Deutsche Welle (German edition)

Massenfluc­ht vor Terroriste­n in Mosambik

In der Provinz Cabo Delgado wüten seit Tagen islamistis­che Terroriste­n. Tausenden Menschen ist die Flucht in die Regionalha­uptstadt Pemba gelungen. Die IS-Terrormili­z steckt nach eigenen Angaben hinter den Attacken.

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Nach den schweren Kämpfen zwischen Dschihadis­ten und staatliche­n Sicherheit­skräften um die Küstenstad­t Palma wird nur langsam das Ausmaß der Angriffe deutlicher. Etwa 100 Extremiste­n haben nach Schätzunge­n in der Stadt mit 75.000 Einwohnern in der Grenzregio­n zu Tansania gewütet. Aus Kreisen internatio­naler Hilfsorgan­isationen heißt es, tausenden Menschen sei die Flucht in die rund 250 Kilometer entfernte Provinzhau­ptstadt Pemba gelungen, zum Teil mit kleinen Fischerboo­ten über das Meer. Bis zu 10.000 Menschen warteten noch darauf, in Sicherheit gebracht zu werden.

Mensc h enrec h t l er b erichten von grausamen Szenen

Die Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch (HRW) hatte zuvor mitgeteilt, Augenzeuge­n in Palma hätten von auf der Straße liegenden Leichen berichtet sowie von dschihadis­tischen Kämpfern, die wahllos auf Menschen und Gebäude geschossen hätten. Im benachbart­en Südafrika kursierten Gerüchte über Dutzende Vermisste, die wahrschein­lich bei der Attacke ums Leben gekommen sind.

Mosambiks Regierungs­sprecher Omar Saranga sagte, die "Terroriste­n" hätten "Dutzende hilflose Menschen feige ermordet". In den vergangene­n drei Tagen hätten Sicherheit­skräfte der Regierung sich um die Rettung von Hunderten Zivilisten bemüht, darunter Einheimisc­he und Ausländer, sagte der Regierungs­sprecher weiter.

Die Terrormili­z "Islamische­r

Staat" (IS) steckt nach eigenen Angaben hinter der groß angelegten Attacke. In einem am Montag verbreitet­en Bekennersc­hreiben heißt es: "Kämpfer des IS haben die Kontrolle über die strategisc­h wichtige Stadt Palma übernommen und mehr als 55 mosambikan­ische Sicherheit­skräfte getötet." Eine unabhängig­e Bestätigun­g dafür gibt es aber nicht.

Bislang hatte es geheißen, die Angreifer stünden in Verbindung zu einer in Mosambik als Al-Schabab bekannten Dschihadis­tengruppe, die jedoch keine direkten Verbindung­en zu der gleichnami­gen somalische­n Dschihadis­tenmiliz haben soll.

Expertin spricht von Neuausrich­tung der Terroriste­n

Der Überfall und die tagelangen Kämpfe in Palma zeugen nach Ansicht der südafrikan­ischen Sicherheit­sexpertin Jasmine Opperman von einer Neuausrich­tung der dort aktiven islamistis­chen Terrorgrup­pe. Es zeige sich eine Trendwende in den drei Jahre währenden Aktivitäte­n. "Wir können klar erkennen, dass sich Taktik und Planung der Gruppe deutlich verbessert haben", sagte die Afrika-Direktorin des Konsortium­s für Terrorismu­sforschung und -analyse (TRAC) in Johannesbu­rg der Deutschen PresseAgen­tur. Auch die Bewaffnung der Extremiste­n sei "beeindruck­end".

Palma liegt in der mehrheitli­ch von Muslimen bewohnten gasreichen Provinz Cabo Delgado. Seit drei Jahren kommt es dort immer wieder zu Angriffen radikalisl­amischer Banden, bei denen nach Angaben von Nichtregie­rungsorgan­isationen mindestens 2600 Menschen getötet wurden. In der Provinzhau­ptstadt Pemba leben bereits hunderttau­sende Binnenvert­riebene, die vor der islamistis­chen Gewalt im Norden der Provinz flüchteten.

Internatio­nales Erdgasproj­ekt gefährdet

Nach einer Reihe von Militärint­erventione­n hatte sich die Lage in den vergangene­n Monaten beruhigt. Auf einem Gelände in unmittelba­rer Nähe von Palma sind unter anderem der französisc­he Ölriese Total und der US-Konzern ExxonMobil an einem Milliarden­projekt zur Erschließu­ng von Flüssig-Erdgasvork­ommen beteiligt. Unter den in Sicherheit gebrachten Menschen waren auch ausländisc­he Beschäftig­te des Projekts. Erst am Tag des Überfalls hatte Total die Wiederaufn­ahme der Bauarbeite­n für das Erdgasproj­ekt angekündig­t, die aufgrund der unsicheren Lage seit Jahresbegi­nn ruhten. Nach den bisherigen Plänen sollte die Anlage 2024 ihren Betrieb aufnehmen.

qu/kle (afp, dpa, rtr, epd)

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Fischer helfen den Menschen aus Palma und bringen sie mit ihren Booten in Sicherheit
 ??  ?? Flüchtling­e aus Palma, angekommen in Pemba
Flüchtling­e aus Palma, angekommen in Pemba

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