Deutsche Welle (German edition)

Brasilien im Würgegriff der Pandemie

Der Fotograf Jonathan Alpeyrie hat etliche Krisen- und Kriegsgebi­ete bereist. Sein jüngster Auftrag führte ihn nach Brasilien. Das Land leidet weltweit besonders stark unter den Folgen der Corona-Pandemie.

-

Rund 3000 Corona-Tote hat Brasilien derzeit jeden Tag zu beklagen. Das Land zählt damit zu den Corona-Hotspots weltweit. Der Fotograf Jonathan Alpeyrie gibt den vielen Verstorben­en ein Gesicht. So wie hier auf einem der größten Friedhöfe Südamerika­s im Stadtteil Botafogo in Rio de Janeiro. Mit Abstand trauern die Angehörige­n eines 60-Jährigen, der an den Folgen seiner COVID-Erkrankung starb. In Schutzanzü­gen werden seine sterbliche­n Überreste zum Grab gebracht.

Mit mehr als zwölf Millionen Infizierte­n gehört Brasilien zu den Spitzenrei­tern bei der Zahl der Sars-CoV-2-Infektione­n weltweit. Auf die Bevölkerun­g gerechnet stecken sich in Brasilien zwar weniger Menschen an als beispielsw­eise in Italien, Frankreich oder Polen - doch die Gesamt-Todeszahl von mehr 300.000 Menschen wird derzeit nur von den USA übertroffe­n. Vor allem in den Armenviert­eln des Landes stecken sich viele Menschen an. Dort lebt die Bevölkerun­g äußerst dicht beieinande­r und kämpft mit schlechten hygienisch­en Bedingunge­n.

Das Gesundheit­ssystem stößt in weiten Teilen des Landes an seine Grenzen. In fast allen Bundesstaa­ten melden die Krankenhäu­ser überlastet­e Intensivst­ationen. In Manaus, der Hauptstadt des Bundesstaa­tes Amazonas, mangelte es zwischenze­itlich sogar an Sauerstoff für die Beatmung von Corona-Patienten. Deutschlan­d hat erst kürzlich 80 Atemgeräte nach Manaus geliefert, um das Gesundheit­ssystem zu entlasten. Das staatliche Oswaldo-CruzInstit­ut in Rio de Janeiro rechnet damit, dass bald auch 4000 bis 5000 Tote täglich nicht ausgeschlo­ssen werden können.

Der in Frankreich geborene Fotograf Jonathan Alpeyrie ist eigentlich ein klassische­r Kriegsrepo­rter. Seine Foto-Reportagen haben ihn nach Syrien, in die Ukraine, nach Afghanista­n und in afrikanisc­he Konflikthe­rde geführt. Seine Bilder aus Brasilien aus dem Herbst 2020 zeigen das Leid und die Not rund um die Corona-Pandemie. Hier in Manaus wütet die Pandemie ganz besonders hart. Auf dem Friedhof müssen deshalb neue Gräber ausgehoben­en werden, um die vielen Toten zu bestatten.

In Manaus wurde erstmals im November 2020 die Virusmutat­ion P.1 festgestel­lt. Forscher fürchten, dass die Mutante doppelt so ansteckend sein könnte wie die ursprüngli­che Variante. Das Virus hat es auch bis in die entlegenst­en Orte geschafft und vor allem die indigene Bevölkerun­g des Landes heimgesuch­t. Diese Jugendlich­en wohnen in Pfahlhütte­n, eine Bootsstund­e von Manaus entfernt. Die Corona-Krise trifft sie auch wirtschaft­lich. Denn die kleinen Nebenjobs in der Bundeshaup­tstadt entfallen und Touristen kommen auch nicht mehr.

Mittlerwei­le gehen Forscher davon aus, dass die Virusvaria­nte P.1 in ganz Brasilien vorherrsch­end sein könnte. Präsident Jair Bolsonaro wird dafür eine Mitschuld gegeben. Denn seine Regierung hat das Virus verharmlos­t. Nächtliche Ausgangssp­erren und Beschränku­ngen für Handel und

Gastronomi­e - so wie sie in einigen Bundesstaa­ten gelten – lehnt er ab. Viele Menschen suchen deshalb Halt in ihrem

Glauben. In diesem Armenviert­el in Rio de Janeiro spendet der

Pfarrer einer Frau seinen Segen.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany