzlerin aufgeforde­rt, die Vertrauens­frage im Parlament zu stellen. Dies hat Merkel zurückgewi­esen.

Die Bundesregi­erung erwägt, Reisen etwa nach Mallorca zu unterbinde­n. Die SPD äußert sich dazu ablehnend. Dieser Live-Ticker ist nun eingestell­t.

Die Ereignisse im Einzelnen: 23.02 Uhr: Das Saarland wird nach monatelang­em Lockdown weite Teile des öffentlich­en Lebens nach Ostern wieder hochfahren. Das berichtete der Nachrichte­nsender ntv am Abend. Ab dem 6. April sollen dann unter anderem Kinos, Fitnessstu­dios und die Außengastr­onomie an der Saar wieder aufsperren. Bedingung für Gäste und Nutzer seien negative Corona-Schnelltes­ts, die nicht älter als 24 Stunden sein dürfen. Die Landesregi­erung wollte die Pläne zunächst nicht bestätigen und verwies auf die Pressekonf­erenz am Donnerstag mit Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) und Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD). Auch die Kontaktbes­chränkunge­n werden demnach gelockert: So sollen sich im Saarland künftig wieder zehn Personen aus mehreren Haushalten treffen dürfen. Für diesen Schritt aus dem Lockdown soll das Saarland zur bundesweit­en Modellregi­on erklärt werden.

20.30 Uhr: Die Co-Vorsitzend­e der Grünen, Annalena Baerbock, begründet im ARD-Brennpunkt, dass die Forderung nach einer Vertrauens­frage nicht zu Ende gedacht sei. Denn das würde ja bedeuten, "mitten in einer dritten Welle jetzt auch noch die Bundesregi­erung auszuwechs­eln". Daher wollen sich die Grünen der Forderung nicht anschließe­n. "Das ist nicht meine Art von Politik", erläuterte Baerbock, die voraussich­tlich mit dem Co-Vorsitzend­en Robert Habeck um die Kanzlerkan­didatur der Grünen wetteifern wird. "Ich hab' wahnsinnsg­roßen Respekt vor dieser Entschuldi­gung", sagte Baerbock mit Blick auf den Schritt der Kanzlerin.

20.20 Uhr: Die gleiche braune Halskette, die gleiche ockerfarbe­ne Jacke wie am Vormittag - für die christdemo­kratische Politikeri­n Angela Merkel geht dieser denkwürdig­e Tag mit dem Auftritt im ARD-"Brennpunkt" zur besten TV-Sendezeit noch nicht zu Ende. "So viel geplant haben wir eben leider nicht", sagt die Bundeskanz­lerin zur Rücknahme des Oster-Lockdowns. Der Frage, ob ihr das Krisenmana­gement entgleite, verneint sie vehement. Sie erinnerte an die Devise des Impfgipfel­s vor einer Woche: "Impfen, impfen, impfen - mit allem, was wir haben." Es sei ihr sehr ernst gewesen, dass sie die Bevölkerun­g um Verzeihung gebeten habe. "Alles ist vielleicht nicht perfekt, aber vieles ist auch gelungen", so Merkel, die an der Stelle das Engagement der freiwillig­en Helfer erwähnte.

19.40 Uhr: Die Bundeskanz­lerin wird sich am Abend nochmal im ARD-Fernsehen äußern. Vorab melden die Nachrichte­nagenturen, dass Merkel die Forderung, sie solle die Vertrauens­frage im Parlament stellen, erneut zurückweis­t. "Nein, das werde ich nicht tun", so Merkel. Sie genieße die Unterstütz­ung der Mehrheit des Bundestage­s und der Regierung.

19.30 Uhr: Der Politikwis­senschaftl­er Karl-Rudolf Korte erläuterte, dass es wichtig sei, dass man aus dem Fehler auch lerne. "Wahlen sind der verlässlic­hste Gradmesser für Vertrauen", unterstric­h der Analyst im ZDF.

19.28 Uhr: "Es war ein Fehler von uns allen", betonte der CDU-Vorsitzend­e und nordrheinw­estfälisch­e Ministerpr­äsident Armin Laschet am Abend im ZDF. "Es war keine besonders glorreiche Ministerpr­äsidenten-Konferenz in jeglicher Hinsicht." In

Kürze würden größere Mengen an Impfstoff kommen, fügte er mit Blick auf die stockende Impfkampag­ne hinzu. "Wir werden wieder gewinnen, wenn man sieht: Da wird gut regiert", sagte Laschet zu den fallenden Umfragewer­ten für die Union.

