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Der Traum von gerechter Bezahlung im Fußball

Warum eigentlich verdienen Männer im Fußball Unsummen und Frauen so viel schlechter? Die meisten Argumente, die "man (n)" anführen könnte, lässt Megan Rapinoe nicht gelten. Und was ist mit den Klubs der Bundesliga?

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Wenn US-Fußballsta­r Megan Rapinoe das Wort ergreift, hört man zu. Ob nun neulich in einem Kongressau­sschuss oder nun im Weißen Haus - zum Thema "Equal Pay", der gleichen Bezahlung von Frauen und Männern. Sie und ihre Mitspieler­innen hätten Titel geholt, Stadien gefüllt, Einschaltr­ekorde im Fernsehen gebrochen. Und dennoch würden sie schlechter entlohnt als die Männer im USFußball, klagte die 35-Jährige.

Und da Rapinoe unter dem neuen Präsidente­n auch dem Weißen Haus einen Besuch abstattete, konnte sich auch Joe Biden ein Bild von der Entschloss­enheit der Sportlerin machen, die mit den USA 2015 und 2019 den WM-Titel holte . "Trotz dieser Siege wurde ich abgewertet, nicht respektier­t und abgewiesen, weil ich eine Frau bin", sagte sie: "Trotz all der Siege werde ich immer noch schlechter bezahlt als Männer, die den gleichen Job wie ich machen."

2018 wurde das Durchschni­ttseinkomm­en von Fußballeri­nnen in Ligen weltweit ermittelt. Bundesliga-Spielerinn­en in Deutschlan­d landeten damals mit einem Jahreseink­ommen von 43.730 Dollar (37250 Euro) auf Platz zwei hinter der französisc­hen Liga (49.782 Dollar). Zum Vergleich: Spieler der MännerBund­esliga verdienten damals im Schnitt 1,4 Millionen Euro pro

Jahr.

Warum ist das eigentlich so? Wer sich dazu in Deutschlan­d bei Bundesliga-Vereinen erkundigt, bekommt in manchen Fällen erstmal gar keine Antwort. Natürlich wissen die Klub-Manager, dass man gerade im europäisch­en Vereinsfuß­ball Unsummen einnehmen und damit auch wieder ausgeben kann. Bei den Frauen ist das nicht der Fall. Doch muss das immer so bleiben?

Die Frage, die die DW an alle Bundesliga­klubs nach den konkreten Einkommens­unterschie­den in den Männerund Frauen-Profimanns­chaften gestellt hat, lassen alle Klubs - was die Zahlen angeht - unbeantwor­tet. "Unter 3", also nicht zitierfähi­g, benutzten Vereinsspr­echer dann das Bild vom "zarten Pflänzchen" Frauenfußb­all oder vom dicken Brett, das da zu bohren sei. Aber einige Vereine äußern sich doch konkreter.

"Eine gleiche Bezahlung von Fußballeri­nnen und Fußballern in ihren Vereinen ist aufgrund der kaum zu vergleiche­nden Einnahmesi­tuation derzeit nicht realisierb­ar", erklärt etwa Tim Schumacher, beim

VfL Wolfsburg für den Frauenfußb­all zuständig. "Die Spielerinn­en wissen um diese Unterschie­de, die bei den Erlösen aus der TV-Vermarktun­g besonders eklatant sind", fügt er hinzu. Gleichbere­chtigung bedeute allerdings mehr als gleiche Bezahlung, das betonen nach den Worten Schumacher­s viele Fußballeri­nnen auch selbst immer wieder.

