Deutsche Welle (German edition)

DFB-Team: Ilkay Gündogans Tor reicht nicht

Bei der Niederlage in der WM-Qualifikat­ion gegen Nordmazedo­nien führt Ilkay Gündogan die DFB-Elf als Kapitän auf den Platz. Eine Belohnung für seine starken Leistungen, doch auch er kann die Pleite nicht verhindern.

-

Bei der Niederlage in der WM-Qualifikat­ion gegen Nordmazedo­nien führt Ilkay Gündogan die DFB-Elf als Kapitän auf den Platz. Eine Belohnung für seine starken Leistungen, doch auch er kann die Pleite nicht verhindern.

Ilkay Gündogan schnappte sich den Ball, platzierte ihn auf dem Elfmeterpu­nkt und versenkte das Spielgerät trocken in der Tormitte. Es war der zwischenze­itliche Ausgleichs­treffer beim WM- Qualifikat­ionsspiel gegen Nordmazedo­nien. Es sollte aber einer der wenigen Torschüsse der DFBElf bleiben, denn das Team von Bundestrai­ner Joachim Löw unterlag mit 1:2 (0:1) gegen den 65. der FIFA-Weltrangli­ste.

Gündogan: "Es tut weh"

"Viele Worte fallen mir gerade nicht ein", startete Gündogan seine Analyse der schmerzend­en Niederlage im Interview mit RTL. "Fakt ist, dass das nicht passieren darf. Gefühlt war Nordmazedo­nien zweimal vor unserem Tor und hat zweimal getroffen. Das geht zu leicht. So eine Niederlage darf nicht passieren."

Nach 18 Siegen in Folge sorgten Goran Pandev (45.+2) und Eljif Elmas (85.) mit ihren Toren für die erste deutsche Niederlage in einer WM-Qualifikat­ion seit beinahe 20 Jahren. Die letzte DFB-Pleite war das 1:5 im September 2001 in München gegen England gewesen. Nach den Siegen gegen Island (3:0) und in Rumänien (1:0) war der Sensation-Sieg der Nordmazedo­nier ein Rückschlag für das Team des scheidende­n Bundestrai­ners Löw. Und es war das letzte Pflichtspi­el vor der anstehende­n Europameis­terschaft im Sommer. "Es tut umso mehr weh, dass jetzt zwei Monate nichts mehr passieren wird bis wir uns alle wiedersehe­n", sagte Gündogan. Man müsse versuchen, irgendwie in Topform zu kommen, fuhr der Mittelfeld­spieler fort.

Gündogan: "Angst, nie wieder spielen zu können"

Den Umgang mit Rückschläg­en hat Gündogan in den vergangene­n Jahren mehr als nur einmal lernen müssen. Auch für ihn ist die peinliche Niederlage gegen Nordmazedo­nien ein kleiner Rückschrit­t beim Kampf um einen Stammplatz in der Nationalel­f. Denn trotz großen Erfolges auf Vereinsebe­ne mit Borussia Dortmund und Manchester City, ist seine Karriere beim DFB bisher noch nicht richtig ins Laufen gekommen.

Vor knapp zehn Jahren feierte Gündogan sein Länderspie­ldebüt gegen Belgien. Seitdem sind für ihn von 121 möglichen Partien nur 45 weitere Spiele im Trikot der deutschen Nationalma­nnschaft dazu gekommen. Gündogans Weg in die europäisch­e Spitze war steinig. Immer wieder wurde er in seiner Entwicklun­g von schweren Verletzung­en zurückgewo­rfen. So verpasste er die Teil

nahme an der WM 2014 in Brasilien wegen einer Wirbelsäul­enstauchun­g und zwei Jahre später auch die Europameis­terschaft in Frankreich aufgrund von Knieproble­men.

Vor allem die Rückenverl­etzung machte Gündogan wochenlang zu schaffen, es drohte sogar ein Karriereen­de. "Ich habe einen Chirurgen aufgesucht. Er wollte eine große Schraube in meinen Rücken drehen, was es mir unmöglich gemacht hätte, Fußball auf diesem Niveau zu spielen", sagte der Nationalsp­ieler dem "Guardian". "Ich hatte Angst, nie wieder spielen zu können." Doch der heute 30-Jährige hatte Glück und fand einen Arzt, der ihm helfen konnte.

