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Neue Diskussion um Benin-Bronzen: Frage der Gerechtigkeit
Die Debatte um koloniale Raubkunst wird gerade neu angeheizt. Auch das Humboldt-Forum ist betroffen. Bundesaußenminister Heiko Maas bezieht klar Stellung.
In die Diskussion um koloniale Raubkunst in deutschen Museen kommt gerade neuer Schwung. Außenminister Heiko Maas hat sich dabei für eine korrekte Restitution afrikanischer Kulturgüter und speziell der Benin-Bronzen stark gemacht. "Zu einem aufrichtigen Umgang mit der Kolonialgeschichte gehört auch die Frage der Rückgabe von Kulturgütern", sagte er gegenüber der Presse.
Maas hat aktuell den Leiter d e r K u l t u ra b t e i l u n g des Außenministeriums, Andreas Görgen, nach Nigeria geschickt, um sich um eine Museumskooperation mit dem dort geplanten Museum Of West African Art in Benin-City zu kümmern. "Wir sind Teil einer größeren Entwicklung, in der wir dabei helfen sollten, dass kulturelle Infrastruktur in Ländern entsteht, aus denen wir Objekte in Deutschland haben", sagte der Minister. und Benin-City und mit der Benin Dialogue Group sei man bereits seit Längerem im Gespräch - ein "Dialog auf Augenhöhe", wie betont wird.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters attestiert den Verantwortlichen in der Stiftung ausdrücklich die nötige Sensibilität und "Sachkompetenz im Interesse größtmöglicher Transparenz", aber offiziell wird die Rückgabe umstrittener Objekte auf der Webseite der Stiftung weiterhin nur als "Option" genannt.
Grütters wird außerdem alle betroffenen Kulturminister der Länder zeitnah zu einer Gesprächsrunde einladen. Ein erster Schritt, den sie fordert, wird sein, die Bestände an umstrittenen Objekten vollständig zu digitalisieren, damit sie weltweit zugänglich und online einsehbar sind. Im "Fall Gurlitt", der die Bestände an Nazi-Raubkunst in deutschen Museen 2013 in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt hatte, gab es damals ein ähnliches Vorgehen.
Beauftragt mit der Koordination der Museen wurde Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung. Er soll in Absprache mit allen ethnologischen Museen und Sammlungen in Deutschland, die Benin-Bronzen und andere koloniale Raubkunst-Gegenstände im Bestand haben, eine Handhabungs-Strategie entwickeln.
Der größte Teil der berühmten Benin-Bronzen, zu denen auch viele Bronzebüsten der Herrscher im Königreich Benin gehören, befindet sich in den Beständen des Museums für Völkerkunde in Dresden, des Rautenstrauch-JoestMuseums in Köln, des Museums am Rothenbaum, Kulturen und Künste der Welt (MARKK) in Hamburg und des Ethnologischen Museums in Berlins, das zum Preußischen Kulturbesitz gehört.
Gegenüber den Herkunftsländern der wertvollen Kunstschätze räumt Parzinger bereits Entgegenkommen ein: "Wir sind zu Rückgaben bereit", erklärt er in einem aktuellen
TV-Interview mit dem Kultursender 3sat. "Wir sind mit Tansania im Gespräch, wir haben bereits einen Stiftungsrats-Beschluss zu einem Bestand an Objekten aus Namibia, wo ein ganz klarer Unrechtskontext vorliegt."
Herzstück der ethnologischen Sammlung im neuen Berliner Humboldt-Forum sollen bei der endgültigen Eröffnung die Benin-Bronzen sein, so die bisherige Planung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Träger des Forums. Im Herbst 2021 werden diese Kunstobjekte, die seit langem für kulturpolitischen Zündstoff sorgen, von ihrem bisherigen Standort in Berlin-Dahlem in die neuen Räumlichkeiten in Berlin-Mitte umziehen.
Die Bronzen stammen aus dem Königreich Benin, einer vorkolonialen und damals hoch entwickelten Monarchie, deren Hauptstadt im Südwesten des heutigen Staates Nigeria lag. Der britischen Kolonialmacht war das Benin-Reich damals zu mächtig und zu eigenständig geworden. Bei einer Strafexpedition legten die Briten im Benin alles in Schutt und Asche - nachdem sie die Paläste geplündert hatten. Die Kolonialherren nahmen alles mit, was sie an Kunstschätzen und Kulturgütern tragen konnten.
Schätzungsweise 4000 Objekte umfasste diese Kriegsbeute der Briten, die in alle Welt verkauft wurden. In den Folgejahren gelangten die Bronzen über Auktionshäuser und Kunsthändler in den Besitz europäischer Museen. Bis heute herrscht zwischen großen Häusern in London, Paris und Berlin ein Wettstreit, wer dem Publikum mehr historische Kunstschätze präsentieren kann. Mindestens 80 Prozent des kulturellen Erbes Afrikas steht in europäischen Museen, so die Meinung fachkundiger Experten. Ein Großteil davon verstaubt in den Depots.
Stiftungspräsident Hermann Parzinger sieht in der erneuten Diskussion auch neue Chancen: "Ich finde, dass Benin-Bronzen im Humboldt-Forum nach der jetzigen Diskussion gezeigt werden müssen. Gezeigt werden müssen, mit der ganzen Geschichte, dem ganzen Hintergrund dazu", sagt er im 3satInterview.