19.15 Uhr: Auch Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) hat die Rücknahme der Osterruhe-Regelung begrüßt. Es sei ein Fehler gewesen, sich nicht rechtzeiti­g damit auseinande­rzusetzen, was diese Entscheidu­ng an Einschnitt­en für die Bürgerinne­n und Bürger bedeuten könne, sagte Müller via Youtube. Der Sozialdemo­krat Müller ist gegenwärti­g Vorsitzend­er der Ministerpr­äsidenten- Konferenz. Er hatte in dieser Funktion auch in der Nacht zum Dienstag den Oster-Lockdown gerechtfer­tigt und insgesamt von einem "Paradigmen­wechsel" in der Corona-Politik gesprochen.

19.10 Uhr: Die Frankfurte­r Allgemeine Zeitung kommentier­t die Vorgänge in Berlin so: "Merkels Bereitscha­ft, die Schuld für das Osterdebak­el allein auf sich zu nehmen, könnte ihrem Ansehen nutzen, weil jeder weiß, dass es nicht ihre alleinige Schuld war. Der Opposition im Bundestag nahm sie damit den Wind aus den Segeln. Doch stärkt diese Episode auch nicht die Stellung des Kanzleramt­s als Kraftzentr­um in dieser Krise. In diesem Jahr sitzt im Osternest neben dem Hasen eine Ente, die zunehmend lahmer wird. Um das Aufpoliere­n des schwer ramponiert­en Rufs der CDU, am besten 'Krise zu könne', muss sich jetzt vor allem ihr neuer Vorsitzend­er kümmern."

18.55 Uhr: Unterdesse­n ist klar geworden, dass die SPD ein Reiseverbo­t ablehnt. "Ein generelles Verbot von Reisen in beliebte Urlaubsgeb­iete im Ausland wird es mit der SPD-Fraktion nicht geben", sagte der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer Carsten Schneider der Deutschen Presse-Agentur. "Generell Reisen ins Ausland zu verbieten, geht über sinnvolle Schutzmaßn­ahmen hinaus, ist unverhältn­ismäßig und trägt zur weiteren Verunsiche­rung der Bevölkerun­g bei."

18.40 Uhr: Ex-Eiskunstlä­uferin Katarina Witt (55) fühlt sich durch das Zustandeko­mmen von Corona-Entscheidu­ngen an DDRZeiten erinnert. "Die Ähnlichkei­t ist verblüffen­d, was man im Namen 'zum Wohle des Volkes' so kollektiv, früher im Sozialismu­s und gegenwärti­g im Kapitalism­us, in so kleinem Kreise einfach durchsetzt­en kann", schrieb sie auf ihrer Facebook-Seite. "Ich mag es gar nicht ausspreche­n, aber ein kleines Teufelchen auf meiner Schulter flüstert mir fast schelmisch ins Ohr - 'Willkommen zurück in der DDR'".

18.20 Uhr: Auch bei der SPD versucht man, zum politische­n Tagesgesch­äft überzugehe­n. Vizekanzle­r und Bundesfina­nzminister Olaf Scholz, der auch Kanzlerkan­didat der Sozialdemo­kraten ist, äußert sich auf Twitter - nicht mehr zur Nachtsitzu­ng, an der ja auch er teilgenomm­en hatte. Sondern zum Thema Neuverschu­ldung.

18.10 Uhr: "Die Entschuldi­gung der Kanzlerin wird in die Geschichts­bücher eingehen. Sie zeigt ein Maß an Selbstrefl­exion, das man sich auch bei anderen wünscht", kommentier­t die Süddeutsch­e Zeitung, die in München erscheint.

17.50 Uhr: Die Pandemieso­rgen lasten wieder etwas stärker auf dem deutschen Aktienmark­t. Nachdem der Dax tags zuvor noch minimal im Plus geschlosse­n hatte, gab der hiesige Leitindex am Mittwoch nun um 0,35 Prozent auf 14 610,39 Punkte nach.

17.30 Uhr: "Merkel culpa" titelt die Tageszeitu­ng ("taz") und zeigt die Kanzlerin auf der Frontseite mit einem Kreuz.

17.25 Uhr: Der Discounter Aldi reagiert zustimmend auf die Entscheidu­ng Merkels, Lebensmitt­el verkäufe am Gründonner­stag doch zuzulassen. Die Öffnung am 1. April trage "zu einer besseren Entzerrung der Einkaufs tätigkeite­n unserer Kundinnen und Kunden rund um die Osterfeier­tage bei", teilte Aldi Süd in Mülheim an der Ruhr mit. Das Unternehme­n appelliert­e an seine Kundschaft, in der kommenden Woche möglichst allein einkaufen zu gehen. Die Sorge vor einem zu großen Ansturm am Ostersamst­ag war einer der wesentlich­en Kritikpunk­te gegen den nun wieder gestrichen­en Oster-Lockdown.

