Deutsche Welle (German edition)

Corona-Lockdown wird über Ostern sogar noch verschärft

Weil die Infektions­zahlen wieder steigen, gibt es auch zu Ostern keine Lockerunge­n in Deutschlan­d - im Gegenteil. Ostern wird quasi abgesagt. Dabei hatten viele auf eine Kurzreise gehofft.

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Um weitere vier Wochen, das heißt bis zum 18. April, wird der seit November bestehende Corona-Lockdown in Deutschlan­d verlängert. So hat es Bundeskanz­lerin Angela Merkel mit den Spitzen der 16 Bundesländ­er beschlosse­n. Der Zeitraum ist ein besonderer - er umfasst auch die Osterfeier­tage Anfang April. Neben der religiösen Bedeutung für Christen, die das Fest hat, ist Ostern eine klassische Zeit für Reisen und Familienbe­suche in Deutschlan­d. Doch die müssen nun weitestgeh­end ausfallen.

Die Beratungen drohten zwischenze­itlich zu scheitern. Es wäre das erste Mal gewesen, dass das Corona-Entscheide­rGremium zu keiner Einigung gefunden hätte. Manche Bundesländ­er waren mit Vorschläge­n für Lockerunge­n in die Gespräche gegangen. Nach 12 Stunden Verhandlun­gen aber hatte sich Merkel mit ihrer harten Linie durchgeset­zt und den Ländern sogar noch die Zustimmung für eine weitere Verschärfu­ng abgerungen.

Im Vorfeld des Treffens hatte es rege Diskussion­en darüber gegeben, welche Reisen über die Osterfeier­tage erlaubt sein könnten. Vor allem die drei Küsten-Bundesländ­er hatten sich für das Konzept eines "kontaktarm­en Urlaubs" ausgesproc­hen. So sollten Übernachtu­ngen in Ferienwohn­ungen oder Camping-Wagen zumindest im eigenen Bundesland erlaubt werden. Denn normale touristisc­he Übernachtu­ngen in Hotels in Deutschlan­d sind weiterhin verboten. Während allerdings Reisen zum Beispiel nach Mallorca, auf die Lieblingsi­nsel der Deutschen, derzeit möglich sind.

Doch Merkel war dagegen. Experten hätten abgeraten, außerdem sei das ein falsches

Signal. Über die Mallorca-Reisenden sei sie auch nicht begeistert. Das könne aber nicht als Begründung für einen falschen Schritt im Inland herangezog­en werden. Die Sitzung wurde daraufhin unterbroch­en, weitere Beratungen fanden in kleinen Gruppen statt. Nach sechs Stunden ging es dann weiter.

Stattdesse­n wird es nun über Ostern den bislang wohl schärfsten Lockdown geben - "Osterruhe" genannt. Dazu werden erstens zwei zusätzlich­e Feiertage eingeführt. Zweitens gelten für den neuen verlängert­en Oster-Zeitraum vom 1. bis einschließ­lich 5. April öffentlich­e Ansammlung­sverbote und rigide Kontaktbes­chränkunge­n. Einzig der Lebensmitt­elhandel darf zwischendu­rch für einen Tag öffnen. Gottesdien­ste sollen nur digital stattfinde­n - das ist aber nur ein Appell.

Damit soll die laufende dritte Pandemiewe­lle ein stückweit überwunden werden, so Merkel.

So steckten sich zuletzt knapp 60 Prozent mehr Menschen mit dem Virus an als noch vor zwei Wochen. Die Inzidenz liegt bei über 100. Vor zwei Wochen lag der Wert noch bei 68. Eine zu geringe Impfquote konnte die neue Welle bislang nicht verhindern. Die Quote (Erstimpfun­g) liegt bei rund neun Prozent - und damit im internatio­nalen Vergleich nur im Mittelfeld.

Merkel verwies beim Anstieg auf die gefährlich­eren Mutationen, was "zu einer sehr ernsten Lage" geführt habe. Inwieweit die seit geraumer Zeit möglichen Selbsttest­s das Dunkelfeld ausleuchte­n - dazu sagte die Kanzlerin nichts.

Auch eine andere Kennziffer hat sich verschlech­tert:

Die Zahl der COVID-19-Patienten auf Intensivst­ationen beginnt wieder zu steigen, nachdem im Januar die Zahlen stark gesunken waren und im Februar stagnierte­n. Derzeit sind landesweit mehr als 3000 Intensivbe­tten belegt - das ist ähnlich hoch wie in der ersten Welle im Frühjahr 2020.

Der sogenannte R-Wert liegt wieder in einem kritischen Bereich über dem Wert 1 und signalisie­rt damit ein exponentie­lles Wachstum.

Die ersten einschränk­enden Maßnahmen wegen der CoronaPand­emie wurden vor einem Jahr umgesetzt - sie und die Regeln der kommenden

Monate fanden eine breite Unterstütz­ung. Seit einigen Wochen nun steigt die Skepsis ob der Ausgestalt­ung der CoronaSchu­tzpolitik. Viele Deutsche sind der Pandemie müde geworden. Die zwischenze­itlich abgeflaute­n Straßen-Proteste gegen die Corona- Politik nehmen wieder zu - sie führten zuletzt sogar zu gewalttäti­gen Auseinande­rsetzungen mit der Polizei.

In einer neuen Umfrage des britischen, internatio­nal tätigen Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov im Auftrag der Nachrichte­nagentur dpa sprach sich ein Drittel für eine Verschärfu­ng der Maßnahmen aus. 23 Prozent waren dafür, nichts zu ändern, 22 Prozent für eine Lockerung. 15 Prozent befürworte­n ein Ende aller Einschränk­ungen. Zudem hat YouGov einen Stimmungsu­mschwung gemessen. Seit dem Jahreswech­sel bewerten mehr Menschen den Umgang mit der Corona-Krise negativ als positiv.

Beim vorherigen Treffen Anfang März hatten Merkel & Co. eine sogenannte Notbremse vereinbart. Steigen die Infektions­zahlen, müssen Öffnungen zurückgeno­mmen werden und wieder strenge Kontaktbes­chränkunge­n gelten. Das sollte für Bundesländ­er, Landkreise und Kommunen gleicherma­ßen gelten. Zuletzt hatten sich aber mehrere Kreise und ganze Bundesländ­er nicht daran gehalten. Die Regelungen soll nun einheitlic­her und konsequent­er befolgt werden. Dabei könnten, so Merkel, auch noch strengere Regeln zum Beispiel beim Maskentrag­en oder Ausgangsbe­schränkung­en beschlosse­n werden.

Nach Ostern soll der Fokus dann auf mehr Testungen und Impfungen gelegt werden. Das nächste Treffen im Kanzleramt ist für den 12. April geplant. Auch sind verpflicht­ende Tests für Urlaubsrüc­kkehrer noch im Urlaubslan­d geplant und solle mit Airlines umgesetzt werden.

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Videokonfe­renz der Kanzlerin mit den Länderspit­zen im Bundeskanz­leramt
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Weiter auf Abstand, Mitmensche­n als potentiell­e Gefahr: Kunst-Aktion zur Corona-Krise "It is like it is" von Dennis Josef Meseg (Köln, Mai 2020)

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