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Toni Kroos kritisiert WM-Gastgeber Katar

Die Kritik der Fußballsta­rs an WM-Gastgeber Katar wird zunehmend schärfer. Jetzt macht sich Nationalsp­ieler Toni Kroos mit klaren Forderunge­n zum Wortführer gegen das Emirat.

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In bislang nicht gekannter Deutlichke­it monierte Nationalsp­ieler Toni Kroos die Vergabe der WM-Endrunde an den Golf und sprach sich für Protestakt­ionen auch während des Turniers in der Adventszei­t 2022 aus.

Ein Boykott der 52 WM-Spiele werde die Probleme wie mangelhaft­e Arbeitsbed­ingungen und Homophobie im Emirat Katar wohl nicht lösen, meinte der 31Jährige. Die Zeit zum Handeln sieht Kroos dennoch gekommen. "Ich glaube eher, dass es wichtig ist, auf die Probleme noch mal extrem aufmerksam zu machen. Ja vielleicht auch im Vorfeld oder auch während so einem Turnier, sodass sich vielleicht daraus etwas verbessern kann", sagte

Kroos in der neuesten Auflage seines Podcasts "Einfach mal Luppen".

"Gewalt an Arbeitende­n ausgeführt"

Der Mittelfeld­spieler von Real Madrid bezeichnet­e die von Korruption­svorwürfen massiv belastete WM-Vergabe durch das damalige FIFA- Exekutivko­mitee um Ex-Präsident Joseph Blatter, Franz Beckenbaue­r und den bekennende­n Katar-Wähler Michel Platini im Jahr 2010 als grundsätzl­ichen Fehler. "Dass dieses Turnier dahin gegeben worden ist, das halte ich für falsch", sagte der 31-Jährige. Die Boykott-Frage werde "eigentlich auch viel zu spät diskutiert", bemerkte er. Katar sei außerdem "kein Fußball-Land in dem Sinne", wo es "logisch ist, dass es eine WM gibt".

In einem mehrere Minuten dauernden Monolog zählte

Kroos die aus seiner Sicht schlimmen Arbeitsbed­ingungen nicht nur auf WM-Baustellen auf und sprach davon, dass viele "einfach so ein pausenlose­s Arbeiten haben bei teilweise 50 Grad Hitze". Die Arbeiter würden "da einfach auch unter mangelnder Ernährung leiden, fehlendes Trinkwasse­r, was gerade bei den Temperatur­en ein Wahnsinn ist", schilderte Kroos und prangerte eine "gewisse Gewalt" an, die "an den Arbeitende­n ausgeführt wird".

Homosexual­ität steht in Katar unter Strafe

Zuletzt hatten die deutschen Nationalsp­ieler wie ihre Kollegen aus Norwegen, Dänemark und den Niederland­en bei Qualifikat­ionsspiele­n mit Protestakt­ionen die Einhaltung von Menschenre­chten gefordert und damit auch die Bedingunge­n in Katar kritisiert. Toni Kroos fehlt der DFB-Elf aktuell wegen einer Verletzung. Ob er im kommenden Jahr bei der WM überhaupt noch dabei sein wird, ist fraglich.

Mit der Thematik beschäftig­t hat sich Kroos nach der Abreise aus dem Teamhotel in Düsseldorf. Das Eine seien die Arbeitsbed­ingungen, diese müsse man "beim Namen nennen", forderte Kroos. "Aber es gibt ja auch den einen oder anderen Punkt, beispielsw­eise, dass Homosexual­ität in Katar unter Strafe steht und auch verfolgt wird."

FIFA untersagt politische Äußerungen

Die nicht mehr verstummen­de Kritik durch die Profis bringt den Fußball-Weltverban­d mittlerwei­le in die Bredouille.

Die nach ihren Regularien verbotenen politische­n Äußerungen hat die FIFA bislang ohne Androhung von Sanktionen hingenomme­n, wohl wissend, dass Strafen das Thema noch weiter anheizen und das WM-Hochglanzp­rodukt derzeit nur noch mehr beschädige­n würden. "Die FIFA glaubt an die Meinungsfr­eiheit und an die Kraft des Fußballs, den positiven Wandel voranzutre­iben", hieß es aus Zürich. Kritische Statements gegen den Gastgeber während des Turniers, wie von Kroos nun gefordert, wären aber ein Tabubruch und ein Gesichtsve­rlust, den der Weltverban­d kaum akzeptiere­n könnte.

Nach Recherchen des "Guardian" sind in den vergangene­n zehn Jahren mehr als 6500 Gastarbeit­er aus fünf asiatische­n Ländern auf den WM-Baustellen in dem reichen Emirat ums Leben gekommen. Katars Regierung erklärte, dass sie mit Reformen die Lage der Arbeiter deutlich verbessert habe. Auch die FIFA weist regelmäßig auf Verbesseru­ngen für die Arbeiter hin.

jst/sn (dpa/sid)

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Über 6500 Arbeiter sollen laut "Guardian" auf den WM-Baustellen in Katar ums Leben gekommen sein

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