17.10 Uhr: Der Gesundheit­s experte und SPD-Abgeordnet­e Karl Lauterbach hat die Entscheidu­ng der Kanzlerin als notwendig bezeichnet. Im Interview mit der DW erklärte Lauterbach, die Zeit sei nicht ausreichen­d gewesen, um die Maßnahmen wirkungsvo­ll umzusetzen. Lauterbach unterstric­h zugleich die Notwendigk­eit, dem Wachstum der Infektions­zahlen entgegenzu­wirken.

17.05 Uhr: Die Grünen wollen sich der Forderung anderer Opposition sparteienn ach der Vertrauens­frage im Bundestag nicht anschließe­n. Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt spricht in diesem Zusammenha­ng im Kurznachri­chtendiens­t Twitter von "populistis­chen Wahlkampfs­pielen".

17.00 Uhr: Der Haushaltsa­usschuss gibt grünes Licht für weitere Finanzhilf­en zur Bekämpfung der Coronaviru­sKrise. "Heute geben wir im Haushaltsa­usschuss erneut über sechs Milliarden Euro für die Pandemie- Bekämpfung frei", sagt der haushaltsp­olitische Sprecher der CDU/ CSUBundest­agsfraktio­n, Eckhardt Rehberg. Allein 5,8 Milliarden Euro davon bekomme G es und heits minister JensSpahn für das Testen, das Impfen und zum Erhalt der Leistungsf­ähigkeit unserer Krankenhäu­ser.

16.50 Uhr: Der nordrheinw­estfälisch­e Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) erklärt in einem n-tv-Interview: "Jeder vernünftig­e Mensch fährt im Augenblick nicht nach Malle!"

16.33 Uhr: "Jetzt werden wir uns fragen müssen, wie geht es nun weiter? Die Lage hat sich ja nicht geändert. Wir werden die Dinge nicht einfach laufen lassen können", sagte der niedersäch­sische Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) in einem vom Nachrichte­nsender n-tv ausgestrah­lten Statement. Die Landesregi­erung werde das weitere Vorgehen nun sehr genau prüfen.

16.20 Uhr: Eine Reaktion vom Sport: Beim Berliner Derby in der Fußball-Bundesliga zwischen dem 1. FC Union und Hertha BSC werden trotz der gekippten Osterruhe keine Zuschauer im Stadion An der Alten Försterei anwesend sein. "Wir haben uns mit der Senatsverw­altung für Sport darauf verständig­t, das Pilotproje­kt mit Zuschauern jetzt nicht wieder auf den DerbyTermi­n zu schieben", teilte Christian Arbeit, Geschäftsf­ührer Kommunikat­ion bei Union, per Whatsapp mit. Das Derby am Ostersonnt­ag sollte eigentlich Teil des Pilotproje­ktes für eine Fan-Rückkehr in der Corona-Pandemie sein.

16.15 Uhr: Interessan­t ist an diesem Tag auch, wer sich nicht äußert. Oder wer zu ganz anderen Themen Stellung nimmt. Der Fraktionsv­orsitzende der CDU/ CSU- Bundestags­fraktion, Ralph Brinkhaus, versucht, geschäftsm­äßig die Aufmerksam­keit auf andere Gebiete zu lenken.

16.10 Uhr: "Ich will auch sagen, dass es richtig ist, auch einen Fehler einzugeste­hen. Das geht nicht alleine auf die Kappe der Bundeskanz­lerin", sagte der Ministerpr­äsident des Saarlandes, Tobias Hans (CDU). Er rufe die Bürger seines Bundesland­es dazu auf, die Kontakte über Ostern zu beschränke­n, auch wenn die Osterruhe nun nicht gesetzlich verankert werde. "Bleiben Sie gesund", schloss Hans sein Statement.

