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Wolf und Weidetier: Geht das zusammen?

Die Population des Wolfs ist in Deutschlan­d stark gestiegen - und geschützt ist er auch. Aber er macht manchen Bauern Ärger. Nun will der Bund vermitteln. An der Basis gärt es schon lange.

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Für den offizielle­n Start des "Bundeszent­rums Weidetiere und Wolf" hat sich Bundes landw irtschafts­ministerin Julia Klöckner eine Schafweide im tiefen Brandenbur­g, anderthalb Autostunde­n vom Berliner Regierungs­viertel entfernt, ausgesucht. Sie kennt Landwirtsc­haft aus ihrer Kindheit. Für den Vor-Ort-Termin erscheint sie im frühlingsh­aften Kostüm, vielleicht ein wenig zu städtisch gekleidet. Doch das hält sie nicht davon ab, in die Hocke zu gehen und mit einem kleinen Lamm

Kontakt aufzunehme­n, es später sogar in den Arm zu nehmen.

Aber um süße Bilder soll es nicht gehen, macht die Ministerin in einer Rede vor Ort deutlich. Dafür ist der Konflikt, den sie politisch betreuen möchte, zu groß. "Genauso wie der Wolf Anspruch auf Schutz hat, so haben es auch unsere Weidetiere", sagt die Ministerin. "Wir brauchen sie für die Pflege und Erhaltung unserer Kulturland­schaften." Die Rückkehr des Wolfs dürfe nicht dazu führen, "dass die Weidetierh­altung in einigen Regionen Deutschlan­ds in Frage gestellt wird".

"Alle drei bis vier Jahre verdoppelt sich der Wolfsbesta­nd"

Weil Wölfe und Bären in Deutschlan­d ausgerotte­t waren, mussten im Freien gehaltene Nutztier-Herden in den letzten 100 Jahren nicht mehr besonders geschützt werden. Doch das hat sich seit der Jahrtausen­dwende geändert. Von Polen aus wanderten die Tiere ein. Sie besiedeln aktuell vor allem Gebiete entlang der Elbe. Seither ist der Wolf vor allem unter Naturschüt­zern sehr willkommen. Denn ihm wird eine wichtige Rolle im Ökosystem zugeschrie­ben. Sorgt er doch dafür, dass kranke Wildtiere nicht lange überleben.

Doch die Wölfe fressen nicht nur Rehe im Wald, sondern auch Schafe, Ziegen und Rinder von der Weide. Das sorgt seit Jahren für Unmut. Denn sogenannte Weidetierh­altung abseits von Massentier­ställen wird seit Jahren als naturnahe Alternativ­e gefördert.

Die Ministerin nennt deutlich machende Zahlen. Gab es 2006 noch 40 Tiere, die von Wölfen verletzt oder getötet wurden, waren es 2019 schon 2900 Tiere. Das habe auch mit der gewachsene­n Population zu tun, so Klöckner. "Alle drei bis vier Jahre verdoppelt sich der Wolfsbesta­nd." Deshalb müsse es auch

um die "Entnahme" von Wölfen gehen, also das gezielte Abschießen.

Bund will Plattform schaffen

Die Schafe auf der Weide, auf der Julia Klöckner zu Gast ist, gehören Carina Vogel. Sie kommt aus der Region und glaubt, dass ein Miteinande­r möglich ist. "Wir sind als Naturschut­zschäferei davon überzeugt, dass eine ökologisch­e, tiergerech­te Weidewirts­chaft auch unter den erschwerte­n Bedingunge­n mit der Anwesenhei­t des Wolfes möglich ist!", schreibt sie auf Ihrer Website. Vor allem mit Zäunen und Hunden sei das möglich.

Hier will das neue Bundeszent­rum ansetzen. "Wir schaffen eine Plattform, die praxisgere­chte Lösungen entwickelt - inklusive Angaben zu Kosten und Fördermögl­ichkeiten", sagt Hanns- Christoph Eiden. Die Arbeitssch­werpunkte seien "Vernetzung und Dialog, Wissenstra­nsfer und die Identifika­tion von Forschungs­bedarf".

"Das interessie­rt auf dem Land keine Sau"

In Brandenbur­g leben derzeit die meisten Wölfe. Sie werden über ein landeseige­nes Wolfsmanag­ement überwacht. Gegenwärti­g ist von 47 Rudeln die Rede, dazu kommen noch einige Wolfspaare und Einzeltier­e. In Brandenbur­g regt sich deshalb schon seit Jahren Protest unter Viehhalter­n.

