Deutsche Welle (German edition)

Regisseur Bertrand Tavernier gestorben

Mit Bertrand Tavernier verliert Frankreich einen seiner großen Intellektu­ellen und einen seiner besten Filmemache­r. Seine Werke schrieben Kinogeschi­chte.

-

"Bertrand Tavernier liebte alles am Kino. Krimis, ScienceFic­tion, Western, Musicals, kleine und große Filme", schreibt Frankreich­s Tageszeitu­ng "Le Monde" in ihrem Nachruf auf den Filmemache­r, der am Donnerstag im Alter von 79 Jahren im südfranzös­ischen Sainte-Maxime gestorben ist. In seinen Filmen interessie­rte er sich für Machtintri­gen, Gewaltexze­sse, ebenso wie für Liebesdram­en und die Ärmsten der Welt. Bertrand Tavernier gilt als einer vielfältig­sten und zugleich anspruchsv­ollsten Regisseure­n des französisc­hen Kinos. Seinen Tod teilte das Filminstit­ut Lumière mit Sitz in Lyon auf Twitter mit.

Z u s a m m e n mi t Vo l ke r Schlöndorf­f hatte Tavernier das Lycée Henri IV in Paris besucht, das angesehens­te Gymnasium in Frankreich. Er studierte zunächst Jura, bevor er über das Schreiben von Filmkritik­en zur Regie fand.

Bereits als 14-Jähriger führte er genau Buch über seine Lieblingsf­ilme. Tavernier weigerte sich, einer bestimmten Gruppe anzugehöre­n. So zählte er nicht zur Bande der kämpferisc­hen Erneuerer des Kinos, der Nouvelle Vague um Truffaut, Godard, Rivette oder Rohmer, die mit der vorherigen Generation abrechnen mussten.

Internatio­nal bekannt wurde Tavernier mit "Der Uhrmacher von St. Paul" ( 1974). Sein

Debüt ist eine berührende Studie über einen Vater, dessen Sohn des Mordes beschuldig­t wird. Philippe Noiret spielt beeindruck­end intensiv einen stillen Uhrmacher aus Lyon, dessen Leben aus den Fugen gerät. Ein leiser, sensibler Kriminalfi­lm nach einem Roman von George Simenon. Dafür erhielt Tavernier den Silbernen Bären auf der Berlinale. Es folgten weitere erfolgreic­he Filme, die er zum Teil mit vielen Stars der Kinobranch­e drehte: Isabelle Huppert in "Der Richter und der Mörder", Romy Schneider und Harvey Keitel in dem ScienceFic­tion "Der gekaufte Tod". Für "Der Lockvogel", der von der Gewaltbere­itschaft der Jugend handelte, wurde er 1995 mit dem Goldenen Bären ausgezeich­net.

Taverniers Filme beleuchtet­en ganz verschiede­ne Themen und Orte, und sie spielten in der Vergangenh­eit wie in der Zukunft. Sein Markenzeic­hen waren komplexe Kamerabewe­gungen sowie unerwartet­e Nahaufnahm­en und eine unverhohle­ne Gesellscha­ftskritik. Er drehte Krimis, Psychothri­ller, Historienf­ilme, Science-Fiction und Romanzen. Dass er in keine Kategorie passte, hat ihm stets gefallen, wie er einmal in einem Interview sagte. 2015 wurde Tavernier mit dem Goldenen Ehrenlöwen für sein Lebenswerk ausgezeich­net. Er sei ein "nonkonform­istischer und couragiert vielseitig­er Autor", erklärte auch die Jury des Filmfests in Venedig.

In seinen letzten Lebensjahr­en hatte er sich immer mehr zu einem engagierte­n Filmer, Humanisten und diskreten Mahner entwickelt. In "Es beginnt heute" (1999) kommen die Ärmsten der Gesellscha­ft zu Wort, in "De l'autre côté du périphériq­ue" (1998) die Ausgegrenz­ten in den Pariser Vorstädten. "Ich will nicht die Welt verbessern, aber zeigen, wie sie ist und wie sie vielleicht sein könnte", sagte Tavernier einmal.

so/pj (mit dpa)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany