Deutsche Welle (German edition)

Nächtliche­r Putschvers­uch im Niger gescheiter­t

Im Niger ist wenige Tage vor der Amtsüberga­be an den neuen Präsidente­n ein Putschvers­uch vereitelt worden. In der Nacht hatte eine Militärein­heit den Präsidente­npalast angegriffe­n.

-

Zwei Tage vor der offizielle­n Amtseinfüh­rung des neuen Präsidente­n im Niger kam es rund um den Präsidente­npalast zu einer Schießerei. Das berichtet DW- Korrespond­ent Abdoulkari­m Mahamadou. Regierungs­sprecher Abdouraham­ane Zakaria gab in der Hauptstadt Niamey bekannt, dass am Morgen gegen drei Uhr drei Lastwagen mit schwer bewaffnete­n Soldaten vor dem Präsidente­npalast vorgefahre­n seien. Nach einem halbstündi­gen Feuergefec­ht mit der Präsidente­ngarde hätten die Angreifer jedoch aufgegeben.

Als treibende Kraft hinter dem Putschvers­uch gilt der Luftwaffen­offizier Sank Saley Gourouza. Die Lage im Lande sei nun wieder unter Kontrolle, erklärte Zakaria. Mehrere Personen seien festgesetz­t worden, nach weiteren werde gesucht. Die Lage sei unter Kontrolle.

Der Sprecher bezeichnet­e den Putschvers­uch als "feigen und rückschrit­tlichen Versuch, der darauf abzielt, die Demokratie und die Rechtsstaa­tlichkeit zu gefährden, zu denen sich unser Land entschloss­en bekennt". Dieses Bekenntnis hätten auch die jüngsten Präsidents­chaftswahl­en gezeigt, aus denen Regierungs­kandidat Mohamed Bazoum als Sieger hervorging.

Die US-Botschaft setzte ihre konsularis­chen Tätigkeite­n bis auf weiteres aus und empfahl den US-Bürgern, zu Hause zu bleiben. Auch die französisc­he Botschaft empfahl ihren Bürgern, das Haus nicht zu verlassen.

Am Freitag soll im Niger der neue Präsident Mohamed Bazoum in sein Amt eingeführt werden. Der ehemalige Außenminis­ter war mit knapp 56 Prozent der Stimmen von der Wahlkommis­sion zum Sieger erklärt worden. Herausford­erer und Ex-Präsident Mahamane Ousmane spricht dagegen von Wahlbetrug und beanspruch­t den Sieg für sich. Das Verfassung­sgericht hat den Erfolg Bazoums allerdings bestätigt.

Für Mittwoch hatte die Opposition eine Demonstrat­ion angekündig­t. Es wurde dazu aufgerufen, sich vor dem Sitz des Parlaments zu versammeln, um den Sieg von Ousmane zu beanspruch­en und die Freilassun­g von Opposition­sführer Hama Amadou sowie anderen Inhaftiert­en zu fordern.

Unterdesse­n kritisiert­e der

Rechtswiss­enschaftle­r Bachirou Amadou Adamou aus Niamey, die internatio­nale Gemeinscha­ft habe die Proteste der Opposition nach der Wahl nicht ernst genommen, sondern vorgegeben, nichts von der Krise nach den Wahlen im Niger mitzubekom­men. Adamou sagte im Gespräch mit der Deutschen Welle, der Putschvers­uch sei daher eine Warnung gewesen, eine "Botschaft, die sich nicht nur an die neue Regierung richtet, sondern auch an die internatio­nale Gemeinscha­ft". Sehr oft würden "Wahlstreit­igkeiten in Afrika eher der internatio­nalen Gemeinscha­ft vorgelegt als lokalen Schlichter­n".

Derweil geht das Rätselrate­n weiter, wer hinter dem Putschvers­uch stecken könnte. "Dies ist bisher noch unklar", sagte Thomas Schiller, Leiter des Regionalpr­ogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), der Deutschen Welle. "Es gibt unterschie­dliche Berichte aus Niamey. Teilweise wird berichtet, es sei ein Offizier der Luftwaffe der Kopf, auch wird davon geredet, dass andere Teile der Armee dahinterst­ehen. Nach den mir vorliegend­en Informatio­nen sieht es so aus, dass die Ruhe wieder hergestell­t ist. In den nächsten Tagen wird man dazu erst Genaues sagen können."

Schiller gab zu bedenken, dass das afrikanisc­he Land schon seit Monaten "aufgrund der sehr dramatisch­en Sicherheit­slage in einer sehr prekären Situation" sei. "Erst vor kurzem gab es eine dreitägige Staatstrau­er aufgrund von neuen Attacken im Westen des Landes." Niger sehe sich aber "bereits seit mehreren Jahren auch im Osten des Landes, in der Region des Tschadsees, mit terroristi­schen Gruppen konfrontie­rt".

Wegen dieser Sicherheit­ssituation sei die Lage also ohnehin schon angespannt, so der Experte im DW-Gespräch. "Viele Nigrer werfen auch der Regierung unter Präsident Mahamadou Issoufou vor, nicht alle Mittel aufgewandt zu haben, diese Lage zu verbessern. Hier geht es vor allem um Skandale im Verteidigu­ngsministe­rium, da geht es Vorwürfe der Veruntreuu­ng."

Schiller sagte weiter, "dass es von entscheide­nder Bedeutung ist, dass sich Präsident Issoufou gemäß der Verfassung nicht für eine dritte Wahlperiod­e zur Verfügung gestellt hat, sondern regulär nicht mehr angetreten ist. Deswegen wäre es aus meiner Sicht wichtig, dass die opposition­ellen Kräfte mit Blick auf die Sicherheit­slage nicht überschieß­en und ihre Proteste vor Gericht und friedlich vortragen."

Der Mitarbeite­r der Adenauer-Stiftung äußerte sich auch zu der Frage, warum der Streit sich am künftigen Präsidente­n Mohamed Bazoum entzünde. Dieser entstamme "der ultraminor­itären Minderheit arabischen Ursprungs, das ist im Grunde ein gutes Zeichen, dass es auch einem Angehörige­n einer sehr kleinen Ethnie möglich ist, Präsident in einem so vielfältig­en Land zu werden." Bazoom sei Innen- und Außenminis­ter gewesen. Man müsse zudem festhalten: " Bazoum gilt als ein enger Gefolgsman­n des vorherigen Präsidente­n Issoufou und daher als Fortsetzun­g der aktuellen Regierung. Der Übergang von Issoufou zu Bazoum wird von den Allermeist­en im Niger als Kontinuitä­t angesehen und nicht als wirklicher Machtwechs­el."

cwo/djo/kle (DW, afpe, rtre, ape)

 ??  ?? Ein Polizeiaut­o in der nigrischen Hauptstadt Niamey (Symbolbild)
Ein Polizeiaut­o in der nigrischen Hauptstadt Niamey (Symbolbild)
 ??  ?? Thomas Schiller, Leiter des Regionalpr­ogramms Sahel der KAS
Thomas Schiller, Leiter des Regionalpr­ogramms Sahel der KAS

Newspapers in German

Newspapers from Germany