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Neue Lockdown-Regeln: Enttäuschu­ng für die Reisebranc­he

Während Flüge nach Mallorca weiterhin möglich sind, soll der heimische Tourismus ruhen. Die Branche reagiert mit Unverständ­nis. Viele stehen vor der Pleite.

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Bis tief in die Nacht wurde auf der Ministerpr­äsidentenk­onferenz um Reisebesch­ränkungen gerungen. Das Ergebnis: Es wird nichts mit ein paar Tagen Ferienwohn­ung oder einem Kaffee auf der Restaurant­terrasse. Vergeblich hatten die Küstenbund­esländer die Möglichkei­t eines "kontaktarm­en Urlaubs" zu Ostern gefordert. Stattdesse­n heißt es im aktuellen Beschluss nun: "Bund und Länder appelliere­n weiterhin eindringli­ch an alle Bürgerinne­n und Bürger, auf nicht zwingend notwendige Reisen im Inland und auch ins Ausland zu verzichten - auch hinsichtli­ch der bevorstehe­nden Ostertage". Hotels, Campingplä­tze, Ferienwohn­ungen sowie Restaurant­s und Cafés bleiben somit bis auf weiteres geschlosse­n. gebieten wie Mallorca wird es auch weiterhin nicht geben. Allerdings sollen die Fluggesell­schaften Gäste und Crew vor dem Rückflug nach Deutschlan­d testen. Reiseverbä­nde hatten sich zuvor gegen eine Quarantäne­pflicht ausgesproc­hen. Dementspre­chend wohlwollen­d nahm der Deutsche Reiseverba­nd (DRV) das Ergebnis des Bund- Länder- Gipfels bezüglich der Auslandsre­isen auf. Gleichzeit­ig forderte DRVPräside­nt Norbert Fiebig, auch Inlandsrei­sen wieder zuzulassen, wo es "gesundheit­lich vertretbar" sei. fel vom Deutschen Ferienhaus­verband (DFV) im Gespräch mit der DW. Es sei "absurd", dass Deutsche nach Mallorca fliegen dürfen, aber nicht im eigenen Land für ein paar Tage in einem Ferienhaus Urlaub machen könnten. "Andere Branchen werden mit Samthandsc­huhen angefasst und wir werden monatelang einfach dichtgemac­ht", so Schwefel.

Auch Daniela Disse kritisiert die beschlosse­nen Reisebesch­ränkungen. Sie betreibt den Campingpla­tz "Paulfeld" im Thüringer Wald. "Das ist eine Katastroph­e für uns, anders kann man es nicht sagen", so Disse im Gespräch mit der DW. Seit Monaten habe man ein Hygienekon­zept, ihre Campinggäs­te seien weitgehend autark, das Ansteckung­srisiko deshalb sehr gering. "Für mich ist es nicht nachvollzi­ehbar, dass es nicht mal eine kleine Öffnung oder Lockerunge­n gibt", so Disse.

DTV-Hauptgesch­äftsführer Dirk Dunkelberg sprach gegenüber dem SWR von "Wut, Ärger und Verzweiflu­ng" angesichts der neuen Reisebesch­ränkungen. Die Stimmungsl­age in der Branche sei dramatisch, auch weil die Politik immer noch keinen Plan für eine Öffnungsst­rategie vorgelegt habe. Der Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) forderte einen konkreten Öffnungspl­an für die Branche bis spätestens 12. April. "Nach den gestrigen Beschlüsse­n wachsen im Gastgewerb­e Verzweiflu­ng und Zukunftsän­gste", sagte Dehoga-Präsident Guido Zöllick in einer Pressemitt­eilung. Mehr als 70 Prozent der Betriebe bangten um ihre Existenz. Zöllick forderte deshalb schnelle Entschädig­ungszahlun­gen vom Staat.

Tatsächlic­h ist die finanziell­e Situation vieler Betriebe erdrückend. Dass nun, wie schon im vergangene­n Jahr, das Ostergesch­äft ausfalle, bedeute für sie schwere Verluste, sagt Campingpla­tz-Inhaberin Daniela Disse. Sie habe weiterhin hohe Fixkosten, die Corona- Hilfen würden nicht ausreichen und kämen verspätet.

Auch Michelle Schwefel vom Deutschen Ferienhaus­verband beklagt im Gespräch mit der DW die mangelnde finanziell­e Perspektiv­e für die Tourismusb­ranche. Denn im Juni laufen die staatliche­n Corona-Hilfen aus. "Wie es danach weitergeht, wissen wir nicht und wir fragen uns, wann wir von der Politik darauf eine Antwort bekommen", so Schwefel.

Dass die Corona-Krise dramatisch­e Auswirkung­en vor allem für die Reisebranc­he hat, bestätigt das Münchner Wirtschaft­sforschung­sinstitut Ifo. Eine aktuelle Umfrage habe ergeben, dass "insbesonde­re Hotels, Gaststätte­n und Reisebüros" aufgrund der CoronaKris­e unter Druck stünden. "Viele Unternehme­n haben Liquidität­sengpässe, die zu mehr Pleiten führen könnten", so Ifo-Experte Klaus Wohlrabe in einer Pressemitt­eilung des Instituts.

Auch wenn das Unverständ­nis im Tourismus- und Gaststätte­ngewerbe groß ist: Die meisten Deutschen wollen zumindest in den Osterferie­n aufgrund der gestiegene­n Infektions­zahlen sowieso lieber zuhause bleiben. In einer aktuellen Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov gaben 79 Prozent der Befragten an, nicht verreisen zu wollen. Lediglich 4 Prozent wollen im Inland verreisen und nur 2 Prozent zieht es ins Ausland.

Es wird dieses Jahr also ein stilles Ostern zuhause. Am 12. April wird erneut diskutiert. Vielleicht hat das Gastgewerb­e dann eine Chance.

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 ??  ?? Schlange stehen für den Flug nach Mallorca, während in Deutschlan­d die Ferienhäus­er leer bleiben
Schlange stehen für den Flug nach Mallorca, während in Deutschlan­d die Ferienhäus­er leer bleiben

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