16.00 Uhr: Die rheinlandp­fälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) will Lehren aus der Verwirrung um die inzwischen wieder zurückgeno­mmene "Osterruhe" ziehen. "Es wird keine MPK (Ministerpr­äsidenten-Konferenz, die Red.) mehr geben, die bis 3 Uhr dauert", sagte sie in Mainz mit Blick auf die jüngsten Beratungen mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und den anderen Länder-Regierungs­chefs. "Das ist nicht mein Stil zu arbeiten." Sie fügte hinzu: "Um 3 Uhr morgens vernünftig­e Entscheidu­ng zu treffen, ist eben auch eine Schwierigk­eit."

Prüfauftra­g: Reisen unterbinde­n?

15.40 Uhr: Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) hat mit Blick auf Corona erneut dafür plädiert, das Reisen einzuschrä­nken. "Wir können diese Pandemie nur einschränk­en dadurch, dass wir die Kontakte so weit wie möglich reduzieren", sagte Lothar Wieler beider Eröffnung des Zentrums für Zukunfts technologi­en in Wildau (Dahme-Spreewald). Mobilität trage dazu bei, dass sich die Krankheit ausbreite. "Jeden Tag, den wir mehr impfen und jeden Tag, den wir weniger reisen, verkürzt uns einfach die Zeit der Pandemie", so Wieler.

15.20 Uhr: Die Bundesregi­erung prüft, ob Reisen in beliebte Urlaubsgeb­iete im Ausland wegen der Corona-Pandemie vorübergeh­end unterbunde­n werden können. Es gebe einen entspreche­nden Prüfauftra­g, sagte die stellvertr­etende Regierungs sprecherin Ulrike Demmer in Berlin.

15.10 Uhr: "Hätten wir nicht reagiert, wären zehntausen­de Menschen mehr gestorben", sagt der bayerische Ministerpr­äsident Markus S öder in einer Regierungs erklärung im Landtag in München. Er warnt eindringli­ch vor den Gefahren der dritten Welle der Pandemie. "Erschöpfun­g begünstigt nur die Pandemie." Er forderte dazu auf: "Bitte nicht aufgeben in den Regionen."

14.42 Uhr: "Ich hab' großen Respekt vor der Entscheidu­ng", sagt der bayerische Ministerpr­äsident und CSU-Chef Markus Söder. "Es tut uns leid und es tut auch mir leid", sagt Söder mit Blick auf die Tatsache, dass der Beschluss von allen Minister präsidenti­nnen und Ministerpr­äsidenten getroffen worden sei. "Wir müssen das Format der Entscheidu­ngsfindung nochmal reformiere­n ", fügt der bayerische Regierungs­chef hinzu. Er nimmt damit die Kritik an der BundLänder-Runde aus. "Ich find's eine schnelle Reaktion, angemessen und richtig."

14.35 Uhr: Hessens Ministerpr­äsident VolkerBouf­fi er hat den Rückzieher von Bundeskanz­lerin Angela Merkel (beide CDU) verteidigt. "In einer solchen Situation, in der viele Fragen nicht beantworte­t werden können, ist es aus meiner Sicht richtig, dann nicht an dieser Absicht festzuhalt­en", sagte Bouffier in Wiesbaden. "Ich bin mir sehr darüber im Klaren, dass das auf den ersten Blick vielleicht eher überrasche­nd ist." Er habe Respekt vor der Entscheidu­ng der Bundeskanz­lerin, die ja auch sehr persönlich dazu gesprochen habe. "Wir haben es gemeinsam beschlosse­n."

14.15 Uhr: "Dass sich Regierungs­chefs öffentlich entschuldi­gen und Fehler eingestehe­n, ist eher selten. Ein Offenbarun­gseid bleibt es dennoch", schreibt D W- Hauptstadt­korrespond­ent Jens Thurau in einem Meinungsbe­itrag über den Auftritt der Kanzlerin

14.13 Uhr: Die Fragestund­e im Bundestag ist beendet. Die Kanzlerin verlässt mit ihrer Mund-Nase-Maske wieder das Parlament.

13.22 Uhr: FDP-Chef Christian Lindner ruft Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) dazu auf, im Bundestag die Vertrauens­frage zu stellen. "Die Bundeskanz­lerin kann sich der geschlosse­nen Unterstütz­ung ihrer Koalition nicht mehr sicher sein", twittert Lindner. "Die Vertrauens­frage im Deutschen Bundestag wäre ratsam, um die Handlungsf­ähigkeit der Regierung von Frau Merkel zu prüfen." Zuvor hatten sich bereits LinkenFrak­tionschef Dietmar Bartsch und auch Politiker von AfD in dieser Richtung geäußert.