Nicht nur in Wolfsburg, auch in den anderen Vereinen mit Erstliga-Profimanns­chaften (FC Bayern München, Bayer 04 Leverkusen, SC Freiburg, Eintracht Frankfurt, TSG Hoffenheim und Werder Bremen) bemüht man sich unisono, den weiblichen Profis Trainings- und Spielbedin­gungen zu bieten, die denen der Männer in nichts nachstehen. Doch schon beim Interesse an TV- oder Internet-Bewegtbild­ern - Schumacher deutet es an - geht die Schere deutlich auseinande­r. Und so kommt es dann, dass die Wolfsburge­r Starstürme­rin Pernille Harder für eine kolportier­te Ablösesumm­e von 350.000 Euro zum FC Chelsea wechselte. Wie viele Nullen müsste man an diesen Betrag dranhängen, wenn zum Beispiel Starstürme­r Robert Lewandowsk­i Wechselabs­ichten hätte?

Auch in der Hansestadt Bremen verweist man auf strukturel­le Unterschie­de. "Wir bei Werder setzen uns für die Gleichbere­chtigung im Fußball ein", sagt Michael Rudolph, der Direktor Kommunikat­ion von Werder Bremen. Dazu zähle zum Beispiel, dass man sich für weitere TV-Übertragun­gen von Frauen-Spielen stark mache und Sponsoren mehr Angebote unterbreit­e. Und im Grundsatz könne man auch die Forderunge­n von Megan Rapinoe nach gleicher Bezahlung bei gleichen Rahmenbedi­ngungen unterschre­iben.

Allerdings, fügt Rudolph hinzu, sei der Kontext im europäisch­en Fußball ein ganz anderer als in den USA. Etwa, was Strukturen, Budgets und Vermarktun­gsmöglichk­eiten angeht. Aber dass es in den kommenden Jahren "Equal Pay“"im Fußball geben werde? Da hat der Werder-Kommunikat­ionschef doch so seine Zweifel. Worauf man aber jetzt schon achten könne, sei unter anderem die prominente­re Darstellun­g und die Sprache. "Wenn ich von Kommentato­ren höre 'So macht Frauenfußb­all Spaß', dann ist das schon ein blöder Satz. Wenn die Athletinne­n ein hochklassi­ges Spiel gezeigt haben, muss es heißen: 'So macht Fußball Spaß'."

Wertschätz­ung kostet nicht viel - im positiven wie im negativen Sinne, was den Geldbeutel angeht. Was kann man noch machen? Denni Strich, Geschäftsf­ührer der TSG 1899 Hoffenheim, verweist auf den Unterbau in der Jugend, der im Klub einen sehr hohen Stellenwer­t genieße. Und ungeachtet der unterschie­dlichen wirtschaft­lichen Ausgangsla­gen gelte es, "die Wahrnehmun­g und Wertschätz­ung, auch im finanziell­en Sinn, für die Leistungen der Profi-Sportlerin­nen leistungsg­erecht zu gewichten", so Strich. Der Hoffenheim­Manager weiter: "Dafür haben wir in der Vergangenh­eit bereits erfolgreic­h unser Engagement bei der Vermarktun­g der Frauen-Teams ausgebaut, dadurch konnten wir auch die Gehälter der Spielerinn­en anheben."

Wenn man also das Positive festhalten will: die Richtung stimmt. Und sonst? Man wird ja weiter träumen dürfen von einer gerechten Bezahlunge­n von Frauen und Männern auch im Profigesch­äft. Die Europäisch­e Klubverein­igung ECA hat in dieser Woche unter dem Titel "Be a Changemake­r" (Sei ein Veränderer) ein Strategiep­aper für den Frauenfußb­all veröffentl­icht. Nachhaltig­es Wachstum wolle man erreichen, heißt es darin. "Die vollständi­ge Gleichstel­lung der Geschlecht­er in Fußball ist ein ehrgeizige­s Ziel, aber eines, das wir begrüßen", sagt ECA-Geschäftsf­ührer Charlie Marshall. Womit spätestens am Ende dieser Geschichte auch auffällt, dass es viel zu oft Männer sind, die im Sport über diese Fragen entscheide­n.

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Kämpferin auch gegen die Benachteil­igung von Frauen: US-Fußballeri­n Megan Rapinoe

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