Für das Humboldt-Forum, das im Herbst 2021 eröffnet werden soll, sei es eine kulturpolitische Verpflichtung, dass Besucher diesen kolonialgeschichtlichen Zusammenhang wissen müssen: "Das ist auch Teil des Konzeptes. Es ist ganz wichtig, dass wir dieses Thema nicht aussparen und dass wir das selbstkritisch aufgreifen. Das ist der Weg, der in die Zukunft führt."
merikas. Doch es hält ihn nicht in Argentinien, wie Hunderttausende anderer Juden zieht es auch ihn in den neu gegründeten Staat Israel.
1956 verlässt er Buenos Aires und ergattert eine Stelle beim Israel Philharmonic Orchestra. Schon ein paar Tage nach seiner Ankunft hat er den ersten Solo-Auftritt. Feidman, der bei seiner Ankunft in Israel weder Hebräisch noch Jiddisch sprechen kann, nicht einmal Englisch, saugt all dies in sich auf: "Erst als ich in Israel war, wurde mir bewusst, wie wichtig jüdische Musik für mich sein würde. Damals konnte ich noch nicht wissen, wie sehr diese Musik eines Tages mein Leben und meine Karriere als Musiker verändern und bestimmen würde." zehnte lang spielt Giora Feidman beim Israel Philharmonic Orchestra; dann begibt er sich auf Solo-Pfade, geht nach New York und spielt Klezmer. Feidmans Managerin und spätere Ehefrau, die israelische Komponistin Ora Bat Chaim, hat zunächst Mühe, Engagements für ihn zu finden: "Immer und immer wieder wurde mir mitgeteilt, es gäbe kein Publikum für einen Künstler, unabhängig davon wie talentiert er sei, um ein vollständiges Abendprogramm mit jüdischer Musik zu bestreiten. Wie sehr sie sich geirrt haben."
Giora Feidman verhilft der Klezmermusik rund um den Globus zu neuer Blüte. Längst reicht ihm die Konzertbühne nicht mehr. Immer wieder wirkt er in Theaterstücken, Musicals, Opern und Filmen mit. In Deutschland wird er 1984 bekannt, als Regisseur Peter Zadek für seine Inszenierung des Musicals "Ghetto" von Joshua Sobol einen jüdischen Musiker sucht. An der Seite der Israelin Esther Ofarim hat er die zweite Hauptrolle.
Deutschen und Juden angesprochen, meinte er in einem Interview mit dem Katholischen Nachrichtendienst: "Der heilende Prozess zwischen Juden und Deutschen ist zu Ende. Wir leben in der Gegenwart, und die ist Einheit. Was nicht heißt, dass wir die Vergangenheit vergessen sollen." Jeden Gedanken an eine deutsche Kollektivschuld für den Holocaust oder gar eine Schuld der Nachgeborenen lehnt er ab. "Wir fühlen uns als Gesellschaft verantwortlich, schämen uns als Menschen, dass so etwas passieren konnte, aber nicht als Deutsche oder als Juden."
Irgendwann wird auch Hollywood aufmerksam auf den Mann mit der Klarinette. 1994 spielt Feidman zusammen mit dem Geiger Itzhak Perlman die Oscar-prämierte Musik zu Steven Spielbergs Holocaust Drama "Schindlers Liste" ein. 1996 ist er in der deutschen Produktion "Jenseits der Stille" zu hören. Der Film erzählt die Geschichte eines Mädchens gehörloser Eltern, dessen Klarinettenspiel ihr und ihren
Eltern ein Tor zur Welt öffnet. Ein Jahr später ist er in einer Nebenrolle in Joseph Vilsmeyers Film "Comedian Harmonists" zu sehen.
Trotz seiner Liebesbeziehung zum Klezmer ist Giora Feidman ein musikalischer Allrounder. Er lässt sich nicht in eine Schublade pressen, geht immer wieder musikalische Fusionen mit Jazz, Soul, Klassik oder Tango, der Musik seiner argentinischen Heimatstadt Buenos Aires, ein. Später kommen vermehrt sinfonische Musik zeitgenössischer israelischer Komponisten und klassische Werke hinzu.
Ebenso wenig wie er sich um musikalische Grenzen schert, kümmern ihn die Grenzen zwischen den Völkern. In Deutschland bekommt er 2001 das Bundesverdienstkreuz für seine besonderen Verdienste um die Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden. Beim Weltjugendtag 2005 tritt er in Köln vor 800.000 Menschen und Papst Benedikt XVI auf.
2017 erfüllt er sich einen lang gehegten Traum. Der erklärte Beatles-Fan interpretiert die Songs der britischen Band mit vier Celli neu und verpasst ihnen einen kammermusikalischen Rahmen. Und auch ein neues Sextett mit türkischen sowie israelischen Musikern gründet er in diesem Jahr. Klassik verschmilzt hier mit Folk und Klezmer, Orient mit Okzident, Judentum mit muslimischer Kultur. Tour und Album mit dem bezeichnenden Namen "Klezmer For Peace" sind ein Riesenerfolg.
Zeit seines Lebens ist Giora Feidman neugierig auf Neues geblieben, verrät er in seinem Buch. Und mit dieser Neugier hat er ganze Generationen von Klezmer-Musikern inspiriert es ihm gleichzutun. Längst ist er ein Weltstar, doch der Ruhm ist ihm nicht zu Kopf gestiegen. Feidman ist kein Mann der großen Worte, er lässt lieber seine Klarinette sprechen - ohne sie kann er nicht sein.
Dies ist die aktualisierte Fassung eines früheren Geburtstag-Porträts.