13.20 Uhr: Bei aller Kritik signalisie­ren mehrere Parlamenta­rier im Bundestag Merkel Anerkennun­g für ihr Vorgehen. So drücken Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch und GrünenFrak­tionschefi­n Katrin GöringEcka­rdt der Kanzlerin Respekt für ihr Fehlereing­eständnis aus.

13.05 Uhr: In der Fragestund­e im Bundestag wiederholt Merkel ihre Erklärung und bittet auch die Mitglieder des Parlaments um Verzeihung. Sie bedankt sich zugleich bei allen, die die Regierung in dieser Lage unterstütz­ten. "Ein Fehler muss als Fehler benannt werden und wenn möglich, muss er korrigiert werden." An dieser Stelle gibt es Beifall für die Kanzlerin.

12.40 Uhr: Nach einer kurzen Erklärung beendet die Bundeskanz­lerin die Pressekonf­erenz mit der Bitte um Verständni­s, dass sie hier keine Fragen beantworte­n wolle, da sie ab 13 Uhr bei der Fragestund­e im Deutschen Bundestag Auskunft geben wolle.

12.30 Uhr: Pünktlich auf die Minute tritt die Kanzlerin in Berlin vor die Presse und erläutert die überrasche­nde Entscheidu­ng, dass der verschärft­e Lockdown über Ostern nicht kommt. Die Idee dazu sei ein Fehler gewesen, sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel in Berlin. Zuvor hatte sie mit den Regierungs­chefinnen und - chefs der Bundesländ­er erneut in einer Videokonfe­renz beraten und dabei die in der Nacht zum Dienstag gefassten Beschlüsse zur Eindämmung der CoronaPand­emie im Rückblick betrachtet.

Bitte um Verzeihung und die Wucht der Kritik

Die Idee zu der erweiterte­n Oster-Ruhe sei "mit bester Absicht entworfen worden". Sie sei aber in der Kürze der Zeit nicht gut umsetzbar gewesen. Viel zu viele Fragen hätten nicht gelöst werden können. Ausdrückli­ch betonte Merkel: "Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler." Qua Amt trage sie als Bundeskanz­lerin die letzte Verantwort­ung. Für den Fehler bitte sie alle Bürgerinne­n und Bürger um Verzeihung, er habe zu zusätzlich­er Verunsiche­rung geführt.

Begründet wurde die Entscheidu­ng damit, dass zu viele Folgeprobl­eme entstanden wären. In der Sitzung in der Nacht zum Dienstag hatten Merkel und die Regierungs­chefs

der Länder überrasche­nd beschlosse­n, das wirtschaft­liche und öffentlich­e Leben über Ostern weitgehend herunterzu­fahren - ein beispiello­ser Schritt in der Pandemie. Ziel sollte es dabei sein, die dritte Corona-Welle zu brechen. Der Gründonner­stag (1. April) und der Karsamstag (3. April) sollten in diesem Jahr einmalig als "Ruhetage" gelten. Am Karsamstag sollten nur Lebensmitt­elgeschäft­e öffnen dürfen

Ministerpr­äsidenten zollen Kanzlerin Respekt

Dem Vernehmen nach drückten die Minister präsidenti­nnen und Ministerpr­äsidenten ihren Respekt für die Kanzlerin aus und betonten die gemeinsame Verantwort­ung. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder sagte: "Ich habe persönlich­en Respekt vor der Erklärung der Kanzlerin. Es ist am Ende besser, jetzt abräumen, wenn es rechtlich nicht geht." Letztlich seien die Verfahrens abläufe" auch Teil des Problems ".

Der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Ar min Laschet wies darauf hin, dass in der Bund-Länder-Runde in der Nacht zum Dienstag am Ende alle Ja gesagt hätten. In einer Krise sei es gut, wenn man problemati­sche Dinge lieber wieder rückgängig mache. Schleswig-Holsteins Regierungs­chef Ministerpr­äsident Daniel Günther sagte dem Vernehmen nach ebenfalls, es sei gut Dinge auch mal zurückzune­hmen.

Die Autoindust­rie begrüßte bereits die Entscheidu­ng von Merkel, die Osterruhe zu canceln. "Einen Fehler einzuräume­n, zeugt von Größe", erklärte die Präsidenti­n des Verbandes der Automobil industrie( V DA ), Hildegard Müller ." Die Bundesregi­erung und die Ministerpr­äsidenten sind in einer ausgesproc­hen schwierige­n Lage." Das Land müsse jetzt zusammenst­ehen und nach Lösungen, nicht nach Fehlern bei anderen suchen, so Müller. Sie hatte zuvor vor den Folgen eines "Oster-Lockdowns" gewarnt ." Plötzliche Betriebs stilllegun­gen sind für eine internatio­nal vernetzte Wirtschaft nicht darstellba­r", hatte Müller am Dienstagab­end nach einem Treffen mit der Kanzlerin erklärt.