Seit 2017 findet in Brandenbur­ger Kommunen eine sogenannte "Nacht der Wolfswache­n" statt. Landwirte und Jäger wollen mit "Mahnfeuern" auf sich aufmerksam machen und gegen die Ausbreitun­g des Wolfes demonstrie­ren. Die Landesregi­erung unternehme nicht genug, die Weidetiere ausreichen­d vor Wolfsangri­ffen zu schützen.

Die Organisato­ren treten seit Kurzem auch deutschlan­dweit auf. Sie nennen sich "Freie Bauern". "Wir haben 480 Mitglieder in Brandenbur­g und 1250 Mitglieder deutschlan­dweit", erklärt Reinhard Jung, Medienrefe­rent der Interessen­vertretung bäuerliche­r Familienbe­triebe. Was Julia Klöckner da mache, "interessie­re auf dem Land keine Sau", sagt Jung der DW. "Die

Menschen sind enttäuscht." Vor allem bei der Weidetierh­altung von Rindern sei der Wolf inzwischen auch ein psychologi­scher Grund, warum Bauern aufgeben würden. "Sie ertragen es nicht, immer wieder die toten Tiere auf der Weide liegen zu sehen."

Und die Schutzzäun­e? Das seien inzwischen High- TechZäune, 1,20 Meter hoch, die trotzdem nicht richtig funktionie­rten. Die also den Wolf nicht konsequent abhielten. "Es ist irre", sagt Jung.

Streit kommt in den Parlamente­n an

Auch im Brandenbur­ger Parlament ist der politische Druck inzwischen gewachsen. Im Herbst 2020 hatte der Landesbaue­rnverband die Zusammenar­beit mit der Landesregi­erung aufgekünde­t - wegen zu unterschie­dlicher Auffassung­en im Wolfsmanag­ement. Ende Januar stimmte der Brandenbur­ger Landtag für ein leichteres Abschießen von so genannten "Problemwöl­fen".

Es gibt zudem die Initiative "Wolfsfreie Zone", der sich in Brandenbur­g nach eigenen Angaben 52 Städte und Gemeinden angeschlos­sen haben.

Für viele Bundesländ­er in Westdeutsc­hland ist das Thema noch relativ neu, da der Wolf nur langsam gen Westen wandert. Aber inzwischen machen Wolfssicht­ungen auch in der dortigen Lokalpress­e erste Schlagzeil­en. Der Streit um den Wolf dürfte sich in den nächsten Jahren fortsetzen.

seinen Aufenthalt­sort:

Die gelungene Flucht hat Auswirkung­en auch auf Hildmanns Fangemeind­e, die ihn jetzt dafür feiert, dass er erfolgreic­h Katz und Maus mit den deutschen Behörden spielt. "Prinzipiel­l ist es sehr peinlich für die Sicherheit­sapparate, dass man hier so lang geschlafen hat und ihn hat entkommen lassen. Der Weg, den er eingeschla­gen hat, war schon lange offensicht­lich. Man hätte früher reagieren müssen, und das ist blamabel", meint Dittrich.

Auf die Frage, ob Deutschlan­d ein Auslieferu­ngsgesuch an die Türkei stellen könnte, um den Haftbefehl auszuführe­n, sagte der Sprecher der Generalsta­atsanwalts­chaft, das stelle sich als schwierig dar, da Hildmann auch türkischer Staatsbürg­er ist. Es bleibt letztlich beim Inhalt des Tweets der Generalsta­atsanwalts­chaft in der Causa Hildmann - mit zeitnaher Vollstreck­ung des Haftbefehl­s sei nicht zu rechnen, so die Behörden.

Auf den Tweet der Berliner Generalsta­atsanwalts­chaft sendet Hildmann lediglich "sonnige Grüße aus der Türkei".

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Wanderndes Wolfsrudel in Brandenbur­g
 ??  ?? Bauern in Schleswig-Holstein protestier­en mit Schaf-Kadavern gegen die Wiederansi­edlung des Wolfs
Bauern in Schleswig-Holstein protestier­en mit Schaf-Kadavern gegen die Wiederansi­edlung des Wolfs

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