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ZDF-Serie: Polnisches Gericht fordert Entschuldigung
Zu Unrecht sei die "Heimatarmee" in der TV-Reihe "Unsere Mütter, unsere Väter" als antisemitisch dargestellt worden - so das Urteil des Berufungsgerichts.
Die Entschuldigung solle im polnischen Fernsehen sowie in sämtlichen Kanälen des Zweiten Deutschen Fernsehens veröffentlicht werden, so das Berufungsgericht. Die Macher von "Unsere Mütter, unsere Väter" waren bereits in erster Instanz 2018 zu einer Entschuldigung und einer Entschädigung verurteilt worden. Das ZDF legte gegen dieses Urteil Berufung ein - und verlor nun erneut.
Geklagt hatte ein polnischer Kriegsveteran der "Heimatarmee" (Armia Krajowa, kurz: AK), einer der größten Widerstandsorganisationen im Zweiten Weltkrieg. Der inzwischen 96 Jahre alte Veteran, der selbst das Vernichtungslager Ausschwitz überlebt hatte, warf dem ZDF und UFA Fiction vor, mit der TV-Produktion seine Persönlichkeitsrechte verletzt zu haben.
Im Fokus steht eine umstrittene Szene des ZDF-Dreiteilers: Ein Vertreter der polnischen
Untergrundorganisation "Heimatarmee" sagt angesichts eines Zuges mit KZ-Häftlingen, die er seinem Schicksal überlassen will: "Weil das Juden sind, und die sind schlimmer als die Kommunisten." einen pauschalen Vorwurf, die "Heimatarmee" sei eine antisemitische Organisation gewesen. Nach der Ausstrahlung der Serie im März 2013 in Deutschland folgten Proteste polnischer Veteranen und rechter Gruppen vor dem Sitz des ZDF-Studios in Warschau.
Nach einem jahrelangen Rech tsstrei t u rtei l te das Berufungsgericht in Krakau nun, der Dreiteiler zeige Partisanen mit einer weiß-roten "AK"-Armbinde, die "einen Widerwillen gegen Juden hatten, ihrem Los gegenüber gleichgültig und von einer antisemitischen Haltung durchdrungen waren." Dieser Zugang der Filmemacher führe dazu, dass die "Heimatarmee" als Formation wahrgenommen werde, in der eine antisemitische Haltung überwogen habe. Damit sei die Freiheit der Meinungsäußerung überschritten worden, so das Gericht.
In Stellungnahmen des ZDF und der Produktionsfirma UFA Fiction hieß es jeweils, man bedauere, dass das Gericht der Kunstfreiheit keine ausreichende Beachtung geschenkt habe. Sobald das Urteil schriftlich vorliege, wolle man die Begründung prüfen und Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen. An der Drehbuchentwicklung für den Dreiteiler seien namhafte Fachhistoriker beteiligt gewesen.
woy/pj (dpa)
rona-Inzidenzzahl öffnen oder schließen. Im Sommer 2020 sah es nach Entspannung aus, im November wurde wieder dicht gemacht, Anfang März 2021 kam der Beschluss, dass Museen, Zoos und Geschäfte - unter Auflagen - wieder öffnen dürfen. Dann ordnete die Regierung am 22. März wegen der alarmierenden Zahl der Neuansteckungen mit dem Coronavirus eine "Osterruhe" an, in der im Land alles schließen soll - um sie zwei Tage später nach massiver Kritik wieder zu kippen.
"Wenn wir irgendwie aus dieser Schleife des Auf/Zu, Auf/ Zu rauskommen wollen, muss ich doch ein Gefühl dafür entwickeln, wie ich Normalität absichern kann", sagt Berlins Bürgermeister Michael Müller bei einer Pressekonferenz am 23. März. Impfen sei der Königsweg; aber bekanntlich hapert es ja in Deutschland daran, da es nicht genug Vakzine gibt. Insofern setzt man aufs Testen - auch beim Berliner Pilotprojekt, an dem neben der Philharmonie auch die Volksbühne und die Deutsche Oper beteiligt sind. Den Anfang hatte das Berliner Ensemble gemacht; 350 Zuschauer waren zugelassen, die Karten waren - genau wie bei allen anderen acht Live-Veranstaltungen - in Windeseile ausverkauft.
Einige hätten ihn gefragt: "Bürgermeister, du redest darüber, dass die Zahlen hochgehen und Dinge wieder eingeschränkt werden sollen und gleichzeitig werden Modellprojekte ermöglicht. Wie kommt das?", sagt Michael Müller und gibt gleich die Antwort: Es sei ein Versuch zu erproben, wie es endlich wieder weitergehen könne. Ein Modellprojekt mit Öffnungsszenarien, das neben der Kultur auch auf andere Branchen wie zum Beispiel die arg gebeutelte Gastronomie oder Hotellerie ausgeweitet werden soll, die seit Monaten keine Gäste mehr empfangen dürfen.
Dass das Testen in der Charité (Berliner Krankenhaus, Anm. d. Red.) gut laufe, überrasche keinen, so Müller, aber in der Philharmonie habe das eben auch geklappt. "Wir halten fest an unserem Modellprojekt, man muss Erfahrungen sammeln."
Aus dem Berliner Senat kommt Rückenwind. "Testprojekte sind laut einer Klausel ausdrücklich erlaubt", sagt Pressesprecher Daniel Bartsch der DW. Und wenn Termine wegen Regierungsbeschlüssen wie der "Osterruhe fürs ganze Land" verschoben werden müssten, dann würden sie eben zeitnah nachgeholt. "Es ergibt ja keinen Sinn, wenn die Regierung einen kompletten gesellschaftlichen Stillstand beschließt und in dieser Zeit dann die Pilotveranstaltungen stattfinden." Aber", und das betont er ausdrücklich, "es ist wirklich nur ein Pausieren!"
Die Staatsoper unter den Linden hatte sich schon auf eine Verschiebung der Aufführung von Mozarts "Die Hochzeit des Figaro" um ein paar Tage eingestellt, als die "Osterruhe" wieder zurückgenommen wurde. Das ewige Hin und Her von verordnetem und zurückgezogenem Shutdown zerrt an den Nerven. "Wir haben ja keine große Wahl", sagt Pressesprecherin Victoria Dietrich der DW. "Wir müssen jetzt sehen, wie wir gemeinsam eine Entscheidung treffen."
Bei den Berliner Philharmonikern ist man jedenfalls froh, dass alles so gut gelaufen ist. Im April, wenn alle Live-Veranstaltungen des Pilotprojekts über die Bühne gegangen sind, soll in Zusammenarbeit mit Medizinern und Hygienikern die Auswertung des Pilotprojektes erfolgen, so Intendantin Zietzschmann. "Wir brauchen eine gesunde Balance aus Sicherheit und der Ermöglichung von Dingen für die Gesellschaft."
Ob das in ganz Deutschland mit Spannung beobachtete Berliner Pilotprojekt weiterlaufen oder bundesweit sogar zum Standard erhoben werden kann, bleibt abzuwarten. Aber immerhin ist es ein Anfang, die von allen schmerzlich vermisste Live-Kunst wieder möglich zu machen.