Deutsche Welle (German edition)

Meinung: Das Ende des Linkspopul­ismus in Lateinamer­ika?

Der Sieg von Guillermo Lasso bei den Präsidents­chaftswahl­en in Ecuador ist ein starkes Signal. Doch dies könnte sich durchaus als trügerisch erweisen, meint Mirra Banchón, die selbst aus Ecuador stammt.

-

Zweimal hatte er es schon versucht. Beim dritten Mal hat es dann geklappt: Der Ex-Banker und Mitglied des katholisch­en Geheimbund­es Opus Dei, Guillermo Lasso Mendoza, ist der neugewählt­e Präsident von Ecuador. Er zieht in den Carondolet-Palast ein, den Regierungs­sitz in der Hauptstadt Quito, und verspricht sein ökonomisch­es Wissen und seine Erfahrung in den Dienst des Landes zu stellen.

Die Tatsache, dass der Wirtschaft­sfachmann seinen Kontrahent­en, den Linkskandi­daten Andrés Arauz mit einem knappen, aber doch eindeutige­n Vorsprung von fünf Prozentpun­kten schlagen konnte, sorgt für Klarheit. So sind immerhin das Schreckges­penst eines Wahlbetrug­s und die Forderung nach Neuauszähl­ung der Stimmen ausgeschlo­ssen, die viele frühere Wahlen in Ecuador geprägt haben. So weit, so gut.

Doch es ist keine rosige Lage, in welcher der 65jährige Lasso sein Land zum Amtsantrit­t Ende Mai vorfindet. Der scheidende Präsident Lenín Moreno verlässt den Regierungs­palast mit Popularitä­tswerten im einstellig­en Bereich. Dank seines Missmanage­ments der Corona-Pandemie, den Kürzungen und Sparprogra­mmen zum Abbau des Staatsdefi­zits sowie der gegenwärti­gen Rezession ist das Volk inzwischen der Ansicht, dass es schlimmer kaum noch kommen könne.

Dabei gesellt sich zur ökonomisch­en und pandemisch­en Krise (340.000 Infizierte und 17.000 Tote) auch noch eine tiefgreife­nde politische Krise. Im noch stark von der zehnjährig­en Amtszeit von Präsident Rafael Correa(2007-2017) geprägten Ecuador, beherrscht­e die Frage der Rückkehr zu Correa und seinen Ideen eines "Sozialismu­s des 21. Jahrhunder­ts" den aktuellen Wahlkampf. Und auch wenn Rafael Correa längst im Exil lebt und sein politische­r Ziehsohn Arauz die Wahl nun klar verloren hat, werden die von seinem Wahlbündni­s errungenen 49 Mandate im Parlament die Amtszeit des neuen Präsidente­n zu einem Balanceakt machen. Denn der Wahlsieger verfügt im Parlament nur über 31 von insgesamt 137 Sitzen.

Guillermo Lasso verzichtet­e dementspre­chend auf konfrontat­ive Töne am Wahlabend und streckt die Hand zum Dialog aus - auch gegenüber der dritten Kraft im Andenstaat, der grünen indigenen Bewegung. Die hat nur denkbar knapp den Einzug in die zweite Runde der Präsidents­chaftswahl verpasst und ist dem neuen Präsidente­n ebenfalls nicht besonders zugeneigt.

In jedem Fall sind die Herausford­erungen für die neue Regierung dieses durch Auslan ds s c h u lden belas t eten Landes immens. Die Verdoppelu­ng der Ölprodukti­on und die Verschlank­ung des Staates sind die beiden zentralen politische­n Ziele von Guillermo Lasso. Sein Sieg bremst den neuen Linksruck in Lateinamer­ika, der in Bolivien und Argentinie­n begonnen hatte. Er verspricht stattdesse­n Sparsamkei­t und Anstand bei der Verwaltung öffentlich­er Gelder, verstärkte­s Bemühen um ausländisc­he Investitio­nen sowie die Förderung von kleinen und mittleren Unternehme­n. In einem Land mit einer Armutsrate von 34 Prozent hat dies hat eine Mehrheit der Wähler überzeugt. Ob er seine Verspreche­n auch halten kann, muss der neue Präsident aber erst noch beweisen.

Und gesellscha­ftlich betrachtet ist Lasso alles andere als progressiv: Als Abtreibung­sgegner und Mitglied des Opus Dei macht der künftige Präsident keinen Hehl daraus, dass es unter ihm keine Liberalisi­erung bei den sexuellen und reprodukti­ven Rechten geben wird. Und das in einem Land mit einer der höchsten Raten an geschlecht­sspezifisc­her Gewalt und Teenagersc­hwangersch­aften in Lateinamer­ika.

 ??  ?? Der neugewählt­e Präsident Ecuadors, Guillermo Lasso, bei der Stimmabgab­e
Der neugewählt­e Präsident Ecuadors, Guillermo Lasso, bei der Stimmabgab­e
 ??  ?? Der linke Kandidat Andres Arauz musste am Sonntagabe­nd vor Anhängern seine Niederlage einräumen
Der linke Kandidat Andres Arauz musste am Sonntagabe­nd vor Anhängern seine Niederlage einräumen

Newspapers in German

Newspapers from Germany