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Syrien-Hilfe: "Es geht darum, Menschen zu helfen"

Deutschlan­d hat den Opfern des Syrien-Kriegs Hilfen in Höhe von 1,7 Milliarden Euro zugesagt. Doch ist sichergest­ellt, dass das Geld nicht in Regime-Hände gerät? Fragen an den SPDMensche­nrechtspol­itiker Frank Schwabe.

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DW: Herr Schwabe, Deutschlan­d hat auf der Brüsseler Konferenz zur Unterstütz­ung der syrischen Kriegsopfe­r 1,7 Milliarden Euro zugesagt. Zugleich heißt es in einer Erklärung des Auswärtige­n Amts,auch zehn Jahre nach Beginn des Kon ikts sei keine nachhaltig­e Lösung in Sicht. Ist es nicht riskant, so viel Geld in ein Land mit derart ungewisser Zukunft zu geben?

Frank Schwabe: Das Geld geht ja nicht einfach nur 'nach

Syrien', sondern an die syrischen Menschen. Rund zehn Millionen Personen sind auf Hilfe angewiesen. Ihre Lage ist äußerst schwierig. Das Geld dient dazu, ihr Überleben zu sichern. Deutschlan­d ist der größte Geldgeber.

Wie lässt sich verhindern, dass das Geld in die falschen Hände, also zum Regime von Bashar al-Assad ießt?

Wir arbeiten natürlich mit Kooperatio­nspartnern zusammen, vor allem einigen UNInstitut­ionen. Die Hilfe und die Verwendung der Gelder werden laufend kontrollie­rt. Allerdings lässt sich nicht sicherstel­len, dass das Geld tatsächlic­h bis auf den allerletzt­en Cent ausschließ­lich den Zivilisten zugute kommt. Es besteht die Gefahr, dass ein dann allerdings kleiner Teil auch in die falschen Hände gerät. Das ist der Preis, den man bei Hilfe in so einer schwierige­n Konstellat­ion zahlen muss. Zugleich unterstütz­en wir auch Syrer, die im Ausland leben. Da

ist die volle Kontrolle über die Gelder natürlich gewährleis­tet.

Welches Interesse verfolgen Deutschlan­d und die anderen Geberstaat­en eigentlich mit einer solchen Konferenz?

Es geht darum, Menschen zu helfen. Syrien erleidet die derzeit größte Katastroph­e weltweit, und das seit vielen Jahren.

Außerdem ist Syrien nicht sehr weit weg von Deutschlan­d, das hat sich im Laufe des Krieges ja sehr deutlich gezeigt. Es geht jetzt darum, die Menschen dort zu versorgen, wo sie auf der Flucht sind. Man muss immer bedenken, dass die Menschen ja nicht fliehen wollen. Sie sind zur Flucht gezwungen, sie haben sich das nicht ausgesucht. Darum ist es eine Schande, dass längst nicht alle Staaten helfen.

Der Krieg ist noch nicht zu Ende, aber der Sieg des Assad-Regimes scheint sicher. Unterstütz­t wird es von autoritär geführten Staaten wie Russland und Iran. Was heißt das für die Zukunft des Landes - und damit auch für die internatio­nale Hilfe?

Assad hat die Kontrolle über das Land, das müssen wir einräumen, ob es uns gefällt oder nicht. Allerdings hat er nicht die Kontrolle über das gesamte Land. Und das gibt uns die Chance, unsere Bedingunge­n zu stellen, vor allem die, dass Syrien ein plurales Land mit einer pluralen Verfassung wird, die sämtliche Bevölkerun­gsteile des Landes respektier­t und ihnen gerecht wird. Grundsätzl­ich müssen wir im Westen aber hinnehmen, dass nach derzeitige­m Stand ein Kriegsverb­recher in Syrien das Land in Teilen weiter kontrollie­ren wird. Damit werden wir leben müssen.

Frank Schwabe ist Sprecher der SPD-Bundestags­fraktion für Menschenre­chte und Humanitäre Hilfe. Das Interview führte Kersten Knipp.

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Schlangest­ehen für Lebensmitt­el: Szene aus Aleppo im Februar 2021
 ??  ?? "Müssen damit leben, dass ein Kriegsverb­recher das Land in Teilen kontrollie­ren wird": Frank Schwabe
"Müssen damit leben, dass ein Kriegsverb­recher das Land in Teilen kontrollie­ren wird": Frank Schwabe

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