Deutsche Welle (German edition)
Anti-Corona-Demos: Angriff auf die Pressefreiheit
Die Zahl der Angriffe auf Journalisten hat in Deutschland stark zugenommen. Das belegen aktuelle Zahlen des European Centre for Press and Media Freedom. Übergriffe auf Demonstrationen sind mittlerweile Arbeitsalltag.
Eskalation auf einer Demonstration in Deutschland. Kassel im März 2021. Rund 20.000 Menschen protestieren hier in Hessen gegen die Corona-Politik der Bundesregierung. Kaum ein Teilnehmer trägt eine Maske zum Schutz vor dem Virus. Auch der von der Politik angemahnte soziale Abstand wird nicht eingehalten. Die Menschen machen deutlich: sie pfeifen auf die Pandemie-Beschränkungen. Die Stimmung ist zeitweise aufgeheizt. Dokumentiert wird das
Treiben durch zahlreiche Journalistinnen und Journalisten. Sie beobachten und protokollieren, filmen und fotografieren.
"Insgesamt waren die Teilnehmer sehr feindselig", berichtet der Fotograf Marco Kemp. Er ist mit seiner Kamera mitten im Geschehen. "Bedrohungen waren dabei, "Lügenpresse"-Rufe. Gleich zu Anfang wurde ein Kollege niedergeschlagen." Kemp erzählt, dass es den ganzen Tag lang so weiterging.
Beschimpfungen und Angriffe gehören mittlerweile zum Arbeitsalltag von Journalisten in Deutschland - zumindest für jene, die über die Anti-Corona-Demonstrationen berichten. Das belegen auch die aktuellen Zahlen des European Centre for Press and Media Freedom, ECPMF. Das Leipziger Institut hat allein im Jahr 2020 fast 70 Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten im Einsatz gezählt, der Höchststand seit Jahren. Die meisten Täter sind männlich. Und die meisten Angriffe (71 Prozent) erfolgten auf den Demonstrationen gegen die Corona-Politik. Fast die Hälfte der Täter kommt laut EECPMF aus dem rechten Spektrum: Neonazis, Hooligans oder sogenannte Reichsbürger. Aber die Angriffe kommen auch aus der Mitte der Gesellschaft.
"Der Otto- Normalbürger glaubt, dass er jetzt auch mal beleidigen kann", bestätigt der Fernsehjournalist Arndt Ginzel die Zahlen. Er berichtet für das
Zweite Deutsche Fernsehen seit Jahren über die rechte Szene, Verschwörungstheoretiker und über Protestveranstaltungen gegen die Regierungspolitik. "Die Enthemmung hat zugenommen. Es gibt kaum noch Demonstrationen, wo man sagen kann, dass man sicher ist."
Für deutsche Journalisten gehört es mittlerweile zum Alltag, dass sie sich bei der Berichterstattung über Große