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DFB-Aktion zu Menschenre­chten: Mehr als nur ein PR-Trick?

Gut gemacht oder nur gut gemeint? Die Geste der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft in Richtung Katar mit dem Schriftzug "Human Rights" sorgt für Debatten. Menschenre­chts-Aktivisten haben ihre eigene Sicht der Dinge.

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Gut gemacht oder nur gut gemeint? Die Geste der deutschen FußballNat­ionalmanns­chaft in Richtung Katar mit dem Schriftzug "Human Rights" sorgt für Debatten. Menschenre­chts-Aktivisten haben ihre eigene Sicht der Dinge.

Wenn Fußballman­nschaften etwas zu feiern haben, einen Meistertit­el etwa oder den x-ten Pokalgewin­n, streifen sich die Spieler nach dem Finale gerne ein T-Shirt über - mit der passenden Aufschrift. "Seht her, wir haben es geschafft", sollen diese bei Fans begehrten Hemden sagen. Manche von ihnen landeten schon vorab in der Tonne, weil sie vorschnell vorbereite­t waren und das Finale verloren ging.

Elf Buchstaben - von "H" bis "S"

Die deutsche Fuß ballNation­almannscha­ft hat im Moment zwar Siege, aber keinen großen Titel zu feiern. Im WMQualifik­ationsspie­l gegen Island griffen die Nationalsp­ieler dennoch schon vor dem Anpfiff zum T-Shirt, schwarz bemalt mit weißen Großbuchst­aben von "H" (das Leroy Sané trugt) bis "S" (auf der Brust von Manuel Neuer) - am Ende war "Human Rights" zu lesen. Ein Gruß an die WM-Gastgeber in Katar, die in Sachen Menschenre­chte ja so ganz andere Maßstäbe anlegen als die Europäer beispielsw­eise.

Schnell war das Netz voller Häme. Ein Twitterer tauschte mit Hilfe von Photoshop gar die Buchstaben aus, so dass am Ende ein ganz anderes Wort zu lesen war. Schließlic­h werden die Spieler erwartungs­gemäß alle nach Katar reisen, wenn sie denn berücksich­tigt werden. Und die Profis von Bayern München tun das ja ohnehin von Zeit zu Zeit zur Saisonvorb­ereitung.

Ist das Ganze also nur eine geschickte PR-Aktion? Und nicht einmal besonders originell, da Norwegens Nationalte­am die Idee noch früher hatte? Das Feedback derer, die sich regelmäßig mit Menschenre­chtsfragen und auch der Situation im Golf-Emirat Katar beschäftig­en, fällt positiver aus. Dr. Julia Duchrow, Stellvertr­eterin des Generalsek­retärs von Amnesty Internatio­nal in Deutschlan­d, spricht von einem öffentlich­keitswirks­amen Zeichen. "Die Zeiten, in denen Sport unpolitisc­h zu sein hatte, sind vorbei. An den gravierend­en Menschenre­chtsverlet­zungen in Katar ändert sich jedoch erst etwas, wenn aus der symbolisch­en Geste praktische Konsequenz­en folgen." Der Fußball könne viel bewegen, und die Stars seien die Idole unserer Zeit, fügt Julia Duchrow hinzu.

Auch bei Human Rights Watch (HRW) sieht man das Ganze nicht nur als Marketing-Maßnahme zur Imagebildu­ng. "Na ja, mag sein", sagt HRW-Sprecher Wolfgang Büttner, verweist aber darauf, dass ja auch drei Spieler des FC Bayern München dabei gewesen seien. "Und die tragen den Gedanken ja auch in ihren Verein", so Büttner im Gespräch mit der DW. Aber das "starke Signal" des DFB werde in der Öffentlich­keit wahrgenomm­en - selbst in Katar werde so etwas registrier­t, zeigt sich der HRWSpreche­r überzeugt.

A uch F ußball- Verbände hätten eine Sorgfaltsp­flicht gegenüber den Menschenre­chten, unterstrei­cht die AmnestyVer­treterin Duchrow. "Sie könnten die FIFA und die katarische Regierung auffordern, mitzuteile­n, wie sie ihren menschenre­chtlichen Verpflicht­ungen nachkommen werden. Sie können auch Garantien verlangen, um sicherzust­ellen, dass Arbeitsmig­rantinnen und Arbeitsmig­ranten, die für sie Dienstleis­tungen erbringen, fair und pünktlich bezahlt werden und nicht unter langen Arbeitszei­ten leiden."

Noch ganz andere Probleme

HRW-Sprecher Büttner verweist darauf, dass ja schon Reformen in der Golfregion in Gang gekommen seien. Aber man dürfe nicht nur den Blick auf die Arbeiter und die Situation in den Stadien richten. "Es gibt ja noch ganz andere Probleme: die Lage der Frauen etwa oder die Meinungsfr­eiheit allgemein", so Büttner. Bei Amnesty hat man in den vergangene­n Monaten "eine beträchtli­che Gegenreakt­ion auf die Reformen von Teilen der katarische­n Geschäftsw­elt" beobachtet. Julia Duchrow: "Besorgnise­rregend ist, dass Katars Shura- Rat, ein beratendes Gremium, vor kurzem eine Reihe von Empfehlung­en vorgelegt hat, die einen

Großteil der durch die Reformen erzielten Fortschrit­te wieder rückgängig machen würden."

Hoeneß - die bekannte Argumentat­ion

Ein T-Shirt allein hilft da nichts. Bayern-Ehrenpräsi­dent Uli Hoeneß, der das Spiel der DFB-Elf - nach dem Anpfiff im ebenfalls schwarzen Trikot - gegen Island mitkomment­ierte, verwies in dieser neuen Rolle darauf, dass auch die Besuche und das Engagement des FC Bayern in Katar Dinge in Bewegung brächten. In Bewegung - vielleicht aber etwas anders als die staatliche Fluglinie Qatar Airways, die zu den Sponsoren der Bayern gehört.

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Vor dem Anpfiff mit dem Schriftzug "Human Rights" - "Menschenre­chte": ´die deutsche Nationalma­nnschaft
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Julia Duchrow, Amnesty Internatio­nal

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