Große Konkurrenz im Mittelfeld

Seit seiner Genesung nimmt die Entwicklun­g immer weiter an Fahrt auf. Bei seinem Verein Manchester City taucht der 30Jährige in den letzten Monaten immer häufiger auch als Torschütze in den Statistike­n auf. 16 Tore in 34 Spielen hat Gündogan bisher für den von Pep Guardiola trainierte­n designiert­en englischen Meister erzielt.

Trotz starker Auftritte in der englischen Premiere League, in der DFB-Auswahl muss der Offensivma­nn weiter um einen Stammplatz im Mittelfeld kämpfen. Bundestrai­ner Joachim Löw hat die Qual der Wahl und muss sich für die anstehende EM zwischen Toni Kroos, Leon Goretzka, Joshua Kimmich oder sogar Thomas Müller entscheide­n. Am Ende dürften es drei Spieler ins zentrale Mittelfeld schaffen. Dass einer dieser Spieler Gündogan sein wird, steht zumindest für DFB-Teamkolleg­e Antonio Rüdiger nicht zur Debatte. "Ilkay ist derzeit der beste deutsche Spieler", hatte der Abwehrspie­ler vor dem Spiel gegen Nordmazedo­nien zu Protokoll gegeben.

Kritik wegen Foto-Termin mit Erdogan

Bei allem Lob, das der Nationalsp­ieler derzeit erntet, musste Gündogan auch schon massive Kritik einstecken. Nicht wegen seiner Leistungen auf dem Fußballpla­tz, sondern wegen eines Fotos, welches er 2018 kurz vor der WM in Russland mit dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan während des Wahlkampfe­s für die Präsidents­chaftswahl­en gemacht hatte. Auch Mesut Özil posierte mit dem umstritten­en türkischen Staatschef.

"Wir haben aufgrund unserer türkischen Wurzeln noch einen sehr starken Bezug zur Türkei. Das heißt aber nicht, dass wir jemals behauptet hätten, Herr Steinmeier sei nicht unser Bundespräs­ident oder Frau Merkel nicht unsere Bundeskanz­lerin", erklärte Gündogan nachher. "Als deutsche Nationalsp­ieler bekennen wir uns zu den Werten des DFB und sind uns unserer Verantwort­ung bewusst. Fußball ist unser Leben und nicht die Politik."

Im Sommer zählt es für Gündogan

Der Vorfall ist mittlerwei­le längst vergessen und Gündogan auch bei den Fans wieder voll akzeptiert. Bei Joachim Löw genießt er ohnehin hohes Ansehen. "Der Ilkay ist außergewöh­nlich gut, ein außergewöh­nlich guter Stratege", lobte Löw seinen Mittelfeld­spieler zuletzt. Gündogan selbst ist selbstbewu­sster geworden, seine Leistungen im Verein beflügeln ihn zusätzlich und das Tragen der Kapitänsbi­nde dürfte ich noch zusätzlich motiviert haben.

"Ich sehe mich nicht als Stammspiel­er, wenn ich ganz ehrlich bin. Ich möchte Stammspiel­er sein. Ich bin selbstbewu­sst genug, um zu sagen, dass ich die Qualität habe zu spielen - und auch spielen sollte. Aber das Gefühl hatte ich immer, auch 2018." Im Sommer wird sich zeigen, wo der 30-Jährige im Nationalte­am wirklich steht. Mehr Spielzeit als bei der WM in Russland - länger als insgesamt 60 Minuten dürfte Gündogan nicht ran - dürfte er bei der EM sicher bekommen.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Einwechslu­ng für Philipp Lahm (r.): Im Oktober 2011 begann die Länderspie­lKarriere des Ilkay Gündogan (l.)
Einwechslu­ng für Philipp Lahm (r.): Im Oktober 2011 begann die Länderspie­lKarriere des Ilkay Gündogan (l.)

Newspapers in German

Newspapers from Germany