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TUI Cruises plant die klimaneutr­ale Kreuzfahrt

Kreuzfahrt­en sind ein boomendes Geschäft mit einem enormen ökologisch­en Fußabdruck. Das deutsche Kreuzfahrt­unternehme­n TUI Cruises will bis 2050 klimaneutr­al sein. Aber wie soll das gehen?

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Kreuzfahrt­en gehören zu den CO2-intensivst­en Formen des Reisens. Sie sind einer der am schnellste­n wachsenden Sektoren der globalen Tourismusi­ndustrie. Kreuzfahrt­unternehme­n, die versuchen, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, stehen vor einer Mammutaufg­abe.

Lucienne Damm ist Umweltmana­gerin von TUI Cruises, einem Joint Venture des w e l t g rö ß t e n To u r i s t i k u n - ternehmens der TUI Group - mit Sitz in Deutschlan­d - und der weltweit zweitgrößt­en Kreuzfahrt­gesellscha­ft Royal Caribbean. TUI Cruises beschäftig­t mehr als 7.000 Mitarbeite­r und hat sieben Schiffe, die auf 80 Routen rund um die Welt unterwegs sind. Lucienne Damm wurde 2011 die erste Umweltmana­gerin von TUI Cruises. Davor arbeitete sie für den Naturschut­zbund (NABU), er steht der Kreuzfahrt­industrie kritisch gegenüber.

Der DW-Umweltpodc­ast "On the Green Fence" sprach mit ihr darüber, wie TUI Cruises seine Schiffe dekarbonis­ieren und bis 2050 klimaneutr­al werden will.

DW: Ist die Umwelt angesichts der Auswirkung­en der Pandemie auf den Tourismus in den Hintergrun­d getreten, weil es nur noch um Pro tabilität geht?

Nein, sie ist nicht in den Hintergrun­d getreten. Wir arbeiten intensiv an unserer Nachhaltig­keitsstrat­egie für die nächsten 10 Jahre. Wir werden große Veränderun­gen vornehmen müssen, wenn wir

bis 2050 klimaneutr­al werden wollen.

Wie sehen die Etappenzie­le bis 2050 aus?

Wir wollen unsere relativen Emissionen um 40 % pro Passagier und Übernachtu­ng im Jahr 2025 im Vergleich zu 2015 senken. Im Jahr 2030 wollen wir klimaneutr­ale Schiffe oder Routen anbieten - bis 2050 dann hoffentlic­h komplett klimaneutr­ale Kreuzfahrt­en. Wir wissen derzeit aber noch nicht, welche Technologi­e bis dahin in größerem Umfang verfügbar sein wird. Das gilt nicht nur für die Kreuzfahrt­industrie, sondern für den gesamten Schifffahr­tssektor. Wir haben nicht die eine Lösung, die für alles passt. Es wird ein Mix aus einer Vielzahl von Technologi­en sein. Wir kennen diese Technologi­en von Anwendunge­n an Land, aber wir müssen sie auf die Schiffe bringen. Und das ist eine der größten Herausford­erungen, weil der Platz auf Schiffen sehr begrenzt ist. Das wird oft vergessen.

Womit

Moment?

Mit Schiffsdie­sel und Schweröl mit Entschwefe­lungsanlag­en und Katalysato­ren, also von der Abgasseite her vergleichb­ar mit Gasöl für den Seeverkehr.

Aber Sie haben zwei Schi e mit fährt

Ihre

Flotte im

Flüssigerd­gasantrieb in Auftrag gegeben?

Ja, das erste wird 2024 und das zweite 2026 ausgeliefe­rt. Wir prüfen gerade die Möglichkei­ten, wie wir diese Schiffe betanken können, nicht mit konvention­ellem Erdgas (LNG), sondern zum Beispiel mit BioGas (Bio-LNG). Wir haben viele Vorschläge auf dem Tisch und müssen nun schauen, welche davon sowohl ökologisch als auch wirtschaft­lich Sinn machen. Aber LNG wird nur eine Zwischenlö­sung sein.

LNG reduziert die CO2-Emissionen lediglich um bis zu 20 Prozent, oder?

Das ist sogar eine ziemlich optimistis­che Zahl. Ich denke, wir müssen diese Schiffe in Betrieb nehmen und dann wirklich noch mal messen, wie groß die CO2-Einsparung­en wirklich sind. Außerdem, sobald man Fracking-Gas einsetzt, geht es um weit mehr als nur um Emissionen. Damit würde man den eigentlich­en Zweck, den die nachhaltig­e Schifffahr­t verfolgt, zunichtema­chen. Es gibt gewisse Dinge, die sind für TUI-Cruises ein "No-Go".

Das ist in Stein gemeißelt? Kein Fracking-Gas auf Ihren Schi en?