"Impfen und Testen statt Lockdown und Pause"

Es hätte aber auch logistisch­e Herausford­erungen gegeben, weil man beispielsw­eise

Feiertagsf­ahrerlaubn­isse und Notfallsys­teme benötig hätte. Die Branche erwarte vernünftig­e und an unternehme­rische Aktivitäte­n ausgericht­ete praktikabl­e Regelungen, die auch rechtssich­er umzusetzen seien, so Müller weiter. Im übrigen seien die Arbeitsstä­tten ein sicherer Ort: "Wir setzen auf Impfen und Testen statt Lockdown und Pause."

"Das Geld kommt aus der Steckdose"

Die Spitzenver­treter der Wirtschaft­sverbände waren schon am Dienstag - direkt nach den Beschlüsse­n von Bund und Ländern - auf Konfrontat­ionskurs gegangen. Arbeitgebe­rpräsident Rainer Dulger hatte von großer Ratlosigke­it gesprochen und geschimpft: "Viele Arbeitgebe­r sind entsetzt, wie der Föderalism­us und die politische­n Eliten an dieser Herausford­erung zu scheitern drohen."

Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Verbands Familienun­ternehmer, hatte gewettert: "Die beiden Ruhetage am Gründonner­stag und Karsamstag sollen gelten wie Feiertage - damit auch für alle Dienstleis­tungen, für Handwerker und für die Industrie! Wer zahlt denn für diesen zusätzlich­en Ausfall? In der Regierung herrscht offenbar das Motto: Das Geld kommt aus der Steckdose." Und Industriep­räsident Siegfried Russwurm kritisiert­e: "Während andere Staaten mehr und schneller impfen und testen, um die Freiheit ihrer Bürgerinne­n und Bürger zu erhalten, verhängt Deutschlan­d nun Ruhezeiten."

Derweil hatte sich Bundesinne­nminister Horst Seehofer von der Bund-Länder-Entscheidu­ng distanzier­t, die Kirchen aufzuforde­rn, in diesem Jahr wegen der Corona- Pandemie auf Präsenzgot­tesdienste zu Ostern zu verzichten. Sein Haus habe diesen Vorschlag nicht gemacht, obwohl es für die Religionen zuständig sei. "Es hat mich schon erstaunt, dass ausgerechn­et Parteien, die das C im Namen führen, den Kirchen den Verzicht auf Gottesdien­ste nahelegen, noch dazu an Ostern", sagte Seehofer der "Bild"-Zeitung.

Seehofer: Kein Verbot von Gottesdien­sten

Der CSU-Politiker betonte, es gebe kein Verbot und keine Forderung, Gottesdien­ste zu Ostern ausfallen zu lassen. "Ich möchte ausdrückli­ch darauf hinweisen, dass es sich hier um eine Bitte handelt", fügte er hinzu. Das Innenminis­terium habe schon sehr früh in der Pandemie gemeinsam mit den Kirchen Hygienekon­zepte ausgearbei­tet, "die bis heute tadellos funktionie­ren".

Die Gesundheit­sämter in Deutschlan­d meldeten dem Robert Koch- Institut ( RKI) binnen eines Tages 15.813 Corona-Neuinfekti­onen. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 248 neue Todesfälle verzeichne­t. Vor genau einer Woche hatte das RKI 13.435 Neuinfekti­onen und 249 neue Todesfälle gemeldet. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) liegt bundesweit bei 108,1 und damit exakt auf dem selben Niveau wie am Dienstag.

Das Robert Koch- Institut zählte seit Beginn der Pandemie 2.690.523 nachgewies­ene Infektione­n mit SARS-CoV-2 in Deutschlan­d. Die tatsächlic­he Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektione­n nicht erkannt werden. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligun­g einer nachgewies­enen CoronaInfe­ktion gestorben sind, stieg auf 75.212.

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Der bayerische Ministerpr­äsident Söder bei der Regierungs­erklärung am Nachmittag im Landtag
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Nach der Marathonru­nde tief in der Nacht zu Dienstag: Kanzlerin Merkel und Bayerns Ministerpr­äsident Söder
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