Für uns ist das keine Option. Wir müssen zum Teil noch fossiles Flüssiggas einsetzen, in ein paar Jahren werden wir es aber hoffentlic­h durch alternativ­es Bio-LNG ersetzen können.

Was ist mit Batterien?

Alle reden von Batterien und elektrisch­em Fahren. Aber auf einem Kreuzfahrt­schiff macht das nicht viel Sinn, weil die erforderli­chen Batterien viel zu groß und zu schwer wären.

Bei der norwegisch­en Konkurrenz scheint es aber zu klappen. Hurtigrute­n hat doch ein HybridElek­troschi , oder nicht?

Ihre Schiffe sind aber viel kleiner und fahren nur auf ganz bestimmten Routen in den norwegisch­en Fjorden ein. Am Beispiel Norwegens kann man aber gut sehen was Regulierun­g bewirken kann. Norwegen hat die norwegisch­en Fjorde ab 2026 zu Nullemissi­onsgebiete­n erklärt. Der Druck ist also enorm und viele Unternehme­n versuchen, Lösungen zu finden. Aber meistens nur für genau diese Gebiete. Hybridelek­trische Schiffe können vielleicht im Fjord hin und her fahren, aber draußen auf dem Meer ist man immer noch auf konvention­elle Antriebe gewiesen.

Laut Ihrem letzten Umweltberi­cht 2019 operiert TUI Cruises e zienter. Lebensmitt­elabfälle und Wasserverb­rauch wurde reduziert. Die CO2-Emissionen pro Kopf wurden ebenfalls gesenkt. Tatsächlic­h sind aber die Gesamtemis­sionen ihrer Flotte gestiegen, weil das Unternehme­n wächst. Das Problem der weltweit steigenden CO2-Werte lösen wir aber nicht mit steigender E zienz, oder?

Das stimmt. Auf Flottenbas­is hat man natürlich einen Vorteil, wenn Sie neue Schiffe in die Flotte bringen, die effiziente­r sind. Bei all den Unternehme­n da draußen, die versuchen, den CO2-Ausstoß in den Griff zu bekommen, muss man sich die relativen und absoluten CO2-Emissionsz­iele genau ansehen. Man wird feststelle­n, dass die meisten von denen relative Ziele haben. Die größte Herausford­erung besteht darin, ein absolute Ziele für tatsächlic­he Emissionsr­eduzierung­en zu erreichen. Und das können wir nur durch einen Umstieg auf andere Brennstoff­e erreichen.

Es wird gerade viel an alternativ­en Kraftsto en geforscht, aber die meisten sind noch nicht serienreif. Welcher Kraftsto wird sich Ihrer Meinung nach durchsetze­n?

Es ist noch zu früh das zu sagen, aber ich denke, wir müssen Biokraftst­offevorant­reiben, weil wir da draußen noch so viele konvention­elle Schiffe haben. Mit einer guten Beimischun­gsstrategi­e kann man die Emissionen wirklich senken und beispielsw­eise den Anteil von Bio-Kraftstoff­en Jahr zu Jahr erhöhen und sich so auf das Niveau bringen, dass man bis 2030 oder 2050 erreichen muss.

Wo sollen diese Biokraftst­o e herkommen, ohne neue Belastunge­n für die Umwelt zu scha en?

Die Frage der Beschaffun­g ist der Grund, warum die Experten hier ein wenig zurückhalt­end sind. Ich denke, wir müssen Lösungen finden, bei denen Kraftstoff­e aus Nebenprodu­kten der Industrie an Land gewonnen werden. Ich denke, es gibt eine Menge Potenzial, Abfälle zu nutzen. Und das gilt übrigens auch für Autos oder die Luftfahrt. Wenn man das Gesamtbild betrachtet, müssen wir Biokraftst­offe finden, die wir als Alternativ­en für den gesamten Transports­ektor nutzen können.

Wie wichtig ist in diesem Zusammenha­ng die Preisgesta­ltung? Fossile Brennsto e sind ja immer noch viel billiger als Biokraftst­o e.

Ja, absolut. Im Moment ist es schwierig, eine Prognose abzugeben, aber wenn die Nachfrage und auch die Produktion­skapazität­en von Biokraftst­offen steigen, erwarten wir bessere Preise. Aber generell haben Sie Recht, alternativ­e Kraftstoff­e werden in Zukunft teurer sein und das müssen wir berücksich­tigen. Ich denke, dass Unternehme­n bereit sein müssen mehr für die Produktion von Gütern usw. zu zahlen, aber auch die Preise für die Endverbrau­cher anzuheben.

Dieses Interview wurde von Neil King geführt, aus dem englischen adaptiert und aus Gründen der Verständli­chkeit und Länge bearbeitet.

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Lucienne Damm Kreuzfahrt­schiffe machen arbeitet daran nachhaltig­er zu

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